Mercedes-Benz Netzentwicklung: Im Umbruch

In den nächsten drei Jahren sollen rund 1.120 Mercedes-Benz Verkaufs- und Servicestandorte auf die neue schwarze CI umgestellt werden. Der Rollout wird zum 1. Januar 2015 beginnen und soll bis Jahresende 2017 abgeschlossen sein. Kein Problem, meinen viele, denn schließlich stammt die aktuelle CI aus den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Wie bei allen Marken gibt es aber auch "beim Daimler" nicht nur Häuser, die durchaus ein Facelift vertragen können. Für andere Betriebe mit jüngerem Baujahr kommt die Änderung zu früh. Entscheidend ist aber, dass es im Mercedes-Benz Händler- und -Servicenetz derzeit viele Unwägbarkeiten gibt. Viele Partner der Marke fragen sich, ob die Trennung nach Pkw und Lkw, die Daimler in der eigenen Organisation begonnen hat und nun bei den Niederlassungen durchziehen will, bald auch für das Vertriebsund Servicenetz in Unternehmerhand gilt. Ein klares Dementi gibt es dazu aus der Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland (MBVD)-Zentrale in Berlin nicht: "Unsere Vertreter und Werkstätten sind rechtlich eigenständige Unternehmen und treffen organisatorische Entscheidungen insbesondere auf Basis von Kundenbedürfnissen. Bereits seit vielen Jahren ist unser Netz in vielen Bereichen spartenspezifisch aufgestellt", heißt es. Gemischte Gefühle bei den Partnern Die Trennung nach Pkw und Lkw bei den Ansprechpartnern sehen viele Partner mit gemischten Gefühlen. Ob sich das positiv oder negativ auswirke, hänge überwiegend von den handelnden Personen ab. Zwar habe man mit mehr verschiedenen Ansprechpartnern zu tun. Weil diese aber mehr Kompetenz in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich hätten, sei mehr Effizienz möglich. Die Trennung auch im Vertreternetz durchzuziehen, könnte aber durchaus problematisch werden. Gerade kleine und mittlere Betriebe brauchen beide Säulen. Ein gutes Beispiel sind die Autohäuser von Hans Medele. Der Weilheimer Unternehmer und ZDK-Vorstandsmitglied beschäftigt in seinen drei Betrieben 130 Mitarbeiter. Im Schnitt verkaufen seine Standorte 800 neue Pkw, 40 Lkw und 180 Transporter. Der Lkw- und Transporterabsatz ist zu niedrig, um als getrennte Einheit existieren zu können, sagt er. Dabei liegt es keineswegs am Engagement: Der Gesamtmarkt für Lkws in dem Gebiet, das Medeles Häuser betreuen, liegt bei nur 120 Lkws. Größere Stückzahlen sind also kaum erreichbar. Für Medele ist es deshalb notwendig, weiterhin beide Bereiche abzudecken: "Meine Betriebe sind so ausgerichtet, dass sie nur mit Pkw und Lkw zusammen eine vernünftige Rendite erwirtschaften können." Stückzahlen und Standards Schon jetzt aber findet die Größenselektion bei den Daimler-Partnern über die Hintertür statt. Egal ob "Van Pro", "junge Sterne", "Truck Works" oder "Truck Store" - für alle diese Programme gelten bestimmte Eingangsbedingungen, die kleineren Partnern den Zugang verwehren, sei es, weil sie die Stückzahlen nicht erreichen oder die Standards nicht erfüllen können. "Damit wird Volumen aus dem Kerngeschäft herausgeschnitten, das uns fehlt", sagt ein Partner, der nicht namentlich genannt werden möchte. Andere sehen das eher gelassen, die hohen Standards machten manche dieser Programme so unattraktiv, dass man nicht daran teilnehmen müsse. Ohnehin müsse man sich fragen, ob die großen Anforderungen eines Markenvertrages angesichts von freien Zukaufsmöglichkeiten in anderen EU-Ländern oder über Autovermietungen vertretbar seien. Eine andere Baustelle: Den Vertragswerkstätten wurden im April 2014 die Vermittlungsverträge für Transporter und Lkw gekündigt. Der derzeitige Vertrag läuft im April 2015 aus. Der Sprecher des Verbandes der Vermittler und Servicepartner für Mercedes-Benz e.V. (VVMB) Thomas Leseberg rechnet zwar mittlerweile mit einem neuen Vermittlerabkommen. Zu welchen Bedingungen wird aber noch verhandelt. "Ich gehe davon aus, dass wir eine vernünftige Lösung hinbekommen", gibt sich Leseberg optimistisch. Auch von MBVD in Berlin heißt es, dass man auch zukünftig eine "erfolgreiche und loyale Partnerschaft mit den Servicepartnern leben wolle." Für Einzelheiten sei es noch zu früh. Sicherheit klingt anders. Wer kann, schafft sich deswegen ein weiteres Standbein. Anpassungsbedarfe diskutiert Auch bei der Vermittlung von Pkw ist derzeit einiges im Fluss. Das Marktumfeld hat sich in den letzten Jahren in Deutschland stark verändert. "Wir diskutieren aktuell mit den Verbänden auch die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf unser Geschäft und analysieren gemeinsam Anpassungsbedarfe", sagt MBVD-Sprecherin Konstanze Fiola. Tendenziell gehe auch MBVD von einem zukünftig geringeren Bedarf an Vertriebsstandorten aus. Kein Wunder, dass sich einige Partner Sorgen machen, ob sie künftig noch dabei sein werden. Auch im Service würden derzeit "Verbesserungsoptionen zur Netzdichte" im Service gemeinsam mit den betroffenen Betrieben diskutiert, vereinbart und deren Umsetzung begleitet, heißt es. "Wir beobachten permanent die Entwicklung des Marktes und überprüfen entsprechend auch kontinuierlich unser Vertriebs- und Servicenetz", so Fiola. Und es gibt noch mindestens einen weiteren Unsicherheitsfaktor: Im Dezember 2013 startete Mercedes-Benz einen Online-Vertrieb. Über die Niederlassung Hamburg werden derzeit 33 vorkonfigurierte Modelle der A-, B- und C-Klasse sowie vom CLA und GLA angeboten. MBVD bezeichnet das Internetangebot lediglich als "Ergänzung" zum bestehenden Retail. Es seien bereits "erste Absätze" erzielt worden. Erfolgsmeldungen klingen anders. Aber: Der Anteil an Mercedes-Benz Neukunden sei ebenso groß wie bei der innerstädtischen Plattform Mercedes-Me. Kurzfassung Neue Vermittlerverträge, Netzanpassung, Trennung von Pkw und Lkw, Online-Vertrieb - bei Mercedes-Benz gibt es derzeit viele Änderungen.

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