Ausgabe 10/2014: Kreative Individualität

Wer sich in der Bundeszentrale der KÜS in Losheim umsieht, staunt, welche Komplexität dort die Kfz-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger hochprofessionell managt. Ein Interview mit KÜS-Geschäftsführer Peter Schuler. AH: Herr Schuler, wenn Sie das Jahr 2013 für KÜS resümieren, wie stellt sich das für die verschiedenen Leistungsbereiche dar? P. Schuler: Wir hatten 2013 das 22. Geschäftsjahr in Folge mit einer erfreulichen Wachstumsrate. Wir haben 2,69 Mio. Hauptuntersuchen durchgeführt. Das entspricht einem HU-Marktanteil von 10 %. Das ist die Leistung unserer 1.200 Prüfingenieure. Zur HU kommen andere Prüfungsarten hinzu: Abgas, Änderungsabnahmen, Sicherheitsprüfungen, Gasprüfungen, Unfallverhütungsvorschriften, UVV-Prüfungen, dann Schaden- und Wertgutachten über die KÜS Automotive GmbH. Unsere Aufgabe hier in der Bundesgeschäftsstelle ist die wirkungsvolle Unterstützung unserer Partner. Das gestalten wir mit 130 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Das beginnt beim Telefon, der kompletten IT, die wir selbst entwickeln, Optimierung und Aktualisierung der Prüfabläufe, Presse und PR, CI und Marketing, Qualitätssicherung bis hin zur Ausund Weiterbildung. Bei letzterer sind 6.000 Manntage bundesweit zu organisieren und durchzuführen bis hin zur Nachwuchsausbildung mit Abschluss. Mehr Prüfer sorgen auf Dauer für ein größeres Geschäft. AH: Mit wie vielen Prüfstellen agiert KÜS am deutschen Markt? P. Schuler: Wir betreuen rund 10.000 Kfz-Betriebe. Damit sind wir im Werkstättenbereich überproportional stark vertreten. Wir müssen zwischen Prüfstützpunkten und Prüfstellen unterscheiden. Prüfstellen haben wir aktuell 331. Die Prüfstellen werden von unseren Partnern als eigenständige Risikoträger nach eigener unternehmerischer Vorstellung betrieben. Klar, die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind dabei einzuhalten und durch die KÜS zu überwachen. Perspektiven 2014 AH: Wie sehen die Zielvorgaben und Perspektiven des Geschäftsführers für 2014 aus? P. Schuler: Die eigentlichen Zielvorgaben liegen im Erhalt und Ausbau der Prüfqualität. Dahinter stehen jeweils die gesetzlichen Vorgaben und die Anforderungen der Akkreditierung durch die DAkkS. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Weiterbildungsofferte. Oder denken Sie an den künftigen Einsatz des HU-Adapters. Dann gilt es, sich auf einige neue gesetzliche Rahmenbedingungen einzustellen. Direkte geschäftliche Vorgaben an unsere Prüfingenieure gibt es ja nicht. Die Freiberuflichkeit, das selbständige unternehmerische Wirken vor Ort stehen im Vordergrund. Und da ist es Sache von jedem KÜS-Partner selbst, wie er sich in seinem regionalen Markt bewegt. Nachdem die ersten vier Monate im Jahr gestaltet sind, können wir für 2014 von einer bislang guten Geschäftsentwicklung berichten. EU-HU-Neuordnung 2015 AH: 2015 sollte die EU-Neuordnung zur HU kommen? P. Schuler: Die EU-Verordnung, die ja die unsägliche Diskussion um die Werkstatt-HU ausgelöst hat, kommt nicht. Es wird eine EU-Richtlinie ohne Verordnungscharakter geben. Sie hat inzwischen das EU-Parlament durchlaufen. Was das Thema Prüfingenieure, Laufzeit u. a. betrifft, wird sich in Deutschland in den nächsten Jahren nichts Grundsätzliches ändern. HU-Mängelstatstik AH: Zur HU selber. Welche erheblichen Mängel stellen Sie fest? Wie haben sie sich in den letzten Jahren verändert? P. Schuler: Pauschal stellen wir im Rahmen der HU bei 23 Prozent der Fahrzeuge "erhebliche Mängel" fest. Diese Fahrzeuge erhalten keine Prüfplakette. Hinzu kommen die "geringen Mängel". Nochmals pauschal formuliert, rund 50 Prozent der vorgeführten HU-Fahrzeuge sind mängelbehaftet. Die Lokalisierung der Mängel geschieht nach Gruppen (vgl. Tabelle oben KÜS-Statistik Mängel bei Pkw 2013). AH: Worauf sind 23 Prozent an "erheblichen Mängeln" zurückzuführen? P. Schuler: Ältere Fahrzeuge werden oftmals im Service vernachlässigt. Einige Fahrzeughalter zeigen restriktives Verhalten für Inspektionen, andere scheuen den finanziellen Aufwand. Motorrad und Wohnwagen AH: Wie sieht die HU im Motorradbereich und im Wohnwagenbereich aus? P. Schuler: Auch wenn das Motorrad heute eine andere Funktion als früher hat und vielfach ein Hobbygerät in saisonalem Einsatz geworden ist, gibt es hier die klassischen Mängel, von den Bremsanlagen bis zur Lichttechnik. Das Motorrad bedarf also nach wie vor einer strengen Begutachtung. Beim Wohnwagen bzw. Wohnmobil verhält es sich ähnlich. Wir haben 1 Million zugelassener Caravans bzw. Wohnmobile, vorwiegend saisonal genutzt. Zwei Drittel sind Caravans. Auch in der Klassifizierung sind sie dem Pkw vergleichbar. Sorgenkinder sind die Beleuchtung und die Bremsen. Bei den Wohnwagen Deichsel, Stützrad, Auflaufbremse, poröse, versprödete Reifen. Reifenmängel AH: Und wie sieht es mit den Reifen aus? P. Schuler: Bei der Mängelgruppe Achsen, Räder, Reifen steht das Thema Reifen auf Platz 3. Mangelhafter Reifenzustand ist oft der Verursacher von Unfällen. Wir treten z. B. auch beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat bei Sommerreifen für 3 mm Profiltiefe ein, beim Winterreifen für 4 mm. Old- und Youngtimer AH: Gibt es HU-Unterschiede für Old- und Youngtimer? P. Schuler: Youngtimer werden zunehmend besser, weisen also immer weniger Mängel auf. Die versicherungstechnische Einstufung von Old- und Youngtimer sei hier nur als Thema angesprochen. Bei manchen Fahrzeugen fragt man sich, woher diese eigentlich die Zulassung haben? Das ist aber nicht die Regel. Die meisten sehen ihren Old- oder Youngtimer als Kulturgut an. Die Restaurierung erfolgt oft in mehreren Schritten. Da steckt viel Detailarbeit dahinter. Auch hier können wir sagen, dass die Oldtimer in Sachen HU schon auf einem hohen Niveau angekommen sind. 53 Prozent sind ohne Mängel. Im Klartext, es gibt für diese Fahrzeuge keine HU "light", die müssen voll den Vorgaben der StVZO entsprechen. Alternative Antriebe AH: Wie bereitet sich die KÜS auf die Zukunft der alternativen Antriebe vor? P. Schuler: Das ist für uns schon seit vielen Jahren ein Thema. Denken Sie an Flüssiggas oder Autogas. Wir haben zahlreiche Querverbindungen zur Automobilindustrie oder auch zu Zulieferern, die uns im Know-how für die Schulung unterstützen. Wir decken da Theorie und Praxis ab. Ferner sind wir Gesellschafter bei der FSD (Fahrzeug-System-Datengesellschaft) und arbeiten auch dort bis zum HU-Adapter mit, um Hybrid- oder reine Elektrofahrzeuge prüfen zu können. Tachomanipulation AH: Tachomanipulationen und HU. Wie geht man mit diesem Thema um? P. Schuler: Da können wir so gut wie nichts machen. Wir notieren den km-Stand bei der HU. Wir können allenfalls etwas tun, wenn das Fahrzeug bei der KÜS wiederholt vorgeführt wurde, uns also Vergleichszeiträume vorliegen. Bei den heutigen elektronischen Tachometern kann man eine Manipulation nicht feststellen. Sie ist ein Straftatbestand. Über Tachomanipulationen werden beispielsweise gezielt Gebrauchtwagenwerte frisiert. Das ist Betrug. AH: Herr Schuler, danke für das Gespräch! Kurzfassung Die 1.200 Prüfingenieure der KÜS haben im vergangenen Jahr 2,69 Mio. Hauptuntersuchungen durchgeführt (Marktanteil 10 %). Derzeit gibt es 331 Prüfstellen, die von den KÜS-Partnern als eigenständige Unternehmer betrieben werden.In der Bundesgeschäftsstelle in Losheim arbeiten 130 Mitarbeiter. Sie kümmern sich um Telefon-Support im Zweischichtbetrieb, die IT, Optimierung und Aktualisierung der Prüfabläufe, Presse- und PR-Auftritt, CI- und Marketinggestaltung, Qualitätssicherung sowie Aus- und Weiterbildung.Mehr Info: www.kues.de Mängel bei Pkw (2013); 1.965.711 Pkw - 2.512.019 Mängel - Lichttechnik 584.193- Bremsanlage 526.565- Umweltbelastung 502.416- Achsen, Räder, reine Aufhängungen 377.456- Fahrgestell/Rahmen 231.200- Sichtverhältnisse 124.765- Lenkanlage 82.697- Sonstige Ausstattungen 71.244- Identifizierung des Fahrzeugs 10.699- Personenbeförderung 814

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