Räder- und Reifengeschäft: Luft nach oben!

Wie tickt der Reifenkunde?" war die zentrale Frage der Reifenstudie 2015/16, die das Marktforschungsunternehmen puls im Auftrag von AUTOHAUS und in Zusammenarbeit mit dem Reifenhersteller Pirelli, dem RR-Team und Tyre & Wheel Systems im Herbst 2015 erstellte. Dazu wurden in Online- Interviews 711 Privatpersonen befragt, die über die Wahl der Werkstatt entscheiden, wenn es um Reparatur und Wartung am eigenen Fahrzeug geht. 611 Fahrzeugbesitzer gaben an, dabei die Vertragswerkstatt zu bevorzugen, 100 Personen suchen dazu die freie Werkstatt auf. Untersucht wurden die Gründe, die aus Verbrauchersicht für oder gegen die Vertragswerkstatt als Reifenpartner sprechen, wo und wie sich Kunden vor dem Kauf informieren, was den Ausschlag für oder gegen eine Kaufentscheidung gibt und welche Erfahrungen man beim Werkstattbesuch machte. Die Erkenntnisse der Studie zeigten schließlich die Potentiale auf, die für die Vertragswerkstatt noch im Reifengeschäft stecken. Laut Distributionsanalyse des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) lag der Anteil der markengebundenen Kfz-Betriebe am Reifenersatzgeschäft 2014 mit 22,2 % etwa auf dem Niveau der vergangenen Jahre, während die freien Werkstätten ihren Anteil leicht auf rund 15 % ausbauen konnten. Leicht rückläufig ist seit Jahren der Anteil des Reifenfachhandels (ca. 43 %), deutlich schwächer wurden Fachmärkte und Fast Fitter. Dafür konnte der Online-Vertrieb seinen Anteil seit 2008 mehr als verdoppeln und erreichte 2014 knapp 11 %. Wie die Studie zeigt, ergibt sich unter den befragten Endkunden ein anderes Bild: 84 % nannten eine Vertragswerkstatt als ihre Stammwerkstatt, mehr als die Hälfte von ihnen deckt dort auch ihren Reifenbedarf. Den Reifenfachhandel nutzen 22 %, der Anteil des Internet-Handels erreicht schon 16 %. Vor allem jüngere Kunden bis 30 Jahre bevorzugen den freien Werkstattmarkt und das Internet als Einkaufsquelle. Bezieht man den Preis als häufigstes Gegenargument für den Reifenkauf in der Vertragswerkstatt in die Betrachtung mit ein, zeigt dies, dass junge Kunden (Berufseinsteiger, junge Familien) beim Reifenkauf auf jeden Cent achten und flexibler bei der Wahl der Einkaufsquelle sind. Die Vertragswerkstätten punkten hingegen bei den Faktoren Vertrauen und Service sowie bei praktischen Gründen wie Bequemlichkeit beim Einkauf und Serviceangeboten wie Einlagerung und Reifenwechsel (Abb. 3). Und immerhin lässt jeder Dritte, der seine Reifen online kauft, diese in seiner Vertragswerkstatt montieren. Kaufimpulsgeber Serviceberater Neben abgefahrenen oder beschädigten Reifen gibt eine aktive Ansprache durch den Serviceberater den häufigsten Impuls für einen Reifenkauf in der Vertragswerkstatt. Allerdings lassen Markenbetriebe hier oft die letzte Konsequenz vermissen. Nur jeder fünfte Kunde wird auf das Thema Reifen aktiv angesprochen, kauft dann aber deutlich häufiger seine Reifen in der Vertragswerkstatt. Hier wird Potential verschenkt, denn informiert sich ein Kunde außerhalb der Vertragswerkstatt, wie es beispielsweise 60 % der Befragten in Onlinequellen tun, kauft er auch seine Reifen häufig von anderen Anbietern. Das wichtigste Kaufkriterium unter allen Befragten ist und bleibt der Preis, v. a. für die Gruppe, die ihre Reifen nicht in der Vertragswerkstatt kauft. Deren Reifenkunden legen dagegen deutlich mehr Wert auf einen Reifenservice aus einer Hand, kompetente Beratung, bequeme Bestellmöglichkeit und zeigen sich dafür wesentlich loyaler. Wie aus der Studie hervorgeht, fühlen sich die Reifenkunden der Vertragswerkstatt besser beraten hinsichtlich ihrer individuellen Bedürfnisse und der Kompetenz des Mitarbeiters. Wie Abb. 2 zeigt, erfüllt ein gutes Beratungsgespräch exakt die Anforderungen an ein erfolgreiches Reifengeschäft - es bringt spürbaren Mehrwert. Einlagerungsservice, Reifenkauf sogar höherwertiger Reifen, zusätzlicher Kauf von Felgen oder Kompletträdern und weitere Zusatzleistungen werden bei guter Beratung häufiger wahrgenommen. Zusatzleistungen gefragt Nur 8 % der Kunden, die in ihrem Markenbetrieb gekauft haben, nehmen keine weiteren Leistungen in Anspruch. Erfreulich für die Vertragsbetriebe: Auch bei Kunden, die ihre Reifen andernorts kauften, besteht hohes Potential für Serviceleistungen - Reifenmontage auf Felgen, Räderwechsel und Einlagerung, Felgenkauf etc. könnten sich "Fremdkäufer" künftig in ihrer Vertragswerkstatt vorstellen. Die Studie zeigt auch, dass Vertragswerkstattkunden, die ihre Reifen in ihrem Stammbetrieb gekauft haben, viel zufriedener sind (52 % waren "sehr zufrieden"). Bei den Reifenkunden, die sich in anderen Quellen bedient haben, waren es nur 32 %. Gleiches Bild bei den Serviceleistungen: hier sind 80 % der Reifenkunden einer Vertragswerkstatt zufrieden oder sehr zufrieden, bei den Fremdkäufern sind es nur 37 %. Wie die Studie abschließend zeigt, erfüllt das Räder- und Reifengeschäft in der Vertragswerkstatt exakt den Wunsch nach mehr Kundenbindung. Drei Viertel der Befragten würden aufgrund einer guten Betreuung im Räderund Reifenservice auch bei Service-, Reparatur- und Wartungsarbeiten ihrer Markenwerkstatt treu bleiben. Kurzfassung Das Reifengeschäft bietet Vertragswerkstätten zusätzlich zum reinen Verkauf ein hohes Potential, um weitere Serviceleistungen zu verkaufen, selbst an Kunden, die ihre Reifen außerhalb ihrer Stammwerkstatt gekauft haben. Während der Reifenpreis für die Kunden vordergründig das entscheidende Kaufkriterium ist, kann der Serviceberater mit einem kompetenten Beratungsgespräch, in dem er auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden eingeht, das Ruder oft noch herumreißen. Einmal gewonnene Reifenkunden zeichnen sich dann durch eine hohe Loyalität zu Werkstatt und Marke aus.

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