MB-Niederlassung verkauft: Zäsur in Koblenz

Mercedes-Benz hat den Verkauf von 63 Niederlassungs-Standorten abgeschlossen. Zu diesen gehörte auch der Pkw-Bereich der MB-Niederlassung Koblenz. Der Lkw-Sektor, der vom Standort her und personell vom Pkw-Bereich getrennt ist, bleibt in Herstellerhand. Koblenz ist nicht nur eine alte, sondern auch eine großdimensionierte Garnisonsstadt mit mehreren Kasernen und hochrangigen Einrichtungen der Bundeswehr. Dahinter steht spezifisches Bearbeitungsvolumen. Am 7. September 2015 fielen die Vertragswürfel für den Pkw-Bereich Koblenz. Die neuen Eigentümer: Reinhard Lyhs und sein Private-Equity-Gesellschafter Klaus Gondert. Damit erfährt die MB-Geschichte in Koblenz nach 116 Jahren eine neue Weichenstellung. Die Verkaufsstelle Koblenz wurde 1944 offiziell zur "Daimler-Benz Niederlassung Koblenz" erhoben. Jetzt geht sie in mittelständischen Status über. Reinhard Lyhs Nach 40 Jahren Daimler-Wirken ist Reinhard Lyhs (65) in der Branche kein Unbekannter. Er weiß um beide Seiten, hier der Handel, dort der Hersteller. Als Verkaufsleiter wirkte er bei Adolf Hess in Trier. Und in Trier wohnt er heute wieder. Vor den Toren von Koblenz. 13 Mal ist er bis heute mit seiner Familie umgezogen. Besondere Akzente setzte er als Niederlassungsleiter 1992 mit dem Neubau der Niederlassung in Dresden. Als CEO wirkte er in Belgien und zehn Jahre in Frankreich, bis ihm die 60er-Regelung bei Daimler als E1 den Ruhestand ermöglichte. Die Ehrenämter im Ruhestand sowie diverse Freizeitbeschäftigungen wurden ihm nicht zur Erfüllung. Der Start Seit 1. März 2015 fungiert er nun als Geschäftsführer der neugegründeten Lyhs & Gondert GmbH in seinem eigenen Unternehmen. Nach den ersten drei Monaten lautet sein Resümee: "Meine Zeit als Niederlassungsleiter, sprich im operativen Handelsmanagement, endete 1998 in der MB-Niederlassung Dresden. In diesen 18 Jahren hat sich einiges gewandelt. Internet, Smartphone, die GVO 2002 etc. Ich liebte schon immer das Detail und konnte bei all meinen Besuchen in Händlerbetrieben sehr rasch erkennen, worauf es ankommt und wer sein Autohaus im Griff hat. Die neue Herausforderung hier macht mir nicht nur Spaß, sondern große Freude." Und worin lagen die besonderen Herausforderungen? Die Herausforderungen R. Lyhs: "An erster Stelle das Thema IT. Laut Vereinbarung mit Daimler lief das normale Handels- und Servicegeschäft bis zum 29. Februar 2016 ganz normal weiter. Danach, sprich vom ersten Tag an, am 1. März 2016 waren wir in Sachen IT in allen Belangen auf uns selbst gestellt. Wir hatten uns ab Januar in separaten Räumlichkeiten der Niederlassung eingemietet und diesen Übergang vorbereitet. Es gab da in Sachen IT hunderte von Einzelthemen zu lösen. Inzwischen kommt da Land in Sicht. Wir haben uns nach Abwägen der möglichen Offerten für T-Systems entschieden, weil wir alles aus einer Hand haben wollten. Und ich kann T-Systems sowie unseren Mitarbeitern hohes Lob für die Umsetzungsphase zollen. Ich darf an dieser Stelle aber deutlich machen, dass das finanziell in mehr als respektable Dimensionen läuft. Und nach und nach kommen hier ja noch Spezialsoftwarepakete hinzu. Das kann ein Autohaus bei gegebenen Renditen schwerlich verkraften. Addieren wir noch die Aufwendungen für die neue Onlinewelt hinzu. Diese steigen ebenso an. Auch daran erkennt man schon, wie der Druck auf die Losgröße eines Autohauses wächst." Umsetzungsphase Der Asset Deal machte mit der Übernahme eine Inventur der Bestände, Forderungen, Verbindlichkeiten, Neu-, Gebrauchtwagen u. a. erforderlich. Der Kulturwandel im Eigentümerwechsel wurde bereits einvernehmlich ab September 2015 herbeigeführt. Unmittelbar nach Vertragsunterzeichnung am 7. September 2015 fand eine Mitarbeiterversammlung statt. Es folgten mehrere Gespräche mit dem Betriebsrat und der IG-Metall. Lyhs: "Wir haben einen Tarifwechsel zum Metalltarif Rhein-Hessen vorgenommen. Die Mitarbeiter haben wir übernommen. Als sie z. B. gesehen haben, dass die Verkaufsleiter und andere Führungskräfte weiterhin ihre Chefs bleiben, war das ohne Frage ein Vertrauensvorschuss. Es mag sein - siehe IT -, dass für die Niederlassungsmitarbeiter vieles zu selbstverständlich war. Es kam ja bisher immer alles Gute von oben. Ohne Frage ist nun vom Einzelnen ein breiteres Spektrum und die Übernahme von mehr Eigenverantwortung gefordert." In der neuen Formation läuft die Planung für die 130 Mitarbeiter auf jährlich 1.200 Neuwagen und 1.200 Gebrauchtwagen. Und was muss baulich neu investiert werden? R. Lyhs: "Unser Verkaufshaus ist 1992 an diesem Standort errichtet worden. Es ist ein architektonischer Blickfang an der stark befahrenen B 9. Außerdem haben unsere Kunden ganze fünf Minuten Fußweg in die Innenstadt und können so bei uns parken, den Fahrzeugservice u. a. damit verbinden. Eine ideale Kombination. Und das ist wiederum eine weitere Stärke, dass wir hier von einem einzigen Standort aus agieren können. Zurück zur investiven Betrachtung. Es wurden im Hause selbst immer wieder modernisierende Anpassungen vorgenommen. Wir haben bislang einzig den Teilevertrieb neu gestaltet. Wir sprechen so die Direktabholer, aber auch unsere externen Teilebezieher an." Kundenphilosophie Und wie wurden die Kunden in den Eigentümerwechsel eingebunden? R. Lyhs: "Wir sprechen von 30.000 Kundenadressen. Wir haben die Kunden in einem gemeinsamen Schreiben im Januar 2016 informiert. Die Botschaft war klar, die Kunden behalten ihre Ansprechpartner, denselben Standort und gleiche Leistungsqualität. Das gilt in besonderem Maße im Service. Wir haben inzwischen einen Tag der offenen Tür oder auch die Einführung der neuen E-Klasse hier gestaltet. Die Kunden- und die Fahrzeugdaten wurden uns Ende Februar 2016 von Daimler in unser neues System überspielt." Reinhard Lyhs ist mit dem bisherigen Verlauf der Übernahme zufrieden. Im Verkauf wie im Service. Beim gemeinsamen Rundgang fällt seine Präsenz auf. Er spricht jeden seiner Mitarbeiter unmittelbar an, kennt dessen Namen, erkundigt sich über den aktuellen Stand der Dinge und treibt ermutigend an. Auf Kunden im Verkaufsraum geht er aktiv zu und fungiert als Brückenbauer. Manche ehemalige Niederlassung profitierte ohne Frage von einer gewissen Großzügigkeit seitens der Berliner Zentrale. Das sieht man an den Flächenmaßen. Oder wie in Koblenz spielt sich das Alltagsgeschehen auch im Verkauf über mehrere Etagen ab. Da gibt es dann für den Autotransport nicht nur einen, sondern zwei Aufzüge. Da lässt sich ohne Frage am Fuße der Festung Ehrenbreitstein zu Koblenz auch weiterhin Zukunft machen! Kurzfassung Reinhard Lyhs kennt als ehemaliger Niederlassungsleiter und Daimler-CEO in Belgien und Frankreich die Sichtweisen von Händlern und Herstellern. Im vergangenen Herbst hat er zusammen mit Klaus Gondert die MB-Niederlassung Koblenz gekauft. Das Vertrauen von Kunden und Mitarbeitern hat er schnell erlangt. Der größte Brocken, so Lyhs, war die neue IT-Landschaft.

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