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Abgasskandal: US-Anwälte wollen VW-Chef an den Kragen

24.02.2016 16:12 Uhr
Abgasskandal: US-Anwälte wollen VW-Chef an den Kragen
Für VW-Boss Müller wird es ungemütlich. Die Klägeranwälte in den USA wetzen schon die Messer.
© Foto: Auto-Medienportal.Net/Meiners

In der Abgasaffäre nimmt die Prozesswelle in den USA nun richtig Fahrt auf. Die Klägeranwälte wollen Konzernboss Müller persönlich haftbar machen. Auch andere Top-Manager sind in ihrem Visier.

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Neben Volkswagens Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn ist auch sein Nachfolger Matthias Müller ins Visier der US-Anwälte geraten. Der Top-Manager soll in drei Sammelklagen persönlich zur Rechenschaft gezogen werden, die am Montag beim zuständigen Bezirksgericht in San Francisco eingereicht wurden und der Deutschen Presse-Agentur dpa am Mittwoch vorlagen.

In den Klagen, über die zuvor bereits die "Bild"-Zeitung berichtet hatte, geht es zumeist um Vorwürfe wegen Betrugs, Vertragsbruchs, irreführender Werbung und Wettbewerbsverzerrung. Neben zahlreichen US-Autobesitzern klagen auch VW-Vertragshändler und andere Autohäuser, die sich als Opfer des Skandals sehen.

Die Vorwürfe gegen die Wolfsburger sind heftig: "Volkswagens illegaler Komplott entstand aus Gier und der Ambition, den weltweiten Automarkt um jeden Preis zu dominieren", heißt es in den 719, 74 und 90 Seiten langen Klageschriften. Die Rede ist von einem der "unverschämtesten Unternehmensverbrechen der Geschichte".

Ein VW-Konzernsprecher in Wolfsburg sagte auf Anfrage, dass der Konzern die Klagen zur Kenntnis genommen habe. Ihr Inhalt werde nun intern bewertet, eine Stellungnahme dazu könne es aber nicht geben, sagte er unter Verweis auf die laufenden Verfahren.

"Leutnant" von Winterkorn

Müller wird vorgeworfen, in großem Stil vom Abgas-Betrug profitiert zu haben, durch den der VW-Marktanteil widerrechtlich erhöht worden sei. Der jetzige Konzernchef sei als Porsche-Chef ein langjähriger "Leutnant" von Winterkorn gewesen, so die Klage. Unter Müller sei der vom Skandal betroffene Porsche Cayenne Diesel herausgebracht worden. Er sei entweder Mitwisser gewesen oder habe die Vergehen rücksichtslos missachtet, heißt es.

Nicht nur Müller soll sich verantworten, sondern auch andere Spitzenentscheider von Unternehmen, die in die Affäre um manipulierte Abgaswerte Hunderttausender Diesel-Autos verwickelt sein sollen. Dabei handelt es sich unter anderen um Audi-Chef Rupert Stadler und Volkmar Denner, den Vorstandsvorsitzenden des Zulieferers Bosch.

Darüber hinaus zielt die Klage auf die US-Chefs von Audi und Porsche und die ehemaligen VW-Ingenieure Ulrich Hackenberg und Wolfgang Hatz. Hinzu kommen der über den Skandal gestürzte Ex-VW-Boss Winterkorn und der US-Chef von VW, Michael Horn. Sie waren bereits zuvor als Beklagte im Visier der US-Anwälte.

VW hatte nach Betrugsvorwürfen, die das US-Umweltamt EPA am 18. September publik machte, Manipulationen in großem Stil bei Emissionstests eingeräumt. Das US-Justizministerium hat deshalb bereits im Januar eine Zivilklage im Auftrag der EPA gegen den Konzern eingereicht – alleine hier droht theoretisch eine Strafe von bis zu 46 Milliarden Dollar (etwa 42 Milliarden Euro).

Mammut-Verfahren

Über 500 Zivilklagen von US-Verbrauchern wurden im Dezember in Nordkalifornien gebündelt, um die Mammut-Verfahren zu vereinfachen. Hinter den zusammengeführten Sammelklagen stehen Autofahrer und Vertragshändler, die sich getäuscht sehen. Außerdem klagen Autohäuser auf Schadenersatz. Da VW seine vermeintlich umweltfreundliche "Clean Diesel"-Technologie aggressiv vermarktet habe, hätten sie weniger wirklich saubere Wagen verkauft, argumentieren sie.

VW steht in dem Skandal an diversen Fronten unter Druck. Die Wolfsburger haben sich mit den US-Behörden noch immer nicht auf einen Plan zur Beseitigung der "Defeat Device" genannten Manipulationsprogramme in fast 600.000 betroffenen Autos einigen können. Um US-Kunden zu besänftigen, nahm der Konzern bereits viel Geld für Einkaufsgutscheine und gratis Pannen-Service in die Hand.

Zudem hat VW den US-Staranwalt Kenneth Feinberg beauftragt, eine außergerichtliche Lösung zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zu entwickeln. Feinberg hatte bereits dem US-Autoriesen General Motors nach einer Pannenserie wegen defekter Zündschlösser, die über 100 Autofahrer das Leben kostete, einen Hunderte Millionen Dollar schweren Entschädigungsfonds eingerichtet. (dpa)

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KOMMENTARE


Schwabe

24.02.2016 - 17:53 Uhr

Kann man nicht endlich mal Klage erheben gegen diese RA Mafia wegen Rufschädigung und eine Entschädigungsklage nachschieben. Wehe uns, wenn TTIP ohne Korrektur durchläuft.


Konrad Weßner

24.02.2016 - 17:56 Uhr

Nach der gefühlt 1000. Klage gegen VW fragt man sich schon, wer eigentlich der Gier und Wortrabulistik der US Rechtsanwaltsindustrie Einhalt gebietet?


Ingo Sidermeyer

24.02.2016 - 19:05 Uhr

@Konrad_WesnerSehr geehrter Herr Wesner, Sie haben scheinbar vergessen, dass hier nicht Besteck von einem Azubi geklaut wurde, sondern weltweit in großem Stil vom Zweiten der Branche betrogen, gelogen und verschleiert wurde. Kundeninteressen wurden verraten und Anleger in unkalkulierbare Risiken gelenkt. Demut wäre angesagt und kein branchenopportuner Beispringreflex.Der Konzern und die Marke müss(t)en aus dem Stadium der Lippenbekenntnisse heraus. Dass neben der Entwicklung auch weitere Bereiche mindestens tangiert waren (vermutlich Beschaffung und Vertrieb) lässt sich schon aus den Prozessen ableiten. Wer hier meint, jetzt sei doch wohl endlich mal wieder business as usual angesagt, hat die Tragweite des Vorganges bis heute nicht erfasst.Übrigens wird gerne übersehen, dass nicht nur in den USA Klagen gegen Volkswagen im Zusammenhang mit dem Betrugsskandal eingereicht wurden, sondern in diversen europäischen Staaten (GB, Frankreich…), Australien und nicht zuletzt auch Südkorea, wo allein schon über Strafen von bis zu 10 Mrd. Euro diskutiert wird. Schauen Sie sich einmal die großen Titel der Weltpresse an. Sie finden kaum ein renommiertes Blatt, Zeitung oder Wirtschaftsmagazin, dem dieser Skandal keinen Titel wert war.Gier und Wortrabulistik der US Rechtsanwaltsindustrie? Betrug und Verrat am Kunden trifft es eher.


autoandy

24.02.2016 - 22:19 Uhr

Bitte nicht Ursache und Wirkung vertauschen. Ohne manipulierte Software hätten die Anwälte keine Angriffsfläche. Wer in den USA Geschäfte machen will sollte sich über solche Folgen im Klaren sein. Nicht um sonst ist bei vielen Haftpflichtversicherungen die USA nur begrenzt mitversichert oder gar gänzlich ausgeschlossen. Und ja, der Vorstand ist dafür verantwortlich, das so etwas wie bei VEB Volkswagen eben nicht passiert. Nach mehreren Berichten zufolge haben sie es wissentlich in Kauf genommen.


WEST

25.02.2016 - 08:18 Uhr

Juristische Ahndung der Manipulation ist vollkommen o.k., aber die krankhafte Gier der Amerikaner ist keine gute Bais für eine globale Zusammenarbeit. Zuerst spezialisert auf Landwirtschaft, dann auf Industrie/Produktion, dann auf Dienstleistung/Finanzen und jetzt auf pseudojuristische Abzocke Dritter ....ohne wirkliche eigene Leistung. Jetzt fehlt nur noch der Herr Trump als i-Tüpfelchen.


Aschmu

25.02.2016 - 10:36 Uhr

Ich frage mich, ob in der BRD der "gefühlte Aufschrei der Empörung" ( allem Anschein nach ist es ja nicht soooo schlim... ja sogar "rechtens" wenn VW das macht - so kommt es MIR zumindest vor ) .. ob der gefühlte Aufschrei der Empörung auch so groß wäre... würde es Herrn Ford, Mister GM, Monsieur PSA, Senor "Seat", Monsignore Fiat, Herrn "Asiaten" oder Herrn " Koreaner" oder sogar Herrn "Chinesen" betreffen. - Ich sage es Ihnen - es würde ein "Shitstorm" sondergleichen statt finden. Nur weil es der Primus VW ist, dies noch in eigenem Land ... die meisten Deutschen "Deutsch oder sogar VW " fahren... da ist man loyal. An die welche betrogen worden sind, denkt mal wieder keiner.


Inside the Leak

25.02.2016 - 13:33 Uhr

TTIP lässt Grüßen und wir bekommen hier schon einmal einen kleinen Vorgeschmack dessen, was uns blühen wird.Ich finde es beschämend wie man hier hauptsächlich in den USA versucht, der deutschen Wirtschaft massiv zu schaden! Wer tatsächlich noch glaubt das es den USA um Umweltverschmutzung geht, der sollte sich doch mal die US Navy mit Ihren Schiffen etwas genauer ansehen. Diese werden mit Schweröl betrieben, verursachen somit an einem Tag wahrscheinlich eine höhere Umweltbelastung, als alle VW Fahrzeuge zusammen in 1 Monat oder Jahr. Die Manipulation ist sicher in keinem Falle gutzuheißen, jedoch wird dies beileibe kein Einzelfall sein, denn die teilweise völlig abstrusen und überzogenen Umweltauflagen sind doch in der Realität überhaupt nicht umsetzbar und meiner Meinung nach gibt es da andere Branchen, bei denen man deutlich mehr erreichen kann, als bei den eh schon extrem sauberen Neufahrzeugen vieler Hersteller!Durch die Globalisierung sind leider viele Unternehmen extrem abhängig von den Märkten in Übersee, denn ansonsten müsste man als Unternehmen darüber nachdenken, sich komplett von Märkten zurückzuziehen, die einem Konzern oder einem Produkt so extrem feindeselig gegenüberstehen. Bei US-Automobilherstellern, durch deren Verschulden nachweislich Menschen Ihr Leben verloren haben, sind die Strafen kurioserweise im Verhältnis zur aktuellen Diskussion um VW banal, ein Schelm wer böses dabei denkt.Wie unsere "Freunde" aus den USA ticken, kann jeder im aktuellen Wahlkampf mitverfolgen und Gnade uns Gott, wenn ein Typ wie Mister Trump irgendwann die macht bekommt, den roten Knopf zu drücken!Dies ist natürlich alles nur meine persönliche Meinung zu dem Thema.Strafe ja, aber bitte die Verhältnismäßigkeit nicht außer acht lassen.


Poldi66

25.02.2016 - 15:46 Uhr

HOCHMUT kommt vor dem FALL!!!Es wird sich rausstellen, wie tief der Fall werden wird.....Wer wissentlich andere (Menschen, Länder, Kunden, Umwelt..) schädigt und betrügt,gehört entsprechend und angemessen bestraft!Schade und traurig dabei ist nur, daß es diese Comboys in die Hand nehmen und nicht der deutsche Rechtsstaat, der wieder mal auf dem rechten Auge blind ist wie IMMER!!!!


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