Mobile.de: "Wir werden das Angebot an den Handel ausbauen"

Im August 2022 hat Ajay Bhatia die Unternehmensleitung von Mobile.de übernommen. Im Interview erklärt er, wie sich der deutsche Markt von seinem bisherigen Tätigkeitsfeld in Australien unterscheidet, wie die Wachstumsstrategie aussieht und welche Rolle man im Automobilvertrieb einnehmen will. AH: Sie haben lange in Australien gearbeitet. In welcher Form unterscheiden sich die beiden Automärkte? A. Bhatia: Der größte Unterschied ist sicher, dass in Deutschland Autos gebaut werden und in Australien nicht. Das liegt daran, dass die Kosten dafür zu hoch sind, noch höher als in Deutschland. Die OEMs sind hier also sehr dominant. Der Handel wird damit viel stärker von den Herstellern gesteuert. Das macht den größten Unterschied zu Australien aus. Der zweite Unterschied ist die Größe der Händler. In Australien gibt es zwischen drei- und viertausend Händler bei 25 Millionen Einwohnern. In Deutschland sind es rund 40.000 Neu- und Gebrauchtwagenhändler bei 85 Millionen Einwohnern. Der deutsche Markt ist deutlich fragmentierter, die Händler sind im Durchschnitt kleiner. Das hat zur Folge, dass in Australien mehr in die digitale Fahrzeugvermarktung und den gesamten Verkaufsprozess investiert wird. Auf diesem Feld sind die Händler in Australien mitunter professioneller aufgestellt. So ist zum Beispiel das Erlebnis der Auslieferung wesentlich weiter entwickelt, weil man sich aufgrund der Händlergröße dafür auch ein entsprechendes Team leisten kann. AH: Wie schätzen Sie den Handel insgesamt ein? A. Bhatia: In beiden Ländern sind Händler echte Unternehmerpersönlichkeiten. Anders als ein Immobilienmakler, dem die Immobilie nicht gehört, vermarkten Autohändler das Inventar, das sie selbst in der Bilanz stehen haben. Was die Händler in Australien und Deutschland auch gemeinsam haben, ist sehr viel Herzblut, Mut und Kreativität. Das verbindet sie mit uns: Wir alle wollen den Autokauf so einfach und bequem wie möglich machen. AH: Wie unterscheiden sich die Kunden? A. Bhatia: Es gibt viele Gemeinsamkeiten. Den Konsumenten ist vor allem eine große Auswahl und ein guter Preis wichtig und dafür nutzen sie die großen Onlinebörsen, die ihnen beides am besten bieten. In Europa generell ist allerdings der Wunsch nach Nachhaltigkeit, also Umweltschutz, stärker ausgeprägt und damit auch die Bereitschaft, E-Mobile zu kaufen. Das heißt nicht, dass man sich in Australien nicht genügend darum kümmert. Die Regierungen hier machen aber entsprechend strengere Vorgaben, zum Beispiel, was die Einführung der E-Mobilität und das festgelegte Ende des Verbrenners betrifft. Gleichzeitig ist die Bereitschaft, Autos direkt digital zu kaufen, aufgrund des großen Angebots an E-Mobilen in Deutschland viel höher. Die OEMs sind bereit, Autos digital zu verkaufen. Der Kunde hat dann aber nur eine Marke zur Auswahl. Das ist meiner Meinung nach der Grund, warum sich Onlineverkäufe noch nicht durchgesetzt haben. 42 Prozent der Leute sagen allerdings, dass sie online kaufen würden. Dazu braucht man aber ein umfassenderes Angebot. Wachstumsstrategie AH: Warum ist Mobile.de so groß geworden? A. Bhatia: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das Unternehmen so groß gemacht. Man spürt wirklich bei jedem einzelnen die Leidenschaft dafür, innovative Lösungen zu entwickeln, die das Leben der Konsumenten einfacher machen und unseren gewerblichen Kunden mehr Geschäft ermöglichen. Und meine Vorgänger haben alle einen sehr guten Job gemacht. Wenn das nicht so wäre, wäre ich wahrscheinlich nicht hier und hätte diese Position nicht übernommen. AH: Wie sieht Ihre Wachstumsstrategie aus? A. Bhatia: Für mich gibt es zwei Bereiche. Wir sind ein sehr händlerfreundliches Unternehmen und müssen gleichzeitig auch die Interessen der Konsumenten berücksichtigen. Wir werden in den weiteren Ausbau unseres Profils investieren, um jedem das passende Besitzmodell und den passenden Kaufprozess zu ermöglichen. Der Kauf von null-leasing.com und der Start unseres Online-Kauf-Produkts zeigen, in welche Richtung die Reise geht. Zugleich müssen wir beherzigen, dass die Hersteller wie schon erwähnt eine starke Position haben und Druck auf ihre Händler ausüben. Denken Sie nur an das Agenturmodell. Die Möglichkeiten von Neuwagenhändlern sind insgesamt eingeschränkt. Das bedeutet, dass sich der Handel stärker auf das GW-Geschäft fokussieren muss. Dabei sind wir der richtige Partner. AH: Welche Rolle spielt dann Mobile.de? A. Bhatia: Die Kunden wollen verstärkt Fahrzeuge online kaufen. Unsere Aufgabe ist es, dies zu ermöglichen. Nicht als Agentur, sondern in Partnerschaft mit dem Handel. Dafür haben wir die Möglichkeiten geschaffen und werden unser neues Angebot an den Handel entsprechend ausbauen. Damit der Handel sein Inventar an diese schnell wachsende Kundengruppe vermarkten kann. Und wir bieten auch alle anderen Möglichkeiten an, ein Auto zu erwerben: von Kauf über Finanzierung bis Leasing. So sind wir für die Konsumenten in Deutschland die erste Anlaufstelle. AH: Ist das ein Modell, wie es Amazon mit Anbietern macht? A. Bhatia: Amazon ist ein so genanntes Horizontal und bietet eine enorme Produktbreite an - von Büchern über Kleidung bis zu Haushaltsgeräten -, aber nur eine geringe Tiefe in jeder Kategorie. Bei uns ist es anders herum. Wir sind spezialisiert auf ein Feld: Fahrzeuge. Und da bieten wir mit Lösungen für Leasing, Finanzierung, Kauf, offline oder jetzt auch online eine enorme Tiefe an. Preisstrategie AH: Die jährlichen Preiserhöhungen tragen nicht dazu bei, Ihre Kunden glücklich zu machen. A. Bhatia: Es geht doch letztlich nicht um den Preis, sondern um den Wert unserer Leistungen. Wir sind stolz auf den Wert, den wir bieten, und wollen unseren Händlern auch weiterhin helfen, viele Autos zu vermarkten. AH: Wie sieht die B2B-Strategie aus? A. Bhatia: Es gibt noch viele spannende Möglichkeiten, die wir gemeinsam mit dem Autohandel angehen möchten. Ganz aktuell konzentrieren wir uns aber erst mal darauf, jene neuen Produkte auszubauen, die wir in den vergangenen Wochen und Monaten eingeführt haben. AH: Herr Bhatia, herzlichen Dank für das Gespräch!

"Destination Porsche" in Aachen: Fleischhauer investiert kräftig in Porsche

Nachruf: Zum Tode von ZDK-Ehrenpräsident Bernhard Enning

Pläne: Stellantis will elektrischen US-Pick-up nach Europa bringen

Stackmann schreibt: EU-Strafzölle für Elektroautos aus China

Analyse zur Elektroauto-Wende: Mercedes besser, VW fällt zurück

Alle Schlagzeilen

Mobile.de: "Wir werden das Angebot an den Handel ausbauen"

WEITERLESEN

NEWSLETTER