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Elektromobilität: Die Last mit dem Laden

21.11.2016 08:57 Uhr
Elektromobilität: Die Last mit dem Laden
Mit dem Laden von E-Autos ist es nicht immer so einfach.
© Foto: Nissan

Fahrer von Elektroautos wünschen sich nicht nur eine bessere Ladeinfrastruktur, sondern auch, "diskriminierungsfrei" tanken zu können. Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg.

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Von Michael Specht/SP-X

Norwegen hat 14 Mal weniger Einwohner als Deutschland, aber mehr elektrische Ladesäulen. Die Niederlande hat nur zwölf Prozent der Fläche Deutschlands, versorgen den E-Auto-Fahrer aber mit rund viermal so vielen Ladesäulen. Auch in Frankreich und Großbritannien stehen doppelt so viele Stromtankstellen wie bei uns.

Jüngste Zahlen belaufen sich auf knapp 6.500 öffentlich-zugängliche Ladestationen, darunter etwa 150 Schnelllader, die man in Deutschland ansteuern kann. Statistiker haben ausgerechnet, dass somit durchschnittlich alle 111 Kilometer eine Säule steht. Zum Vergleich: Die Holländer kommen auf sieben Kilometer. Ginge es mit ähnlichem Tempo weiter, kämen wir bis 2020 auf rund 14.000 Säulen. Das sind Lichtjahre entfernt vom Zielwert 70.000, den die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) ausgegeben hat.

Dabei hat die deutsche Bundesregierung vor drei Jahren großtönig verlauten lassen, unser Land solle zum Leitmarkt für Elektromobilität werden. Immerhin, Mitte Mai hat man nun reagiert und sich für eine Förderung ausgesprochen. 300 Millionen Euro sollen in den Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur fließen. Experten sind sich einig, ein lückenhaftes Versorgungsnetz hemmt neben dem teuren Anschaffungspreis die Verbreitung von E-Autos zusätzlich. "Käufer haben eine Art Urangst, irgendwo mit leeren Akku liegen zu bleiben", sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach.

Nur, wer ist für den Ausbau des Ladenetzes verantwortlich? Die Politik, die die Ziele vorgibt? Und brauchen wir wirklich ein so dichtes Netz an Stromtankstellen? Umfragen mit Besitzern von E-Mobilen zufolge lädt über 80 Prozent von ihnen zu Hause und passt sein Fahrprofil so an, dass er nicht mit halb leerem Akku startet. Jürgen Schenk, bei Mercedes der Leiter für die E-Mobilität, glaubt sogar, schon in wenigen Jahren gäbe es ein Überangebot an Ladesäulen in Deutschland. "Durch die Fortschritte in der Batterie-Technologie erzielen wir 2020 elektrische Reichweiten von über 500 Kilometern. Der Autofahrer braucht dann höchstens noch Schnelllader entlang der Autobahnen."

Geld ist damit nicht zu verdienen

Eine normale Ladestation kostet heute rund 10.000 Euro, ein Schnelllader mit Gleichstrom mehr als das Dreifache. Geld über den Stromverkauf ist damit mittelfristig nicht zu verdienen. Es wundert nicht, dass die Sache zäh anläuft. Auch die Autohersteller tun sich mit dem Thema schwer, sehen sich nicht in der Pflicht, für den Ausbau einer Ladeinfrastruktur zu sorgen. Und eine Insellösung wie Tesla, das seinen Kunden exklusive Säulen und kostenlosten Strom anbietet, soll es nicht geben. Mercedes-Mann Jürgen Schenk: "Wir halten dies nicht für zielführend."

Hinzu kommt, es fehlt eine übergeordnete Regelung. "Jeder kocht sein eigenes Süppchen", so Stefan Bratzel. Kommunen legen meist einen strategisch sinnvollen Ladepunkt fest und lassen die Säulen von Energieversorgern betreiben. Bei denen wiederum muss sich der E-Autofahrer registrieren lassen. Er bekommt eine Kundenkarte, mit der er dann auch bequem laden kann. Eine App auf dem Handy zeigt ihm an, welche Säule wo steht und welche frei ist. Das Problem sind Gebiete, die sich überschneiden oder in denen unterschiedlich Anbieter Säulen bereitstellen. Entweder der Autofahrer meldet sich auch bei anderen Betreibern an oder er steht vor einer verschlossenen Säule. Im gewohnten Diesel- und Benzin-Markt kennen wir dieses System nicht. Kraftstoff gibt es an jeder Tankstelle, unabhängig von der Marke, für jeden Autofahrer. Vereinzelt gibt es die Möglichkeit, nach dem Roaming-Prinzip wie bei Handytarifen „fremd“ zu laden. Oder der Kunde schickt einen Code per SMS an den Stromanbieter. Hier gilt aber zu beachten, dass zum Teil happige Aufpreise verlangt werden, die den kWh-Preis um über 50 Prozent verteuern können. Inakzeptabel und ein Bremsklotz für die Verbreitung von Elektroautos.

"Es ist an der Zeit, einen diskriminierungsfreien Zugang auch bei den E-Tankstellen anzustreben", sagt Ferdinand Dudenhöffer. Der Leiter des CAR-Instituts an der Universität Essen-Duisburg ist sich sicher, erst wenn alle Stromanbieter ihren Kunden ihren Strom zu ihrem Preis an jede öffentliche Ladesäule liefern können, ergibt dies mehr Transparenz, nimmt die Elektromobilität Fahrt auf.

RWE ist größter Anbieter

Größter Anbieter im Stromnetz mit über 1.700 Ladepunkten in Deutschland ist derzeit RWE. Es folgen in EnBW, E.ON, Vattenfall und EWE. Durchweg alle Konzerne bieten ihren Kunden Ökostrom aus 100 Prozent regenerativen Quellen an, sowohl an den Ladesäulen als auch zu Hause über eine spezielle Wallbox. Durchgesetzt hat sich in Europa der sogenannte Menneke-Stecker, offiziell Typ 2 genannt. Er ist ausgelegt für Ladeströme, die bei einer maximalen Leistung bis zu 22 kW auftreten. Käufer von Elektroautos sollten zuvor unbedingt darauf achten, ob ihr Fahrzeug die entsprechenden Einrichtungen für das Starkstromladen an Bord hat. Selbst ein Premiumhersteller wie BMW verlangt bei seinem 35.000 Euro teuren Karbon-Elektrokleinwagen hierfür noch einen saftigen Aufpreis.

Ohnehin, so haben Umfragen unter E-Mobil-Besitzern ergeben, "nervt" das ständige Hantieren mit dem Ladekabel, erst recht bei schlechtem Wetter und im Winter. Besonders zum Tragen kommt dieser Nachteil bei Plug-in-Hybriden. Weil die Batterien aufgrund der kleinen Reichweite nahezu täglich geladen werden müssen, um die Verbrauchsvorteile voll auszunutzen, soll das induktive Laden (unplugged) forciert werden. Es funktioniert im Prinzip über Magnetspulen wie bei der elektrischen Zahnbürste. Das Auto parkt über eine im Boden versenkte Induktionsplatte (Primärspule). Das entsprechende Gegenstück (Sekundärspule) sitzt unterm Fahrzeug. Berührungslos fließt jetzt Strom. Derzeit lassen sich so Leistungen von bis 3,6 kW mit einem Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent übertragen. Mercedes will bereits nächstes Jahr dieses Ladeprinzip in der S-Klasse anbieten. Ebenso BMW, die an der Entwicklung beteiligt waren.

Noch einen Schritt weiter geht Nissan. Zusammen mit dem renommierten Architektur- und Designbüro Foster & Partners entwarf man eine Mobilitätsvision, bei der das E-Auto selbst zur Stromtankstelle wird. In der Nissan-Welt suchen sich sämtliche autonomen E-Fahrzeuge nachts in einer sogenannten "Smart Street" einen induktiven Parkplatz, werden mit regenerativ erzeugtem Strom geladen, parken selbstständig um, um anderen E-Autos das Laden zu ermöglichen und stehen am nächsten Morgen für die Fahrt zur Arbeit bereit.

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KOMMENTARE


hwb

22.11.2016 - 15:35 Uhr

Auch ich habe überlegt, mir neben meinem Reisemobil ein E-Mobil anzuschaffen, habe deshalb prüfen lassen, ob als Angebot für meine Gäste die Parkplätze vor meinen Ferienwohnungen mit einer Ladestation ausgerüstet werden können. Ergebnis: Es würde von der Hausinstallation und vom Parkplatz her gehen, es würde ca. 30.000,- €/Platz kosten, aber wenn ich das Ganze nicht kostenlos für jeden dort parkenden (direkter Zugang von der Straße) anbieten würde, würde ich steuerlich wie ein Stromanbieter behandelt werden. Das hatte zur Folge: kein E-Mobil gekauft, keine Ladestation installiert, kein Ladeangebot für meine Gäste. Ich bleibe folglich neben meinem Reismobil (Diesel), bei meinem PKW (Super +), habe Spaß, Reichweite und Geld gespart zum Super+ tanken. So wir das nichts mit einer flächendeckenden Ladestationsbereitstellung.


TW

22.11.2016 - 17:13 Uhr

Ich finde es immer wieder bemerkenswert wie wir Deutsche uns selbst im Wege stehen und bedanke mich bei hwb für das Kommentar.Möchte man heute halbwegs zukunftsfähige, leistungsstarke Ladestationen installieren, ist man auf jeden Fall mit mindestens 30.000 € dabei.Derzeit gibt es ganze zwei Hersteller (z.B. ABB) die 50kw Ladestationen anbieten. Produkte von gestandenen Elektrokonzernen sind veraltet bevor sie auf den Markt kommen und keiner traut sich wirklich mit innovativen Produkten und Lösungen in den Markt . Vielleicht wissen sie es auch nicht besser, weil sie die Zeit verschlafen haben. Eines jedoch ist sicher, zuerst wird mit der aktuell verfügbaren Technik und althergebrachten Konzepten versucht dem Kunden das bisschen Geld aus der Tasche zu ziehen, was er noch hat. Bis ein kleines Startup mit wirklich innovativen Ideen den Markt aufmischt.Ich freue mich schon auf meinen induktiven Garagenplatz der, wenn es nötig ist und von mir per Fingerabdruck auf meiner Uhr freigegeben, automatisch mein Fahrzeug "auftankt".


Josef Huber

23.11.2016 - 17:12 Uhr

Sehr geehrter hwb,wie 30.000 Euro pro Ladeplatz zustande kommen ist mir ein Rätsel. Wir gehen heute bei einer 22 kW AC Ladestation von maximal 8-10.000 Euro für Ladestation, Erstellung der Anschlussmöglichkeit (Kabel, Fundament) und Installation aus. Mit diese Ladeleistung, die nur wenige EV heute überhaupt beherrschen ist selbst ein Tesla in 4-5 Stunden vollständig aufgeladen, bei allen anderen EV dauert es eher im Bereich von 1.5 - 2 Stunden. Fragen, dies ich mir stellen sind:1. Brauche ich soviel Ladeleistung überhaupt, wenn die Fahrzeuge hauptsächlich nachts (Ladezeit 8-10 Stunden) geladen werden.2. Liegt der Installationsort auf privatem Grund oder öffentlichen Grund3. Soll mit der Ladesäule Geld verdient werden (es gibt sicher Ansätze, die Sie nicht zum Stromanbieter machen - wenn das so wäre, wäre jedes Hotel, das eine Ladestation in der Tiefgarage hat, auch Stromanbieter).Wenn Sie mehr Informationen benötigen, stehen wir Ihnen gerne für ein Gespräch zur Verfügung - info(at)eluminocity.com


Thomas Wagner

23.11.2016 - 17:17 Uhr

Ich habe den Eindruck, dass bei dieser Berechnung von "Statistikern" etwas gründlich in die Hose gegangen ist. Wenn ich mir die Karte der Stromtankstellen beim Internetforum Goingelectric anschaue, bei dem übrigens, Stand heute, 7181 Stromtankstellen gelistet sind, scheint es sogar völlig absurd. Nicht einmal einem Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern dem Bundesland mit der geringsten Bevölkerungsdichte in Deutschland trifft dies zu.Wahrscheinlich haben die Statisker die gesamte Länge der Straßen in Deutschland durch die Stromtankstellen geteilt, was zu einem völlig falschen und irrrelevanten Eindruck führt.Schon ein kleiner Realitätscheck in meinem eigenen Umfeld zeigt ein ganz anderes Bild:Im Umkreis von 50 km befinden sich über 10 Stromtankstellen.Damit komme ich ganz gut klar, da ich über 90 % des Stromes für meinen ZOE sowieso zuhause lade !


hwb

24.11.2016 - 14:36 Uhr

Herr Huber, danke für Ihren Kommentarbeitrag,ich kann ja schlecht meine Angebote vom Elektriker und meine Finanzamtsauskunft öffentlich machen, genannt habe ich allerdings nur Fakten.Es sind 8 Parkplätze auf privatem Grund, die nur durch den Bürgersteig von der Straße getrennt sind, davon wollte ich einen Parkplatz für eine E-Mobil Ladung ausstatten.Die Strecke vom geeigneten Anschlusskasten bis zum Parkplatz beträgt ca. 15 Meter.Angeboten wurde eine freistehende Säule, die mit von mir an meine Gäste ausgegebenen Magnetkarten eine Nutzung möglich macht und unzulässigen Zugriff verhindert.Es sollte also keine kommerzielle, öffentliche Ladestation werden, sondern ein Angebot für meine Gäste, die mit ihrem E-Mobil hier bei uns anreisen.Das Finanzamt vertritt den Standpunkt, wenn es mehr als eine öffentlich zugängliche Steckdose ist, ist es ein kommerzielles Angebot mit den entsprechenden steuerlichen Folgen.Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass die Preise innerhalb eines Jahres um zwei Drittel gefallen sind, zumal mein Elektriker bisher immer korrekte Angebote unterbreitet hat.Diese von mir geplante Marketingmaßnahme für ein Angebot für meine Urlaubsgäste ist somit „in die Hose gegangen“.Ich selbst wohne allerdings nicht in diesem Haus, bei mir hätte ich eine Station in der Garage genutzt.Im Übrigen, mein Kompliment für Ihre Marketingmaßnahme, bei mir hat sie funktioniert, ich habe Ihre Seite aufgerufen um mich zu informieren.


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