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Mercedes-Benz X-Klasse: Über eine halbe Milliarde Euro für Pick-up

26.10.2016 10:30 Uhr
Daimler lässt sich den Einstieg ins Pick-up-Segment mehr als eine halbe Milliarde Euro kosten.
© Foto: Daimler

Daimler startet den Angriff in einem neuen Segment. Die Stuttgarter wollen erstmals einen Pick-up fertigen - und verlassen sich dabei auf die Partnerschaft mit Renault-Nissan.

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Der Autobauer Daimler lässt sich den Einstieg ins Pick-up-Segment mehr als eine halbe Milliarde Euro kosten. Für die Markteinführung der neuen, zusammen mit dem Partner Renault-Nissan entwickelten "X-Klasse" werde ein hoher dreistelliger Millionenbetrag investiert, kündigte der Chef von Daimlers Van-Sparte, Volker Mornhinweg, an. Am Dienstagabend stellte Daimler in Stockholm das Konzept des Fahrzeugs vor.

Der Wagen soll Ende 2017 zunächst in Europa auf den Markt kommen. Erst später sollen Australien, Südafrika und 2018 Südamerika folgen. "Bis 2018 wird dort wieder Wachstum da sein", sagte Mornhinweg mit Blick auf die schwachen Märkte in Brasilien und Argentinien.

Ausgerechnet Europa, wo Daimler das neue Modell starten will, sei allerdings kein Pick-up-Markt, sagte Carlos da Silva vom Marktforscher IHS Automotive: "Hier werden die Bedürfnisse, die ein Pick-up bedient, von anderen Fahrzeugen adressiert." Dazu gehörten zum Beispiel Kastenwagen oder Transporter. Die Marktanteile am gesamten Fahrzeugmarkt bewegen sich hier um ein Prozent - in Australien und Argentinien liegen sie bei um die zwölf Prozent. Analyst da Silva sieht in dem Start daher eher einen Test, ob ein großer Hersteller wie Daimler dort überhaupt Fuß fassen kann.

"Wir haben in Europa nicht die richtige Einstellung zum Pick-up", meinte Autoexperte Peter Fuß von der Unternehmensberatung Ernst & Young. "Das wird eine Nische bleiben." Den Pick-up-Mart schlechthin - die USA - spart Daimler hingegen aus. "Da einzusteigen macht keinen Sinn", begründete Mornhinweg die Entscheidung. Dort würden nur große Pick-ups verkauft - und der Markt sei unter den drei US-Herstellern Ford, GM sowie Dodge aufgeteilt.

Produziert bei Nissan in Barcelona

Daimler plant hingegen einen Pick-up der Mittelklasse. Produziert wird das Fahrzeug in Europa im Nissan-Werk im spanischen Barcelona, wo schon Nissans Pick-up Navara vom Band rollt und 3.300 Mitarbeiter beschäftigt sind. In Renaults Werk im argentinischen Córdoba, wo derzeit von knapp 1.900 Beschäftigten der Clio, Kangoo und die Limousine Fluence gefertigt werden, soll der Pick-up von 2018 an entstehen. Dort investiert Renault-Nissan für die neue Linie 600 Millionen US-Dollar (550 Millionen Euro).

Wie viele Fahrzeuge der Stuttgarter Konzern allein fertigen lassen will, ließ Mornhinweg offen. In Barcelona wollen die drei Hersteller zusammen etwa 120.000 Fahrzeuge bauen, in Córdoba fast 70.000. "In dem Umfeld sind Kooperationen gang und gäbe, um die Fabriken auszulasten", sagte Mornhinweg. Daimler siedelt den Pritschenwagen im mittleren Pick-up-Segment an, für das der Hersteller das größte Wachstum prognostiziert. Es konkurriert etwa mit Volkswagens Amarok und Toyotas Hilux.

Technisch ist der Mercedes Pickup mit dem Nissan Navara verwandt, auch wenn man darüber in Stuttgart nicht gerne spricht. "Das Design, die Karosserie, das Interieur, der Antrieb, die Achsen, alles ist Mercedes-Benz", sagt Projektleiter Klaus Benzinger. Nur der Leiterrahmen bildet eine gemeinsame Basis.

Ausstatten wird Mercedes seinen Lifestyle-Laster zunächst mit einem Dreiliter-V6-Diesel, permanenten Allradantrieb, Kriechgang und zwei Differenzialsperren. Über Leistungen spricht Benzinger noch nicht. Ausgehen sollte man jedoch von mindestens 260 PS und 700 Newtonmeter Drehmoment. Genug, um den Bootsanhänger aus dem Wasser oder den Pferde-Trailer von der Wiese zu ziehen. Es wird die X-Klasse aber auch als Vierzylinder-Diesel mit Nissan-Antrieb geben. Für einige außereuropäische Märkte wird Mercedes sogar einen Vierzylinder-Benziner anbieten.

Luxus-Laster für neue Kundengruppen

Im Innenraum gleicht die X-Klasse einem Luxus-Laster. Freier Bildschirm, MMI-Bedienung aus der C-Klasse, Multifunktionslenkrad, Chrom, Aluminium, Carbon und Leder. Ganz klar, hier sollen neue Kunden angesprochen werden. Kunden, die jetzt vielleicht einen SUV fahren oder einen Kombi, und die es cooler finden, zukünftig mit einem Pick-up aufzukreuzen, selbst wenn sie mitten in der Großstadt wohnen. In der Aufpreisliste stehen zudem diverse Zubehör-Features zur Individualisierung. Das Segment ist prädestiniert fürs sogenannte "Customizing". Dazu zählen fette Chrom-Überrollbügel, dicke Räder und coole Camping-Kabinen.

Die X-Klasse ist nicht der erste Pick-up von Mercedes. Bereits in den 50er-Jahren werkelten Karosseriebauer wie "Binz" und "Lueg" an Pkws herum und modifizierten sie zum Kleinlaster. Ab 1972 liefen in Argentinien sogar offiziell Pick-ups auf Basis des Strich-8 (intern W 115) von den Bändern. Das Modell 220 D hörte auf den wohlklingenden Namen sich "La pickup". Einige Exemplare schafften es sogar bis nach Europa. Die Eisenbahngesellschaft Stuttgart SSB importierte den Stich-8-Laster nach Deutschland. Auch die berühmte G-Klasse gab es Pick-up-Derivat.

Für die Preise des neuen Pick-ups ist es noch viel zu früh. Und sie sind schwer vergleichbar. Denn die X-Klasse gibt es vorerst nur als Doppelkabine. "Wir werden aber wettbewerbsfähige Preise haben", sagt Marion Friese vom Marketing, "schließlich sind wir der neue Mitspieler im Segment". Zur Orientierung: Der VW Amarok, Bestseller in seiner Klasse, beginnt bei 41.000 Euro.

Preissensibles Segment

Wie schwierig es sein kann, im Pick-up-Geschäft Geld zu verdienen, zeigt gerade Volkswagens Erfahrung mit dem Amarok. Der war bislang nur in einer Disziplin ganz vorn dabei: beim Rückruf der hierzulande 2,5 Millionen manipulierten Diesel aus dem Konzern machte er im Frühling den Anfang. In Sachen Verkaufszahlen fährt der Pritschenwagen den Zielen hinterher - das Modell verkauft sich einfach nicht recht. Zum Start 2009/2010 hatte es noch ambitioniert geheißen: "Mit dem Amarok will Volkswagen in die weltweiten Pick-up-Märkte eintreten, die bislang überwiegend von japanischen Herstellern dominiert werden." Doch vor allem die Wirtschaftskrise in Südamerika - dem Hauptmarkt für den Amarok - machte einen Strich durch die Rechnung.

Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft der Hochschule für Wirtschaft Nürtingen-Geislingen warnt, das Segment sei "sehr preissensibel". Vergleichsmodelle wie der Amarok oder Toyotas Hilux liegen zwischen 20.000 Euro und 40.000 Euro. Eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie mit den SUV hält er kaum für möglich. (dpa/sp-x)


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KOMMENTARE


Tanja

26.10.2016 - 13:32 Uhr

Der Diesel stirbt gerade und wir bringen den V6 3.0 Diesel auf u.a. den deutschen Markt. Und der Kunde soll es da draussen erst mal testen, bevor wir es in großen Stückzahlen dann überm Teich auf den Markt werfen. Sehr vorbildlich von Mercedes! Bravo, das passt echt in die heutige Zeit, aber nicht zu dem propagierten (wie mir scheint Pseudo-)Umwelt-CI von MB.


UE

26.10.2016 - 15:01 Uhr

Die "halbe Milliarde" teilt sich wie folgt: 500.000,- EUR für die Anpassung der Karosserieteile, damit der Stern dranpasst und 499.500.000,- EUR für Werbung, damit der KD für den Nissan mit Stern 10.000,- EUR mehr ausgibt als für das gleiche Auto ohne Stern. Wird klappen, hat ja beim Kangoo mit Stern und beim Twingo auch gekappt. Für die Zukunft hätte ich noch eine Idee um eine Nische abzdecken. Hier schonmal der Slogan: "Mercedes Sandero, das billigste oder nichts!" ;-)))


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