Interview: Den Wandel mitgestalten

Armin Bolch Motul
© Foto: Motul

Ein Gespräch mit Armin Bolch, seit 2017 Geschäftsführer der Motul Deutschland GmbH in Köln, über die Marke Motul, das Schmierstoffgeschäft und die Perspektiven von Schmierstoffen im automobilen Wandel.

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Datum:
07.03.2022
Lesezeit:
10 min



Herr Bolch, was steckt genau hinter Motul?
A. Bolch: Motul gehört zu den ältesten Schmierstoffmarken der Welt. 1853 von der Firma Swan & Finch in New York gegründet, importierte Ernst Zaugg über seine Firma Supra Penn (Bobigny) die Motul-Produkte im Jahr 1932 erstmals nach Frankreich, beziehungsweise nach Europa. 1957 erwarb Ernst Zaugg von der Swan-Finch Oil Corporation die weltweiten Rechte an der Marke Motul. Der Markenname Motul ist übrigens eine Wortschöpfung aus „Mot“ für Motor und „ul“ für lubricant (Schmiermittel). 1969 wurde das französische Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Der Firmensitz befindet sich seit 1965 in Aubervilliers, einem Vorort im Norden von Paris. Im Bereich synthetische Schmierstoffe gilt Motul als der Spezialist schlechthin. ­Bereits 1971 wurde als weltweit erster Schmierstoffhersteller ein vollsynthetisches Motorenöl auf Ester-Basis auf den Markt gebracht.

Es gibt einige Schmierstoffstationen in Ihrer Vita. Was ist das Besondere bei Motul?
A. Bolch: Jede Schmierstoffmarke hat ihre eigene DNA und Zielorientierung. Einige sind eher national, andere global konzentriert. Motul ist trotz seiner großen globalen Präsenz nach wie vor ein familiengeführtes Unternehmen und eine Marke mit sehr viel Leidenschaft, die aus einer langen Historie im Motorsport resultiert. Die Reputation der Marke hilft beim Verkauf ungemein. Alle Motul-Mitarbeiter sind sehr stark mit der Marke verbunden, leben diese Identifizierung jeden Tag und tragen das Markenlogo mit sehr viel Stolz. Ich bin sicher, dass unsere Kunden diesen Spirit und diese Motivation spüren. Motul wird geformt von den hier tätigen Menschen und jeden Tag kann man noch etwas Neues entdecken. Darüber hinaus bieten wir Hoch­technologie-Schmierstoffe in einer sehr hohen Qualität an und erreichen damit Zielgruppen, die sich mit einem Mainstream-Produkt nicht zufriedengeben wollen.

Armin Bolch Motul
© Foto: Motul

Wie ist die Position von Motul im deutschen Markt?
A. Bolch: Motul ist nicht der größte Akteur, aber extrem flexibel und schnell. Unsere Vertriebskompetenzen liegen ganz klar im Motorradgeschäft und bei den freien Werkstätten. Unsere Durchdringung bei Motorradbetrieben in Deutschland liegt bei etwa 40 Pro­zent. Damit sind wir ­unangefochtener Marktführer. Darüber hinaus haben wir viele tausend Kunden im Autohaus- und Werkstattbereich, die sehr eng mit uns zusammenarbeiten. Mit der Fülle unserer Servicekonzepte in vielen unterschiedlichen Bereichen – vom Umwelt- und Entsorgungskonzept über Energie­beratung und Verkaufstraining bis hin zu Getriebereinigung, Ansaugsystemreinigung etc. sind wir im Markt exklusiv aufgestellt. Davon profitieren unsere Kunden durch höhere Erträge sowie Optimierungen bei den eigenen internen Abläufen.

Wo liegen Wachstumspotenziale?
A. Bolch: Unser höchstes Gut ist eine ausgezeichnete Kundenzufriedenheit und dass wir eine sehr vertrauensvolle Partnerschaft im Markt leben. Wir versuchen uns ständig im Kundenfeedback zu verbessern. Das ist für uns der entscheidende Kick für eine erfolgreiche Zukunft. Motul Deutschland ist aktuell in 33 europäischen Ländern verantwortlich und aktiv, von Island im Norden bis nach Griechenland und Zypern im Süden. Ich gehe in den nächsten Jahren von einem einstelligen Wachstum in Deutschland bei den Partnerbetrieben und einem zweistelligen ­Zuwachs beim Volumen aus. Im Export werden wir mit unseren regionalen Handelspartnern eine hohe zweistellige Wachstumsmarge generieren. In den nächsten Jahren werden wir uns neben dem Bereich Automotive auch auf industrielle Schmierstoffe fokussieren und unsere Produkte dort weiterentwickeln.
Der Wandel in der Automobilbranche ist für jeden spürbar, aber Veränderungen gibt es, seit Motul 1980 auf dem deutschen Markt begonnen hat. Ich bin überzeugt, dass Schmierstoffe noch für sehr viele Jahre eine sehr wichtige Ertragssäule in Autohaus und Werkstatt bleiben! Zudem haben wir uns noch nie allein auf Motorenschmierstoffe konzentriert. Deshalb können wir weitere Produkte in den Fokus rücken – zum Beispiel Bremsflüssigkeit, Additive und Pflegeprodukte. Wir nehmen als Unternehmen die Herausforderung an, den Wandel aktiv mitzugestalten, und werden auf Veränderungen adäquat reagieren. Ich bin überzeugt, dass wir das neue Zeitalter der Digitalisierung, des Carsharings, des E-Commerce und der Elektroautos mit klaren Lösungen und großer Entschlossenheit meistern.

Neben Motorenölen finden weitere Motul-Produkte (im Bild Bremsflüssigkeit) ihre Anwendung im Rennsport.

Stichwort Verbrennungsmotor. Die Fahrzeughersteller verfolgen hier sehr unterschiedliche Konzepte, einige setzen zu 100 Prozent auf den E-Antrieb. Welche Rolle spielt da das Motorenöl?
A. Bolch: Bei einem Fahrzeugbestand von rund 50 Mio. Pkw in Deutschland betrachten wir das Thema eFuels als sehr spannende Alternative zu fossilen Kraftstoffen. Ich denke auch, dass die Hybridisierung des Antriebsstrangs einen sehr guten Kompromiss darstellt und rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge eine temporäre Lösung sind auf das, was möglicherweise in der Zukunft kommt. Ob das eFuels oder Wasserstoff oder ein Mix aus vielem sein wird, ist heute nicht genau absehbar, da die weltweiten Märkte hier sehr unterschiedliche Perspektiven verfolgen. Aus meiner Sicht ist der Verbrennungsmotor noch nicht so am Ende, wie er in der europäischen Politik aktuell manchmal beschrieben wird.

Gibt es noch Chancen bei der Optimierung des Schmierstoffs?
A. Bolch: Motul war einer der ersten Anbieter, der spezielle Schmierstoffe für Hybridantriebe entwickelt hat und bietet dafür aktuell eine sehr umfangreiche Range an. Hybrid- und E-Antriebe benötigen aufgrund der höheren Drücke und Drehmomente Schmierstoffprodukte, die dafür speziell konzipiert sind. Auch bei den Schmierstoffen für Verbrennungsmotoren ist der Zenit längst nicht erreicht. In den asiatischen Märkten haben wir bereits 0W-8-Öle. Die Herausforderung besteht in der zunehmenden Spezialisierung des Schmierstoffs für einzelne Fahrzeughersteller und deren Motoren, die individuell abgestimmt werden müssen, um die Anforderungen an den Verschleißschutz, CO2-Ausstoß und die geforderte Performance zu erreichen. Daraus resultieren im Regelfall einzelne Freigaben für den jeweiligen Motor oder die Motorenfamilie. Das Motorenöl wird immer mehr zum kon­struk­tiven Bauteil im modernen Verbrennungsmotor und ist in vielen Bereichen auch ein Problemlöser.

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Das neue Motul 300V ist ein Rennsport-Motorenöl. Es reduziert die innere Reibung und sorgt für Leistungs- und Drehmoment-Steigerungen.
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Wie kann ein familiengeführtes Unternehmen diese Entwicklungsvielfalt leisten und zahlreiche „Individualschmierstoffe“ entwickeln?
A. Bolch: Das sind genau der Pfeffer und das Salz, die die Kompetenz einer Marke ausmachen! Einerseits die Entwicklung der Schmierstoffe in unseren eigenen Entwicklungszentren in Frankreich und Japan und zugleich der wachsende Betreuungs- und Schulungsaufwand in den Werkstätten für das Thema Schmierstoffe. Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft immer mehr Öle kommen, die einzelne Herstellerfreigaben haben. Motorenschmierstoffe, die kompatibel für mehrere Fahrzeughersteller sind und bei dem sich mit einem Produkt mehrere Herstellerfreigaben erfüllen lassen, sind für moderne Motoren nur noch schwer realisierbar.

Wie steht es um die Deklarierung der Schmierstoffe als Originalersatzteil bei den Fahrzeugherstellern?
A. Bolch: Immer wieder hatten und haben Fahrzeughersteller die Bestrebungen, das Schmierstoffgeschäft eigenständig zu gestalten. Wenn ein Schmierstoff aber die notwendigen Anforderungen erfüllt, ist es unerheblich, ob das Produkt eine frei verfügbare Handelsware ist oder ein speziell beim Hersteller gelisteter Schmierstoff. Für mich ist das Öl elementarer Bestandteil des Motors und zugleich ein sehr guter Ertragsbringer im Autohaus- und Werkstattgeschäft. Diese Kombination macht mich sehr optimistisch, dass wir mit Motul und unseren Partnern auch weiterhin sehr erfolgreich im Markt unterwegs sind.

Herr Bolch, herzlichen Dank für das Gespräch!


Armin Bolch

Armin Bolch ist seit 02. Oktober 2017 Geschäftsführer der Motul Deutschland GmbH in Köln und in der Schmierstoffbranche groß geworden. Seine bisherigen Berufserfahrungen sprechen für sich selbst: BP ARAL, Mercedes-Benz Schmierstoffe, Lukoil, Petronas. Armin Bolch fühlt sich sehr heimisch in der Schmierstoffwelt und verfügt branchenintern über enge Verbindungen.



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