Carsharing: Der frühe Vogel fängt den Wurm

Die Ford-Händler waren die ersten, die mit Hilfe ihrer Dienstleistungsgesellschaft FHD und ihres Herstellers Carsharing anbieten konnten. Da wundert es nicht, dass auch heute die Ford-Händler die Nase vorn haben in diesem Markt. Das Autohaus Pittner in Hanau zum Beispiel war im September 2013 einer der ersten Ford-Händler, der damit angefangen hat. Und jetzt hat Peter Pittner gerade sein 23. Carsharing-Auto in Seligenstadt aufgestellt. Mittlerweile macht er so 130.000 bis 140.000 Euro Umsatz pro Jahr. Die Auslastung liegt im Durchschnitt bei 30 bis 32 Prozent, in der Spitze sogar über 50 Prozent, berichtet der Unternehmer, dessen Servicebetrieb auch als Agentur für die Hessengarage Neuwagen verkauft. Die Gebrauchtwagen, die er mit dem Carsharing generiert, gehen weg wie warme Semmeln. Dieses Jahr tauscht er 13 Fahrzeuge aus. Insgesamt wurden in seiner Werkstatt schon 97 Autos für diese spezielle Nutzung umgebaut: "Wir werden immer schneller." In zwölf Städten ist er mittlerweile mit seinem Angebot aktiv und beschäftigt seit Kurzem auch einen Mitarbeiter, der sich nur um dieses Thema kümmert. Zu 60 Prozent kommen die Kunden aus dem eigenen Bestand, 40 Prozent buchen über die Bahntochter Flinkster. Die eigenen Karten werden nicht nur im Autohaus, sondern an insgesamt zwölf Kartenstationen im Einzugsgebiet zwischen Idstein und Gelnhausen zum Beispiel in Touristikzentren und von den Umweltbeauftragten der Gemeinden verkauft. Weitere Stationen an den Bahnstrecken oder in den Gemeinden will Pittner derzeit aber nicht mehr aufnehmen: "Eher mehr Fahrzeuge an den bereits besetzten Standorten." Großes Potenzial sieht er bei den Baugesellschaften: "Die haben erkannt, dass sie mit einem Carsharing-Parkplatz fünf andere ersetzen und damit ihre Kosten senken können." Er sei hierzu mit einigen im Gespräch. Fahrzeuge am Bahnhof rentabel Auch die Eder-Gruppe verzeichnet für ihre vier Fahrzeuge am Bahnhof Rosenheim im Durchschnitt eine Auslastung von 37 Prozent. Hier kommen die Kunden überwiegend über die Bahn-Buchungsplattform Flinkster. Eder hat noch ein weiteres Fahrzeug an der Fachhochschule stehen. Das ist am wenigsten ausgelastet, aber dennoch noch kostendeckend. Die Fahrzeuge am Bahnhof machen durchschnittlich rund 750 Euro netto Umsatz. Nach Abzug aller Kosten beziffert Geschäftsführer Willi Bonke den Ertrag auf 100 Euro pro Monat und Fahrzeug. Schäden gäbe es wenig, die Reinigung alle 14 Tage werde meistens von Azubis erledigt. Auch hier sind die so generierten Gebrauchtwagen aufgrund der sehr guten Einkaufskonditionen, die Ford für Carsharing-Autos anbietet, ein schönes Zusatzgeschäft. "Wir wollten das ausprobieren", so Bonke über das Mobilitätsangebot. Wenn sich das durchsetzt, hat die Eder-Gruppe ihre Erfahrungen und kann auch größer einsteigen. Derzeit wird auch schon über eine Ausweitung nachgedacht: Ein weiterer Standort in Holzkirchen könnte hinzukommen. Das ist zwar 30 Kilometer vom nächsten Eder-Betrieb entfernt, eine Kooperation mit einem Händler vor Ort, der sich um die Betreuung des Fahrzeugs kümmern wird, macht das Engagement aber attraktiv. Zusammen mit Verkehrsbetrieben In Zusammenarbeit mit den Niederrheinischen Verkehrsbetrieben (NIAG) stellen die Autohäuser Bernds (Duisburg), Ebber (Borken), Espey (Kamp-Lintfort), Stefan Janßen (Sonsbeck) und Jakob Lauff (Moers) Carsharing-Fahrzeuge bereit. In fünf NIAG-KundenCentern in der Region und bei den engagierten Ford-Partnern können sich die Kunden aus der Region registrieren und die Carsharing-Kundenkarte erwerben. "Das spart Werbekosten, weil auch die Busse mit Werbung beklebt sind", erklärt Markus Fischer, bei Ebber in Bocholt für diesen Bereich zuständig. Das Autohaus hat an fünf Standorten alleine 14 Fahrzeuge im Einsatz. Interessant dabei ist, dass zum Beispiel zwei Standorte an verschiedenen Fachhochschulen völlig unterschiedlich ausgelastet sind. Fischer vermutet, dass es daran liegt, dass an der einen Fachhochschule die Studenten überwiegend aus der Region kommen und deswegen mit dem eigenen Auto anreisen. Bei der anderen sind sie eher präsent und wohnen ohne Auto fern der Heimat, was dazu führt, dass öfter ein Carsharing-Auto gebraucht wird. Ebber hat aber leider auch die Erfahrung gemacht, dass der Erfolg sehr schnell zunichte gemacht werden kann: Durch Brandstiftung sind im letzten Jahr zwei Carsharing-Autos des Autohauses völlig abgebrannt, Sachschaden laut Polizei 25.000 Euro. Nach Angaben unserer Gesprächspartner gehen die Fahrzeugnutzer aber sonst sehr sorgsam mit den Autos um, Schäden sind selten. Noch im Aufbau Seit einem Jahr bietet das Autohaus Frimberger in Bad Tölz mit Hilfe des Santander Angebots "Movio" auch Carsharing an. "Das ist sehr gut angelaufen", berichtet Geschäftsführer Josef Geisreiter. Rentabel sei es noch nicht: "Das darf sich schon noch steigern." Das müsse man aber langfristig sehen, sagt der Unternehmer. Mindestens zwei Jahre will er dem Angebot treu bleiben und nennt damit die gleiche Frist, die auch der Bundesverband Carsharing als Mindestlaufzeit angibt. Anders als bei Ford, wo die Werkstätten die Technik selbst einbauen, kommt bei "Movio", das von Drive Carsharing organisiert wird, eine Fremdfirma für den Einbau der nötigen Hardware. Das Autohaus hat für den Kartenvertrieb die Stadtwerke mit im Boot. Dort steht auch eines der Fahrzeuge, das Elektroauto Zoe. Einen Twingo hat der Betrieb auf dem eigenen Hof, der Megane Grand Tour am Bahnhof ist am besten ausgelastet. Vor allem Touristen, die bequem mit dem Zug anreisen, nutzen dieses Fahrzeug für den Transfer zum Hotel oder für Ausflüge. Ein "Master" Kastenwagen ist etwas außerhalb geparkt und soll zum Beispiel Einheimischen zur Verfügung stehen, die etwas Größeres transportieren müssen. Geisreiter rät anderen Autohäusern, sich nur im Carsharing zu engagieren, wenn man die dafür notwendige Energie aufbringen könne. "Das muss man wollen", sagt er. Er will und rührt die Werbetrommel für das Angebot: Anzeigen, Social Media, Postwurfsendungen, weitere Nutzer wollen gewonnen werden. Probefahrten Um Carsharing zum Ertragsbringer zu machen, braucht es also eher einen langen Atem. Man kann die Technik aber natürlich auch für Probefahrten einsetzen und so Menschen in die Fahrzeuge bringen, die diese sonst nicht sehen würden. Derzeit gibt es zum Beispiel ein solches Angebot von Jaguar Land Rover Spanien in Zusammenarbeit mit dem Nürnberger Mobilitätsdienstleister Choice: Noch bis zum 22. August können Interessenten den Range Rover Evoque in Marbella an exklusiven Hotels kostenlos für bis zu drei Stunden ausleihen und Probe fahren. Dr. Konrad Weßner von Puls Marketing sieht Carsharing auch als Chance für bezahlte Probefahrten: Nach einer Studie seines Instituts interessiert sich jeder Fünfte für Carsharing, vor allem Autofahrer ausländischer Marken. Die Marke spielt dabei nur für die wenigsten eine Rolle. Und wenn, dann präferieren die Befragten deutsche Premiummarken und wünschen sich Fahrzeuge der oberen Mittelklasse sowie SUV. Audi ist genau auf diesen Wunsch aufgesprungen und bietet mit dem Partner Sixt Kurzzeitmieten, also sozusagen Carsharing an, für die Langzeitmieten sollen die Autohäuser zuständig sein. Ein Vorgehen, für das der Hersteller viel Kritik geerntet hat, schließlich sehen die Betriebe es gar nicht gerne, wenn das Vermietunternehmen ihnen Geschäft wegnimmt. Kurzfassung Fahrzeuge günstig einkaufen, bestehendes Buchungssystem nutzen, mit Gemeinden und Verkehrsbetrieben zusammenarbeiten, Werbung u. a. auf Social Media - wer mit Carsharing Geld verdienen will, muss sich darum bemühen.

Kundenschnittstellen: Mehr Kontrolle über das eigene Geschäft

Dekra zieht Bilanz: 31,6 Millionen Fahrzeuginspektionen in 2023

Maxus auf Expansionskurs: Mehr Standorte, mehr Wachstum

Expansion: Neuer Lynk & Co-Showroom in Madrid

Millionenbußgeld im Abgas-Skandal: Auch Continental soll zahlen

Alle Schlagzeilen

Carsharing: Der frühe Vogel fängt den Wurm

WEITERLESEN

NEWSLETTER