Outsourcing - Insourcing: IN oder OUT - das ist die Frage!

Autohäuser haben schon früh begonnen, einzelne Dienstleistungen oder gar ganze Geschäftsbereiche außer Haus zu geben. Kollegen/Innen, die schon länger im Gewerbe tätig sind, erinnern sich an Zeiten, in denen man z. B. Kunden empfohlen hat, Reifen doch lieber direkt beim benachbarten Spezialisten zu kaufen - man hatte diesen Service als unrentabel aus der Werkstatt verbannt. Eine ebenso lange Tradition hat die als Fremdleistung vergebene Lackierung, manche Betriebe vergaben auch die komplette Unfallinstandsetzung in fremde Hände. In neuerer Zeit kamen insbesondere fremde Dienstleistungen im Bereich der Fahrzeugaufbereitung (Smart-Repair) und der Gebrauchtwagenbewertung und -organisation mit ins Spiel, dazu die Auslagerung der Marketingleistungen, telefonische Kundenzufriedenheitsbefragungen, interne Werkstatttests u. v. a. m. Klassisches Beispiel: Lackierarbeiten Es gibt viele Antworten auf die Frage, ob es sinnvoller sei, bestimmte Arbeiten im Betrieb mit eigenem Personal durchzuführen oder diese in Fremdarbeit zu vergeben. Häufig sprechen organisatorische und Rentabilitätsgründe für ein Outsourcing. Das klassische Beispiel dafür ist die Vergabe von Lackieraufträgen! Die immer steigenden technischen und umweltpolitischen Anforderungen an die Lackieranlagen machen so manche Kabine - auch mangels Auslastung - unrentabel. Dazu kommt das traditionelle Problem des Mangels an geeignetem Fachpersonal, so dass sich eine Nutzung externer Karosserie- und Lackierzentren (KALAZE) als sinnvoll anbietet. Eine weitere Überlegung sind die ständig steigenden technischen Ansprüche der modernen Lackiertechniken, z. B. auf die Lackierung von Aluminium oder Kunststoffen, die zu bewältigen sind - Betriebe, die sich darauf spezialisieren, haben hier einen klaren Kosten- und Qualitätsvorteil. Letztlich ist in diesem Bereich auch die bei mangelnder Leistung notwendige Nacharbeit mit ins Kalkül zu ziehen! Wer den Job an andere vergibt, hat dieses Risiko nicht zu tragen. Wer dazu auskömmliche Margen für die Fremdleistung - eine Größenordnung um 20 Prozent vom Umsatz kann als Ziel genannt werden - erzielen kann: Groß- und Filialbetriebe überlegen sich die Einrichtung einer eigenständigen, zentralen Karosserie- und Lack-Auftragsbearbeitung mit groß angelegter Kooperation mit anderen Autohäusern und Vertragsgesellschaften. Smart-Repair, Spot-Repair Die Vorteile der Fremdvergabe für Spezialdienstleistungen wie Aufbereitung, Smart- und Spot-Repair liegen für manche Betriebe klar auf der Hand: Kein eigenes Personal ist dafür vorzuhalten und man kann mit klaren Fixpreisen kalkulieren. Dazu kommt noch die Tatsache, dass Smart-Repair nicht nur eine spezielle Ausbildung erfordert, sondern auch ständige Übung verlangt. Manche bezeichnen die ausführenden Spezialisten für Dellen- und Kratzer-Reparaturen sogar als "Künstler"! Für einen Pauschalpreis kann man die Aufträge an Fachleute vergeben, bei Reklamationen geht die Nacharbeit nicht zu Lasten der Produktivität der eigenen Werkstatt, urlaubs- und krankheitsbedingte Personalausfälle sind vom Anbieter zu tragen. Andererseits muss man einen Blick auf die Werkstattauslastung und auf die Serviceverkaufsstrategie werfen! Es gibt viele Werkstätten - und das mit steigender Tendenz -, denen es an Auslastung mangelt und deren Gebrauchtwagen-Aufbereitung trotzdem noch ausgelagert wird. Hier ist die Überlegung anzustellen, diesen Bereich wieder in die eigene Werkstatt zu integrieren. Eine Ausbildung von schwach ausgelasteten Monteuren mit diesem Spezialgebiet ist allemal besser als Produktivpersonal zu entlassen. Eine umfassende Spezialausbildung für dieses Metier ist unerlässlich - aber damit ergeben sich auch zusätzliche Chancen! Man spricht heute von einem "Smart-Repair-Markt", der von den Werkstätten kaum wahrgenommen wird. Klar: wenn die Durchführung nicht in der Hand der eigenen Werkstatt liegt, ist das Angebot nur schwer zu vermarkten. Wie funktioniert es mit Terminen? Muss der Kunde dazu wieder kommen? Kann man eine zuverlässige Erledigung des Auftrages garantieren? Viele Serviceberater/Innen werden deshalb die Finger davon lassen und derartige Leistungen lieber nicht anbieten. Andererseits kann man aber unter der Voraussetzung der Professionalität, die man sich in die eigene Werkstatt holt, für eine spürbare zusätzliche Auslastung sorgen und die Serviceberater/Innen können die Smart-Repair-Leistungen mit ins Angebot aufnehmen und idealerweise in der Dialogannahme vermarkten. Zu diesem Thema lohnt sich ein Blick in die Wettbewerbswelt: Man kann vermehrt freie Betriebe wachsen sehen, die sich speziell mit diesem Themenspektrum befassen. Eine der Angebotsvarianten an Leasingauto-Besitzer/Innen ist z. B. die: "Wir bringen Ihr Auto für wenig Geld in einen vertragsgemäßen Rückgabezustand!" Überlässt die Kfz-Werkstattzunft hier schon wieder Wettbewerbern ein freies Feld? Es gibt für die Integration dieses Bereichs strategische Partner wie z. B. WÜRTH, APZ Carmotion oder mps-MICROPAINT, deren Konzepte dazu geeignet sind, mit Kleinreparaturen, Smartund Spot-Repair für eine Belebung der Auslastung und Erträge in der eigenen Werkstatt zu sorgen. Dienstleistungen rund um den Gebrauchtwagen Ein altes und wieder junges Thema ist die Bewertung und Aufbereitung der Gebrauchtfahrzeuge. Kümmert sich der Neuwagenverkäufer darum, dann besteht die Gefahr, dass "Täter und Richter" in einer Person agieren und das Pendel zugunsten des NW-Geschäftes ausschlägt. Hat die Gebrauchtwagenabteilung das Sagen, ist es durchaus möglich, dass insbesondere GW-Eintauschgeschäfte an der zu strengen Auslegung der Instandsetzungsaufwendungen scheitern. Und nicht zuletzt ist anzumerken, dass so manche Werkstätte mangels klarer Instandsetzungsstandards und -vorgaben die GW-Instandsetzungsrechnungen ausufern lassen. Neutralität ist angesagt! Hier kommen Dienstleister wie TÜV oder DEKRA ins Spiel, die mit dem Angebot des neutralen und sachkundigen Expertenwissens punkten. Die externe GW-Begutachtung und -Kalkulation kann eine sinnvolle Variante zur eigenen Leistung darstellen. So mancher Betrieb schätzt auch die Neutralität dieser Institutionen gegenüber dem Kunden und will so die Glaubwürdigkeit der Kalkulation der Hereinnahmepreise dokumentieren. Wer dazu noch die internen Prozesse überwachen lässt, kann zumindest für sich in Anspruch nehmen, dass jegliche interne, persönliche Bevorzugung oder Benachteiligung ausgeschlossen ist. Weitere Outsourcing-Themen Die zunehmenden Heraus- und Anforderungen der digitalen Welt in Sachen moderner Marktbearbeitung und Kundenbetreuung verlangen ab einer bestimmten Größenordnung des Betriebes die Kooperation mit einer auf das Automobilgeschäft spezialisierten Marketingagentur. Auch IT-Dienstleister sowie Spezialisten für die Erstellung digitaler Medien und Homepages werden unumgänglich. Zulassungsdienstleister, Call-Center oder die Reifeneinlagerung müssen an dieser Stelle erwähnt werden und natürlich die schon länger tätigen Steuer- und Wirtschaftsberatungsunternehmen, Anwaltskanzleien, Finanzdienstleister etc. Je höher die Affinität der genannten Services zu den eigenen Kernkompetenzen und je näher jene am eigenen Kunden sind, desto eher wird man die Frage "Inoder Outsourcen" mit einem "Ja" zum Selbermachen beantworten, und je entfernter sie sind, desto eher dürfte ein Outsourcing Sinn machen. Die Kunst der Unternehmensführung besteht heute auch darin, die eigenen Kernkompetenzen zu definieren und zu garantieren sowie darauf aufbauend sich beim IN-oder-OUT-Fragespiel für die richtigen "Jas" und "Neins" zu entscheiden. Erwin Wagner ist seit Jahrzehnten selbständiger Berater und Trainer in der Automobil- und Mineralölbranche (www.mdw-wagner.de). Zudem ist er seit vielen Jahren Autor von AUTOHAUS-Fachbüchern und Trainer bei der AUTOHAUS-Akademie. In- Oder Outsourcing? Unser Titelthema fokussiert hier und auf den folgenden Seiten auf eine Frage, die für die Auslastung und Rentabilität eines Autohauses strategische Bedeutung hat: Welche Angebote und Services sollte man selber machen und welche sollte man besser an Spezialisten outsourcen? Eine Frage, auf die es sehr individuelle Antworten gibt.

8. AUTOHAUS Praxistag – neue Geschäftsmodelle: Von Kollegen lernen

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