Ausgabe 17/2017: Investitionen in IT, Betriebe und Mitarbeiter

AH: Herr Bures, ab 2020 will VW eine Elektrofahrzeugoffensive starten. Wie viele VW-Servicebetriebe sind schon auf Elektrofahrzeuge vorbereitet? J. Bures: Wir verfolgen die Strategie eines Stützpunktkonzepts und haben aktuell 300 unserer insgesamt 2.100 Servicepartner auf die Reparatur und die Wartung von Elektromobilen vorbereitet. Damit sind wir in Anbetracht des derzeitigen Bestands sehr gut aufgestellt und erreichen eine bundesweite Flächendeckung. Steigt die Anzahl der Fahrzeuge im Markt, dann passen wir die Kapazitäten natürlich an. Grundsätzlich gilt zudem, dass jeder unserer Partner E-Fahrzeuge zum Service annimmt. AH: Was müssen diejenigen Betriebe tun, die noch nicht vorbereitet sind? J. Bures: Die Betriebe brauchen einen Volkswagen Techniker für Hybrid-/Elektrofahrzeuge. Das ist eine zweistufige Ausbildung, die ein Mechaniker oder Mechatroniker bei uns erhält. In sechs Tagen werden die Mitarbeiter geschult im Umgang mit Hochvolt-Batterien, z. B. deren Lagerung und den Bestell- und Informationsprozessen, die eingehalten werden müssen, wenn ein Modul ausgetauscht werden muss. Alle anderen, die mit Elektromobilität zu tun haben, müssen "Elektrisch unterwiesene Person" sein. Das kann bei uns heute jeder Mitarbeiter via Online-Training absolvieren. Zudem vertrauen wir auf das Inhouse-Trainingskonzept jedes Autohauses, das dafür sorgt, dass das Wissen, das der Hochvolttechniker erworben hat, innerhalb des Betriebes weitergegeben wird. Wir wollen damit dem Autohaus die Möglichkeit geben, Kosten einzusparen. Ab 2020, wenn wir ein Fünftel unseres Mixes als Elektromobil verkaufen wollen, wird die bisherige Vorgehensweise aber nicht mehr ausreichen. Wir arbeiten an entsprechenden Konzepten, sowohl die Anzahl der Partner, die für die Reparatur von Elektrofahrzeugen vorbereitet sind, als auch die Anzahl der Mitarbeiter innerhalb der Betriebe zu erhöhen. Individuelle Beratung AH: Wie hoch sind die Investitionen, die da für die Betriebe fällig werden, zum Beispiel für die nötigen Ladekapazitäten für Elektrofahrzeuge? J. Bures: Zunächst muss die Infrastruktur dazu in der Lage sein, Schnellladen zu ermöglichen. Idealerweise sollte die Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. Da sind die Kommunen gefordert. Die Kosten für eine Wallbox im Betrieb liegen heute zwischen 4.500 und 6.500 Euro. Wenn mehr Elektrofahrzeuge kommen, wird das aber nicht ausreichen. Betriebe, die sich da weiterentwickeln wollen, beraten wir gerne individuell. AH: Von wie viel Serviceumsatz pro Fahrzeug gehen Sie bei Elektromobilen aus? J. Bures: Hier gilt es, unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Auf der einen Seite werden verschiedene Servicearbeiten entfallen, zum Beispiel rund um die Aggregate. Auf der anderen Seite werden durch die E-Technologie neue Leistungen hinzukommen, die den Verlust teilweise kompensieren. Generelle Wartungen sind auch weiterhin notwendig. Wir gehen daher insgesamt davon aus, dass sich der Lohnumsatz durch die Elektromobilität kaum ändern wird. Ein Drittel weniger Teileumsatz AH: Und wie viel Teileumsatz? J. Bures: Bei den batteriebetriebenen Fahrzeugen gehen wir von einem um ein Drittel rückläufigen Teileumsatz pro Fahrzeug aus. Derzeit gibt es aber auch gegenläufige Trends: Wir haben schmalere Reifen, damit eine geringere Aufstandsfläche und höhere Drehmomente, die über die Reifen auf die Straße übertragen werden. Wir haben die Rekuperation der Batterien. Das heißt, wir werden einen höheren Reifenverschleiß haben. Die Autos sind schwerer, die größere Masse muss beschleunigt und abgebremst werden. Auch das führt zu einem höheren Reifenverschleiß. Die Batterien selbst müssen gekühlt werden, auch da gibt es die Notwendigkeit, die Kühlflüssigkeitsmodule zu prüfen und zu warten. AH: Dreh- und Angelpunkt der neuen digitalen Servicewelt bei Volkswagen soll das Kundenportal werden. Es soll dem Kunden Zugang zu allen Informationen, Services und Produkten zu seinem Fahrzeug und zu seinen Mobilitätsbedürfnissen eröffnen. Was gibt es dabei für die Partner zu tun? J. Bures: Um am Markt erfolgreich zu sein, ist es entscheidend, dass die Erwartungshaltung der Kunden erfüllt wird. Und da spielen digitale Angebote natürlich eine wichtige Rolle. Wichtig ist für unsere Partner vor allem das Verständnis, dass die digitale Welt eine Ergänzung zur bisherigen Welt ist und Veränderungen mit sich bringt. Das neue Kundenportal wird zum digitalen Hub zwischen Kunde, Handel, Fahrzeug und Marke. Wir haben damit ein innovatives, datengetriebenes, kunden- und handelsrelevantes Portal geschaffen. Wir sind von der Geschäftsrelevanz überzeugt. Bald Online Terminvereinbarung AH: Wann soll die Online Terminvereinbarung, Angebotserstellung und Bezahlung über ein solches Kundenportal bei VW möglich sein? J. Bures: Ausgewählte Händler werden das ab September im Pilotstatus anbieten. Der Kunde kann dann in das Werkstattplanungssystem des Partners schauen und sich Tag und Zeit aussuchen. 2018 soll diese Funktion integriert in CROSS dem Händlernetz zur Verfügung stehen. Der Volkswagen Partner hat heute schon die Möglichkeit, im Kundenportal händlerindividuelle Angebote bereitzustellen. Mit der Integration der Zubehör-Shops stehen aktuell Shop-Funktionalitäten zur Verfügung. Auf dieser Basis werden die Angebote im Kundenportal sukzessive weiterentwickelt. AH: Künftig sollen auch Remote Software Updates möglich sein und der Zukauf von "Functions on Demand", also der Kauf von Fahrzeugfunktionen für einen bestimmten Zeitraum. Was muss die IT eines Servicebetriebes dafür leisten können? J. Bures: Generell verfolgen wir den Ansatz, die Anforderungen an die IT des Servicebetriebs überschaubar zu halten und diese im bereits bekannten Rahmen zu halten. Ein schon heute bedeutender Aspekt ist etwa die Leistungsfähigkeit des WLAN in der IT-Infrastruktur des Autohauses. Derzeit werden die notwendigen Prozesse ausgeplant, die in die finalen IT-Anforderungen münden. In IT-Leistungsfähigkeit investieren AH: Welche Investitionen sind beim Servicebetrieb hierfür nötig? J. Bures: Wir leben in einer Zeitenwende. Wenn ein Betrieb sich entschließt, da mitzumachen, dann muss er in IT-Leistungsfähigkeit investieren. Wir beraten unsere Partner auch hierzu gerne. AH: Es wird überlegt, Nachrüstlösungen für ältere Fahrzeuge anzubieten, um auch aus älteren Fahrzeugen ein "Connected Car" zu machen. Das soll ermöglichen, auch mit Haltern älterer Fahrzeuge in Kontakt zu bleiben. Wie teuer darf eine solche Lösung Ihrer Meinung nach sein, um noch angenommen zu werden? J. Bures: Das bestimmt der Markt. Wir meinen, mit unter 40 Euro pro Volkswagen Connect Einheit den Preispunkt optimal getroffen zu haben. Es gibt viele junge Leute, die ältere Fahrzeuge fahren und affin sind zu solchen Themen. Wir werden das ab Anfang nächsten Jahres mit 14 Pilotbetrieben anbieten und sind zuversichtlich, im Markt auf großes Interesse zu stoßen. AH: Vielen Dank für das Gespräch! Interviews: Doris Plate

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