Interview: Qualitätsverbesserungen anstoßen

Als Prüforganisation ist die TÜV Rheinland Kraftfahrt GmbH ein Helfer bei der Qualitätssicherung. Worauf es bei Werkstatttests ankommt und warum die Dienstleistungsqualität immer mehr in den Vordergrund rückt, erklärt Marco Hartberger, Leiter Werkstattqualitätsprojekte bei TÜV Rheinland. AH: Herr Hartberger, für die einen sind Werkstatttests eine Möglichkeit, das eigene Können zu zeigen, während andere Kosten, Image-GAU oder sogar um den Servicevertrag fürchten. Wer hat Recht? M. Hartberger: Man muss zwischen den Arten von Tests unterscheiden. Zum einen gibt es Werkstatttests, die durch Hersteller, Importeure, Werkstattkonzepte, Autohausgruppen, Autohäuser oder Werkstätten inszeniert werden, die sog. "klassischen Werkstatttests". Daneben gibt es die "Pressetests", bei denen die Ergebnisse der Allgemeinheit veröffentlicht werden. Bei klassischen Werkstatttests erfahren weder der Testkunde noch andere Außenstehende Ergebnisse und Details der Tests. Die Mängelüberprüfung und der gegebenenfalls notwendige Mängelrückbau erfolgt ebenfalls nicht im Beisein des Kunden. Bei Pressetests ist dieses schon anders, die Ergebnisse werden teilweise "knallhart" kommuniziert - aber auch da hat z. B. der ADAC beim letzten "Verbraucherschutz-Test" die Vorgehensweise geändert, indem es keine Einzeltests beim Autohaus gab, sondern mindestens drei Tests, bei größeren Abweichungen auch drei Tests pro Standort, um ein klares und faires Bild zu erhalten. AH: Welche Art von positiven Veränderungsprozessen kann ein Werkstatttest nach sich ziehen? M. Hartberger: Mittels Werkstatttests werden zum einen die Servicekernprozesse im Autohaus, zum anderen aber auch die technische Leistung der Werkstatt geprüft. Eine Empfehlung zur Häufigkeit der Tests ist abhängig von Betriebsgröße und Ergebnissen. Wichtig ist aber auch zu wissen, dass - im Falle von Auffälligkeiten nur in Teilen des Tests - auch gezielte Tests durchgeführt und auch gezielte Maßnahmen entwickelt werden können. Stellt man also während Werkstatttests fest, dass der Technikteil wiederholt top ist, der Service jedoch verbesserungswürdig, könnte man dort mit entsprechenden MysteryChecks häufiger die Qualität prüfen. AH: Welche weiteren Möglichkeiten für Qualitätsverbesserungen sehen Sie? M. Hartberger: Neben verschiedenen Tests, MysteryShoppings und Checks gibt es die Möglichkeiten von Coachings und Beratungen. Mit Automotive Retail Consult bietet TÜV Rheinland tiefergehende Maßnahmen an. Dieses können klassische Kennzahlenanalysen sein. Unser Beratungsbereich kann aber auch vor Ort - gezielt für das jeweilige Autohaus - eine Analyse der Kernprozesse, Schnittstellen und Prozesse im Autohaus durchführen. Workshops zur Erarbeitung von standortbezogenen best practice cases und Schnittstellendefinitionen führen zu Steigerungen in Qualität und Auslastung. AH: Braucht es den Blick von außen? M. Hartberger: Als Betriebsblindheit wird umgangssprachlich eine routinemäßige Arbeitsweise bezeichnet, an der keine Selbstkritik geübt und keine Veränderungsmöglichkeit gesehen wird. Im laufenden Produktionsprozess kann sie zu geringerer Effektivität und somit zum Wettbewerbsnachteil führen. Eine Betriebsblindheit kann in der Regel nur durch Anstöße und Impulse von außen - von Nichtbetriebsangehörigen - erkannt und verändert werden. Von daher ist die externe Betrachtung unumgänglich. AH: Welche Quote muss der Betrieb erfüllen, um den Test zu "bestehen"? M. Hartberger: Je besser das Ergebnis, umso besser der Betrieb. Die Bestehens-Regeln werden von den Auftraggebern definiert. Je nach Wunsch wird nur der technische Teil oder nur der Service-Teil gewichtet. Es können aber auch alle Teile gewichtet und gewertet werden. Teilweise besteht auch eine "Null-Fehler-Toleranz". AH: Welche Arten von Service- bzw. Werkstatttests bietet TÜV Rheinland an? M. Hartberger: TÜV Rheinland bietet für Autohäuser & Werkstätten ein sehr breites Portfolio zur Messung der Qualität im Sales- und Aftersales-Bereich. Angefangen von klassischen Mystery-Calls und Mystery-Mails über Mystery-Shopping bis hin zum Werkstatttest mit Mängelverbau. Alle Testvarianten sind optional mit sofortigem Aufdeckgespräch, einem Soft-Coaching möglich. AH: Wo liegen die Anteile zwischen Soft Skills und technischen Kontrollen? M. Hartberger: Die Presse hat Verhältnisse von 30 zu 70 bzw. 40 zu 60 (Service/ Technik), viele Auftraggeber wählen aber das Verhältnis 50/50. AH: Welche Hilfestellung bietet Ihr Unternehmen nach dem (schlechten) Test? M. Hartberger: Das Soft-Coaching nach dem Test bringt erste Ansätze zur Verbesserung. Unsere Profis vermitteln "Best Practice"-Ansätze schon bei Testaufdeckung. Je nach Wunsch führen wir aber auch Schulungen, Beratungen & Workshops und weitere gezielte Tests durch. AH: Den TÜV Rheinland-Award gibt es seit 2010. Was sind die Hauptgründe? M. Hartberger: TÜV Rheinland will Autohäusern und Werkstätten die Möglichkeit geben, sich selbst hinsichtlich Kundenqualität zu prüfen. Nur Betriebe, die sich für die Zukunft entsprechend ausrichten, können weiter bestehen; davon profitiert dann wieder TÜV Rheinland. AH: Beteiligen sich auch kleinere Betriebe? M. Hartberger: Der Anteil der großen Betriebe und Autohausgruppen ist sicherlich größer, die Zahl der kleineren Betriebe steigt jedoch stetig. Aus diesem Grund wurde dieses Jahr auch der Award für "Servicebetriebe" ermöglicht. AH: Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus den vorangegangenen Tests? M. Hartberger: Die Branche ist hinsichtlich Qualität und Kundenservice auf einem immer besseren Niveau. Gerade bei den Top-Ten-Gewinnern sind die Unterschiede lediglich Nuancen. Interview: Martin Schachtner Marco Hartberger ist als Leiter Werkstattqualitätsprojekte bei der TÜV Rheinland Kraftfahrt GmbH u. a. für Werkstatttests zuständig.

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