Auto1 Group: "Flexibel im Zukauf und Verkauf reagieren"

AH: Herr Lasek, 2021 war nicht nur durch die Corona-Pandemie, sondern auch durch die Lieferkrise bestimmt. Wie lief das Jahr für Auto1.com? R. Lasek: Die Chipkrise wirkt sich primär auf das Neuwagengeschäft aus und aufgrund der Lieferengpässe im Neuwagen-Segment weichen viele Händler verstärkt auf den Handel mit Gebrauchtwagen aus. Wir sehen insgesamt bei uns auf der B2B-Plattform Auto1.com einen signifikanten Anstieg der Händleraktivität. Sei es im Hinblick auf die Anzahl der bietenden Händler, die getätigten Fahrzeugaufrufe und Merklisteneinträge, die Anzahl der platzierten Gebote und - last but not least - die Anzahl der gehandelten Fahrzeugeinheiten. AH: Wie viele Händler sind bei Ihnen aktiv? R. Lasek: Europaweit sind über 60.000 Händler in über 30 Ländern aktiv auf der Plattform tätig. AH: Wie viele Fahrzeuge sind im Bestand? R. Lasek: Trotz anhaltender Chipkrise können wir unsere Partnerhändler zuverlässig mit sehr interessanter Handelsware versorgen. Aktuell haben wir über 40.000 Fahrzeuge auf Auto1.com online verfügbar und täglich kommen Tausende "frische" Gebrauchte hinzu. Aufgrund unserer diversifizierten und europaweiten Beschaffungskanäle können wir unseren Partnerhändlern - auch in Zeiten, in denen eine gewisse Beschaffungsknappheit herrscht - eine täglich hohe Angebotsvielfalt anbieten und die gestiegene Nachfrage sehr gut bedienen. AH: Wie viele Fahrzeuge wurden 2021 an Händler und an Privatleute verkauft? R. Lasek: Im dritten Quartal konnte Auto1.com mehr als 145.000 Fahrzeuge verkaufen, eine Steigerung zu 2020 um 24 Prozent. In den ersten drei Quartalen im Jahr 2021 konnte Auto1.com bereits über 402.200 Fahrzeuge an Händler verkaufen. Eine Steigerung von 20 Prozent zum gleichen Zeitraum im letzten Jahr. Das Netzwerk unserer Remarketingpartner wächst stetig: Die Anzahl der aktiven Händler hat sich im zweiten Quartal 2021, gegenüber des Vorjahresquartals, um über 140 Prozent gesteigert. Bei den verkauften Einheiten konnten wir, verglichen mit dem ersten Halbjahr 2020, sogar einen Zuwachs von 83 Prozent verzeichnen. Auch die erhöhte Nachfrage nach Gebrauchtwagen können wir über unsere verschiedenen Bezugskanäle bedienen. Unsere Einlieferer profitieren von dieser Entwicklung, da wir unser europaweites Käufernetzwerk aktiv halten und neue Käuferschichten erschließen. Autohero-Retailgeschäft erzielt ein weiteres Rekordquartal (Q3 2021) mit einem Anstieg der Auslieferungen um 364 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 11.275 Fahrzeuge. AH: Wird Autohero als europäische B2C-Plattform weiter ausgebaut? R. Lasek: Seit Gründung des Unternehmens haben wir uns auf unser organisches Wachstum konzentriert. Daher sind wir in der Lage, unseren Kunden das beste Kundenerlebnis zu bieten, mit einem absolut reibungslosen Fahrzeugankauf und -verkauf. Wirkaufendeinauto.de AH: Wie viele Autos wurden über Wirkaufendeinauto.de (WKDA) von privat eingekauft? R. Lasek: Auto1 Group kaufte erstmals über 160.000 Autos in einem einzigen Quartal über wirkaufendeinauto.de und Remarketingpartner an (Q3 2021). Die Ergebnisse für 2021 werden wir im Rahmen unserer Jahresbilanzkonferenz am 23. März 2022 vorstellen. AH: Wie hoch war der durchschnittliche Verkaufspreis? R. Lasek: Dank unserer digitalen und paneuropäischen Plattform war das dritte Quartal für uns sehr erfolgreich. Allein im dritten Quartal 2021 erwirtschaftete das Händlergeschäft (Auto1.com) einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro, 49 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. In dem genannten Zeitraum (Q3 2021) verkaufte die Auto1 Group insgesamt über 156.000 Fahrzeuge mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis von rund 8.000 Euro. AH: Warum stellen Sie den WKDA- Fahrzeugmarkt ein? Wann ist Schluss? R. Lasek: Der WKDA-Fahrzeugmarkt entstand basierend auf Feedback aus dem Handel. Wir haben dann allerdings relativ schnell festgestellt, dass das Projekt deutlich mehr Ressourcen benötigen würde, um es entsprechend so weiterzuentwickeln, wie es unser eigener Anspruch gewesen wäre. Diese Ressourcen benötigten wir allerdings später für andere, höher priorisierte Themen und Produkte, sodass wir den Fahrzeugmarkt aus strategischen Gründen nicht weiterentwickelt und letztlich jetzt erst mal eingestellt haben. Auch wenn wir als Unternehmen in den vergangenen Jahren extrem schnell gewachsen sind, wollen wir uns die Agilität und Flexibilität aus den Anfangsjahren erhalten. Das betrifft nicht nur die Entwicklung von neuen Produkten und Services, sondern auch die Beurteilung existierender Lösungen. Neue Wettbewerber AH: Wie schätzen Sie neue Wettbewerber-Plattformen zur GW-Direktvermarktung ein? R. Lasek: Als Multi-Brand Technologieunternehmen ist die Auto1 Group in Europa bereits stark etabliert und klarer Marktführer im An- und Verkauf von Gebrauchtwagen online. Über unsere wirkaufendeinauto.de Marken sind wir europaweit der größte Käufer von privaten Gebrauchtwagen, welches uns ermöglicht, eine riesige Bandbreite an Gebrauchtwagen zum Verkauf anzubieten. Im Ankauf können wir unseren Kunden die besten Preise anbieten, da wir über den führenden Datensatz für den europäischen Gebrauchtwagenhandel verfügen. Jede Woche geben über 10.000 Kunden ihre Fahrzeuge bei einer von unseren über 400 Abgabestellen in Europa ab. Im Verkauf sind wir mit Autohero europaweit der schnellstwachsende Onlineverkäufer von Gebrauchtwagen. Wir erleben eine sehr starke Nachfrage, da unsere Kunden die große Vielfalt an Fahrzeugen, die erstklassige Qualität und unseren exzellenten Kundenservice wertschätzen. Unser Ziel ist es, weiterhin in unseren Geschäftsfeldern stark zu wachsen und unseren Kunden das mit Abstand beste Kauferlebnis zu bieten. AH: Welche Rolle spielt das Thema Digitalisierung für Sie bzw. den GW-Handel? R. Lasek: Die Digitalisierung wird auch im kommenden Jahr weiter voranschreiten, ganz klar. Unser Ansatz ist es jedoch nicht, digitale Lösungen um des Digitalisierungswillen anzubieten, sondern wir wollen den Händlern einen Mehrwert bieten. Wir hinterfragen regelmäßig unseren Status quo, sind im ständigen Austausch mit unseren Partnerhändlern und das mit dem Ziel, Prozesse für sie zu verschlanken, zu vereinfachen und zu beschleunigen - kurzum: wenn der Händler mit unseren Services seine Prozesse, sei es beim Zukauf, bei der Vermarktung, dem Fahrzeugtransport und/oder dem Dokumentenhandling, effizienter gestalten kann, gewinnt er Zeit. Und die kann er nutzen, um sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren oder auch neue Geschäftsfelder zu erschließen. Elektromobilität AH: Mit dem Boom bei E-Autos wird das Thema auch zunehmend wichtig für das GW-Geschäft. Merken Sie das bereits? R. Lasek: Als Europas größte Gebrauchtwagenplattform beschäftigen wir uns natürlich auch mit dem Handel von gebrauchten E-Fahrzeugen. Aufgrund unserer Größe ist der Anteil der E-Fahrzeuge prozentual dem Prozentanteil der Zulassungsstatistik des jeweiligen Landes ähnlich. Was sich für uns und für den Handel in Zukunft verändern wird, ist die Menge an E-Autos, die gehandelt werden, und hierfür überarbeiten wir derzeit auch unsere Tools und Apps, um wichtige Qualitätskriterien für E-Fahrzeuge auch digital dokumentieren zu können. Nur so können wir sicherstellen, dass bei der Bewertung, Bepreisung und Vermarktung alle Daten auch bei den Elektroautos vollständig erfasst werden. AH: Wie wird sich der GW-Markt 2022 entwickeln? R. Lasek: Es gibt viele Meinungen, die teilweise stark auseinandergehen. Wir gehen davon aus, dass es keinen "Tag X" im Jahr 2022 geben wird, sondern sich die Lage für jeden Hersteller individuell entspannt und somit sich der Markt nach und nach erholt. Manche Hersteller haben sich bereits Ende Oktober positiv geäußert, dass man die Talsohle der Chipkrise durchschritten hätte und die Produktionslage sich bessert. Andere Hersteller sind zurückhaltender und sehen die Entwicklung weniger positiv. Wann sich der Markt wieder normalisiert, können wir auch nicht absehen, deswegen konzentrieren wir uns darauf, dass wir unseren Partnerhändlern bis dahin konstant einen erstklassigen Service sowie ein sehr großes Angebot bieten können, mit marktgerechten Preisen für Einlieferer und genügend Ware für kaufende Händler. Dies wollen wir vor allem durch eine noch bessere Vernetzung erreichen, wie beispielsweise unsere digitale Preisverhandlung, die wir letztes Jahr gelauncht haben. Unsere Einlieferer können nun also auf einzelne Gebote digital reagieren und ihrerseits ein Gegenangebot unterbreiten, und so noch mehr erfolgreiche Abschlüsse generieren. AH: Auf welche Themen oder auch Herausforderungen muss sich der Handel 2022 besonders einstellen? R. Lasek: Das Vertriebsmodell zwischen den Herstellern und dem Handel ist nicht zuletzt aufgrund des Agenturmodells 2022 stark im Wandel. Hierauf werden Händler adäquat reagieren müssen. Eine Möglichkeit, darauf zu reagieren, ist, dass die Händler ihren Inzahlungnahmeprozess besser managen und effizienter gestalten. Das beinhaltet auch, dass sich die Händler für Fremdfabrikate öffnen sollten. Wir merken den Vormarsch des Agenturmodells insoweit, als dass die Nachfrage nach unseren Tools für das Gebrauchtwagengeschäft steigt. Denn das Agenturmodell schränkt ja in den meisten Fällen die Handlungsfreiheit des Händlers ein. Die meisten dürfen künftig nur noch den freien Zukauf und Inzahlungnahmen selbst steuern. Diese immer marktgerecht einzukaufen, zu bewerten und zu vermarkten ist natürlich eine riesige Herausforderung. Und genau hier sehen wir uns in der Pflicht, mit unserem Auto1 Preisindikator, unserer Auto1 EVA App und unserer Reichweite den Händlern entsprechende Services zu bieten, mit denen sie höchst flexibel im Zukauf und Verkauf reagieren können. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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