Ausgabe 13/2014: Rentabler werden

Die Importeure Peugeot und Citroen haben angekündigt, die bestehenden Werkstattverträge sowie die bestehenden Teile- und Zubehör-Großhändlerverträge der Partner mit Wirkung zum 30. Juni 2016 zu kündigen. AUTOHAUS sprach mit Marcel de Rycker, Geschäftsführer Peugeot Deutschland, und Holger Böhme, Geschäftsführer Citroen Deutschland, über die Gründe für die bevorstehenden Veränderungen. AH: Wieso wollen Peugeot und Citroen die Serviceverträge kündigen? De Rycker: Wir wollen uns mit dem Händlernetz in Zukunft noch besser aufstellen, um unsere Kunden langfristig an die Marke zu binden. Dabei geht es aber nicht nur um den Service, sondern auch um Teiledistribution. Manche Händler konnten bisher noch nicht einmal täglich beliefert werden. Das wirkt sich negativ auf die Kundenzufriedenheit aus und geht einfach nicht. Außerdem wollen wir im Service ein einheitliches Leistungsniveau der Vertragspartner sicherstellen. Es kann z.B. nicht sein, dass wir innerhalb Deutschlands Händler mit einem derart unterschiedlichen Erscheinungsbild haben. Wir wollen, dass unsere Vertragspartner den Ansprüchen der Kunden auf einem einheitlich hohen Niveau genügen. Deshalb haben wir die Auswahlkriterien der Werkstattverträge neu definiert. AH: Wollen Sie das Netz ausdünnen? De Rycker: Nein. Jeder Servicepartner kann sich jetzt wieder bei uns bewerben und jeder, der die neuen Kriterien erfüllt, wird von uns auch weiterhin einen Servicevertrag erhalten. Im Neuwagenbereich ändert sich außerdem nichts. Die Verträge bleiben unangetastet. Die Veränderung betrifft nur Teile und Service und damit wollen wir die Kundenzufriedenheit und die Rentabilität unserer Händler verbessern. Die Maßnahmen werden helfen, die Investitionen unserer Händler noch wirkungsvoller zu machen, und ich glaube, dass wir damit einen wirklich großen Schritt machen werden. Böhme: Es ist wichtig, dass alle Partner ein vergleichbares Niveau haben. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall. Vom Prachtbau bis zur Hinterhofwerkstatt war in unserem Händlernetz alles dabei. Das eine ist das Optische und das andere ist das, was dahinter steckt. Deshalb legen wir angesichts der technologisch immer komplexeren Fahrzeuge z. B. großen Wert darauf, dass ausreichend geschultes Personal vorhanden ist. Und wir müssen unseren Partnern gegenüber gerecht sein, die viel Geld in ihre Betriebe investieren und sich im NW-Geschäft stark für unsere Marke engagieren. Es kann nicht sein, dass Betriebe mit reinem Servicevertrag, einem niedrigeren Stundenlohn und niedrigerem Leistungsniveau den investierenden Händlern schaden, indem sie das Markenimage beeinträchtigen. Deswegen haben wir diesen Schritt jetzt vorgenommen. Er war überfällig. Diskussionsbedarf AH: Wie haben die Händlerverbände auf Ihre Maßnahmen reagiert? Böhme: Ich denke, dass auch der Verband den Handlungsbedarf erkennt. Die neuen Kriterien im Service sind nachvollziehbar und jeder Vertragspartner kann sich auf sie einstellen. Nur bei den Teilegroßhändlern wird es natürlich Diskussionsbedarf geben. Aber da muss ich sagen, wir schauen, was andere machen, und es kann nicht sein, dass wir als Organisation den Teilehandel nicht in der Hand haben. AH: Von wie vielen Großhändlern sprechen wir hier? Böhme: Wir haben über beide Marken ca. 310 Großhändler, aber viele sind Eigenversorger mit einem Teilegroßhändlervertrag. Wir haben 15 bis 20 echte Großhändler, die andere Partner beliefern, die eine eigene Teileversorgung sicherstellen, die mit eigener Logistik arbeiten und die Lagerbestände haben. AH: Denen nehmen Sie die Lagerbestände ab und bezahlen einen Ausgleich dafür? De Rycker: Fest steht, dass die echten Großhändler wichtige Partner für uns sind, die auch im Neuwagengeschäft in die Marke investieren. Wir wollen sicherstellen, dass wir ordentlich mit ihnen umgehen. Für uns ist es sehr wichtig, dass wir mit diesen Händlern partnerschaftlich weiter zusammenarbeiten. Für einige Händler ist die Veränderung natürlich nicht ganz ohne, weil sie Personalkonsequenzen mit sich bringt und Lagerbestände bestehen. Grundsätzlich bleibt während der zweijährigen Kündigungsfrist genügend Zeit, Lagerbestände abzubauen. Aber wir werden uns mit ihnen an einen Tisch setzen und schauen, welche individuellen Konsequenzen für den Händler entstehen. Denn ehrlich gesagt: Diese Händler wollen wir nicht verlieren. Schulung und Qualifikation AH: Ist der neue Servicevertrag schon fertig? De Rycker: Die neuen Kriterien sind bereits klar formuliert. Aber wir werden uns noch mal mit unseren Händlerverbänden zusammensetzen, um die Auslegung abzustimmen. Böhme: Schulung und Qualifikation des Personals werden wichtige Punkte im neuen Vertrag sein und die regionale Lage wird zukünftig einen Unterschied machen. Denn man muss in einer ländlichen Gegend anders arbeiten als in der Stadt, und darauf haben wir die Kriterien ausgerichtet. Wir haben zum Beispiel festgelegt, wie viel Personal im ländlichen Bereich vorzuhalten ist Wir haben Mindestkriterien festgelegt, die erfüllt werden müssen. Regional unterscheiden wir zwischen Land, Stadt und Metro. AH: Wie definieren Sie Land, Stadt und Metro? Böhme: Wir haben jeden statistischen Bezirk analysiert, um ihn einzustufen. Im Regelfall ist zwar klar, was als städtisch, ländlich oder Metro zu bezeichnen ist. Aber es gibt auch Ausnahmen, wo vielleicht aufgrund von Historie eine andere Einstufung vorgenommen wird. Unsere eigenen Niederlassungen in den Metros sind von den Veränderungen übrigens genauso betroffen wie andere Händler. Alle müssen sich anpassen. AH: Setzen Sie in Metropolregionen eher auf größere Händlergruppen? De Rycker: Das ist richtig. Aber die großen Gruppen sind bei uns oft auch Familienunternehmen. Riesengruppen haben wir eigentlich wenig. Für kleinere Servicepartner wird es in den Metros sicherlich schwieriger werden in der Zukunft, weil größere Händler profitabler arbeiten müssen, aber im ländlichen Bereich ist das kein Thema. Böhme: Wir fahren eigentlich sehr gut mit den starken Händlern, die wir haben. Denen geben wir natürlich auch die Möglichkeit, für uns in einem neuen Gebiet in einen Open Point zu investieren. Wenn keiner möchte, akquirieren wir auch sehr erfolgreich extern neue Händler, wie zuletzt in Regensburg oder Passau. Open Points besetzen AH: Welche Zielgröße haben Sie für Servicepartner? Böhme: Wir wissen alle, dass die Netze in Zukunft nicht so bleiben können, wie sie heute sind. Deswegen brauchen wir Partner, die Geld verdienen können, um dieses Geld auch wieder für die Marke zu investieren. Denn wir müssen auch Geld verdienen. De Rycker: Wir können heute einige Open Points wegen der aktuellen Netzstruktur nicht besetzen. Peugeot hat seine Open Points vor allem im östlichen Teil Deutschlands. Böhme: Wir haben 50 Open Points, überwiegend im Süden Deutschlands, von denen wir 25 aufgrund ihres Potenzials prioritär besetzen wollen. Es ist wirklich eine wichtige Grundlage für unser Geschäft, diese Punkte zu besetzen. Wir haben heute ca 760 Serviceverträge. Es kann sein, dass sich diese Zahl nun reduziert, dies können wir aber nicht voraussagen, weil beide Marken berechtigte Wachstumserwartungen im deutschen Markt haben, und das setzt natürlich auch wieder Möglichkeiten für Händler frei, zusätzliche Potenziale im Service zu heben. De Rycker: Bei Peugeot sind es derzeit fast 780 Serviceverträge. Wie viele Serviceverträge wir zukünftig haben werden, hängt davon ab, wer sich bei uns bewirbt und ob die Kriterien erfüllt werden. Die Händler haben es selbst in der Hand. Jeder kann sich qualifizieren. Aber wir müssen in jedem Fall flächendeckend arbeiten. AH: Die Kündigung greift erst in zwei Jahren. Hätten Sie nicht auch eine Strukturkündigung machen können? Böhme: Hätten wir machen können, wollten wir aber nicht. Wir wollen uns unseren Partnern gegenüber korrekt verhalten und in zwei Jahren hat wirklich jeder die Chance, sich darauf einzustellen und die Vorgaben zu erfüllen. Wir wollten kein Hauruck machen wie andere Hersteller, die plötzlich Briefe an ihre Händler verschicken. Zielgröße Rentabilität AH: Was ist Ihre Zielgröße bei der Rentabilität? Böhme: Wenn ein Händler investieren soll, muss eine durchschnittliche Rendite von deutlich über einem Prozent das Ziel sein. Wir sehen schon heute, dass mehr drin ist, wenn die Voraussetzungen stimmen. Hier wollen wir uns verbessern. De Rycker: Wir wollen bei Peugeot mindestens eine Rendite von 1,5 Prozent erreichen. Unter diesem Level können die Händler nicht gewährleisten, dass sie weiter in die Marke investieren. Wir wissen alle, wie wichtig der Service für das Gesamtgeschäft ist, und wenn wir uns dort besser aufstellen, sind wir auf einem guten Weg dahin. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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