Auktion & Markt: Wenn der digitale Hammer fällt

Wie inspirierend es sein kann, wenn Tradition und Moderne aufeinandertreffen, spürt man in der Sandbornstraße 2. Hier in Wiesbaden Dotzheim sitzt die 1988 gegründete Auktion & Markt AG - im historischen Gemäuer einer ehemaligen Ölmühle. Ein beeindruckendes Industriedenkmal, in dem der GW-Vermarkter ständig an neuen Features und Lösungen für seine Plattform Autobid.de arbeitet. Schließlich sieht man sich heute in erster Linie als Auktionshaus in digitaler Form. "99 Prozent unserer Auktionen laufen online ab", erklärt Günter Kaufmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender, im Besprechungsraum. Gleich nebenan arbeiten die Experten des Teams "Projekt & Innovation", die Anregungen aus dem Markt und priorisierte Maßnahmen aus dem Vorstand direkt umsetzen oder neue Geschäftsmodelle konzipieren. Doch dazu später. Bis zu 4.000 Fahrzeuge versteigere man wöchentlich an registrierte Händler, so Kaufmann. "120.000 Fahrzeuge sind es vergangenes Jahr insgesamt gewesen", betont er stolz. Man wachse seit Jahren organisch. Und auch für die Zukunft macht sich Kaufmann keine Sorgen: Anders als beispielsweise im Bereich der Finanzdienstleistungen muss Auktion & Markt nicht in einem harten Verdrängungswettbewerb agieren. "Bei uns ist noch gesundes Wachstum möglich." Auf dem großen Screen im Besprechungsraum ist jetzt das Auktionsbarometer zu sehen, welches das Unternehmen als zentrales Element seiner Auktionen betrachtet und das die aktuellen Gebote in Echtzeit visualisiert. Ein Blick nach rechts: Analog zum Anzählen des Auktionators, wie man es von einer Live-Versteigerung kennt, können sich Kfz-Händler zudem an der Hotbid-Phase orientieren. Ist diese abgelaufen, bekommt der Höchstbietende den Zuschlag. Um in diesem Prozess und bei der Vielzahl an Auktionen nicht den Überblick zu verlieren, haben die IT-Entwickler Mein-Autobid.de kreiert. Welche Autos befinden sich im Zwischenlager? Wie sieht die Biethistorie aus? Und muss ich noch ein Fahrzeug per Klick freigeben? Antworten auf diese Fragen liefert das übersichtliche Tool, mit dem die Einlieferer und Käufer das Ganze selber steuern können. Darüber hinaus finden Website-Besucher neuerdings unter dem Label "Greencars" relevante News und Angebote zu diesem viel diskutierten Thema. Egal, ob Hybrid oder Stromer - die Hessen bündeln alle Auktionsfahrzeuge alternativer Antriebsarten unter einer Rubrik. Zudem können sich die interessierten Händler, die auf den E-Mobilitäts-Zug aufspringen möchten, dank eines RSS-Feeds bequem auf dem Laufenden halten. Wer nun in der Navigationsleiste links auf einen Hersteller oder eine Antriebsvariante klickt, der kann seinen favorisierten Stromer auswählen - und nach erfolgreicher Auktion auf seinem Hof vermarkten. Wertschöpfungskette im Fokus Manager Kaufmann macht im Gespräch mit AUTOHAUS mehrmals deutlich, welche Chancen er für sein Unternehmen in der Digitalisierung sieht. "Der Ausbau unserer Website mit neuen Tools und innovativen Features stand bislang schon im Vordergrund." Natürlich bleibe die Webpräsenz auch künftig nicht statisch, entlang der Wertschöpfungskette möchte man Neues bieten. Dabei immer im Fokus: Sicherheit und Usability. "Unser Online-Marktplatz wird an den Bedürfnissen der Kunden weiter ausgebaut, die Prozesse werden weiter verbessert." Bereits erfolgreich umgesetzte Beispiele sind aus seiner Sicht die neue App, die die Bietfunktion aufs Smartphone der Nutzer bringt und sehr gut angenommen wird, sowie die Direktfinanzierung von Fahrzeugen mit dem Partner BMW Bank. "Wir sind in Gesprächen mit weiteren Autobanken - sowohl mit Captives als auch Non-Captives", bestätigt Kaufmann auf Nachfrage. Neues C2B-Tool kommt 2019 Für Aufsehen könnte sorgen, was der inhabergeführte Mittelständler noch in der Schublade unter Verschluss hält: das Inzahlungnahmetool. "Wir arbeiten an dem Thema C2B", sagt Kaufmann, "und zwar nicht losgelöst vom Kfz-Handel, sondern in Kooperation mit ihm." Im vierten Quartal könnte die neue Lösung auf den Markt kommen, die die Hessen offenbar mit einem namhaften Partner entwickeln. Dabei handelt es sich laut Kaufmann um "einen bekannten Player", mehr möchte der aktuell noch nicht verraten. Der Handel sei gut beraten, Inzahlungnahmen im Haus zu behalten und über Auktionen zu vermarkten, ist sich Kaufmann sicher. Es bleibt also spannend. Zumal im GW-Geschäft dank der neuen Anbieter wie Heycar und DeineAutobörse.de sowie der Öffnung von Wirkaufendeinauto.de für Händler ohnehin schon ordentlich Musik drin ist. Kaufmann beschreibt das Aufbrechen des früheren Duopols übrigens als "gesund". Apropos gesund. Wie wird Auktion & Markt in fünf Jahren dastehen? "Wir haben uns dann weiterentwickelt, was die Prozesse angeht, sind deutlich gewachsen und bieten mehr Features entlang der Wertschöpfungskette an", blickt Kaufmann optimistisch in die Zukunft. Auf einen Blick Im Jahr 1988 hat der öffentlich bestellte und vereidigte Auktionator Karl Rolf Muth Auktion & Markt in Wiesbaden aus der Taufe gehoben. Was zu Beginn mit zwei Personen startete, hat sich inzwischen zu einem europaweit agierenden Player mit rund 300 Mitarbeitern entwickelt. Jährlich vermarkten die Hessen 120.000 Fahrzeuge an die 25.000 registrierten Handelspartner in Europa. Zum Markenportfolio gehören Autobid.de, Classicbid und propertybid.de und somit die Branchen "Professioneller Kfz-Handel", "klassische Automobile" und "(Investment-)Immobilien". Traditionell stehe das Unternehmen für ein faires, revisionssicheres Geschäftsgebaren dank höchstmöglicher Transparenz, heißt es auf der Firmen-Website. Interessant: Begann die Erfolgsstory zunächst mit reinen Live-Auktionen, gibt heute der Online-Kanal den Ton an. "Die Live-Aktionen sind mittlerweile eher Event-getrieben", erklärt Günter Kaufmann. "Die Präsenz in der Fläche ist aber unser Gesicht im Markt und wichtig für die Kundenbindung", so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende.

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