Carwow: "Wir spüren einen hohen Beratungsbedarf "

Das Neuwagenkauf-Vergleichsportal Carwow setzt auf die Verknüpfung von digitalem und analogem Verkauf. Der Kunde soll auf der Plattform das Fahrzeug suchen und finden. Im Anschluss erhält er die passenden Angebote verschiedener Händler. Commercial Director Marc Lüers spricht über die aktuelle Lage, Lieferschwierigkeiten und Onlinevertrieb. AH: In welcher Form machen sich die Lieferschwierigkeiten bei Neuwagen im Netz bemerkbar? M. Lüers: Die Lieferschwierigkeiten machen sich insbesondere durch zwei Aspekte bemerkbar. Zum einen sehen wir aktuell steigende Lieferzeiten. Hier gibt es aber merkliche Unterschiede auf Marken- und Modellebene. Bei vielen Marken und Modellen sehen wir stabile Lieferzeiten, bei einigen Modellen sind sie jedoch auch stark gestiegen - über Segmente hinweg. Wir beobachten diese Entwicklungen sehr genau und kennen die aktuellen Lieferzeiten für unsere Top-Modelle. Die zweite Folge ist ein geringerer Preisdruck als in den Vorjahren, insbesondere auf Herstellerseite. Trotz einer sehr herausfordernden Marktentwicklung gibt es vergleichsweise wenig Preisimpulse im Markt. AH: Hat sich das Angebot bereits deutlich verringert? M. Lüers: Von einer deutlichen und grundsätzlichen Verringerung des Angebots können wir bei uns nicht sprechen, Neuwagen sind weiterhin größtenteils bestellbar. Dennoch haben wir immer wieder Bestellstopps bei einigen Modellen, aktuell zum Beispiel beim ID.3 in der "Pure"-Ausstattungslinie. AH: Von welchen Wartezeiten muss man aktuell ausgehen? M. Lüers: Die durchschnittliche Lieferzeit beträgt für die Top-100-Modelle bei Carwow aktuell fünf bis sechs Monate. Unter diesen Top 100 gibt es rund 20 mit einer Lieferzeit von weniger als vier Monaten, einige Modelle haben Lieferzeiten von mehr als zwölf Monaten. AH: Hat sich das Nachfrageverhalten der Kunden bei Carwow bereits verändert? M. Lüers: Unsere Nutzerumfrage von Mai mit fast 2.300 Befragten bestätigt, dass die Lieferzeiten vieler Modelle für Kaufinteressenten aktuell zu lang sind: Mehr als zwei Drittel der Befragten wollen nur bis zu vier Monate auf ihr neues Auto warten. Gleichzeitig würden fast 83 Prozent längere Wartezeiten akzeptieren, wenn Autohersteller dafür im Gegenzug einen zusätzlichen Service anbieten. Wir sind froh darüber, dass die Kaufbereitschaft der Kunden bei Carwow dennoch hoch bleibt, wir konnten die Anfrage-zu-Verkauf-Quote seit dem letzten Jahr trotz längerer Lieferzeiten steigern. Unsere Umfrage von Juni mit 1.420 Befragten zeigt die Trends im Konsumverhalten seit Corona. Auf die Frage, wie sehr sich das Autokaufverhalten aufgrund der Pandemie verändert hat, gaben die Befragten an, dass sie jetzt mehr online recherchieren (48 Prozent) und dadurch einen besseren Preisüberblick (22 Prozent) erhalten. Nur 27 Prozent der Antworten deuten darauf hin, dass sich aufgrund der Pandemie nichts geändert hat. Wie wichtig die Online-Offline-Symbiose auch weiterhin beim Autokauf ist, zeigt, dass nur neun Prozent das nächste Traumauto komplett online kaufen würden. AH: Wie reagiert der Handel auf das eingeschränkte Angebot? M. Lüers: Wir nehmen hier sehr viel gute Kommunikationsarbeit unserer Partner gegenüber den Kunden wahr. Darüber hinaus steigt der Fokus auf den Verkauf von Lagerwägen, auch wir weisen unsere Kunden auf diese Möglichkeiten hin. Im Zuge dessen sehen wir, dass auch attraktive Gebrauchtwagen im Handel aktuell sehr gefragt sind. Elektroautos AH: Wie stellt sich die Nachfragesituation E-Mobile im Vergleich zu Verbrennern dar? M. Lüers: In Summe können wir bei E-Fahrzeugen und Hybriden von einem echten Boom sprechen - hier sind wir froh, vorne dabei zu sein. Von unseren 20 meistkonfigurierten Fahrzeugen sind 16 E-Fahrzeuge. Bei E-Fahrzeugen und Hybriden sehen wir im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum um 100 Prozent, gemessen an Konfigurationen. Bei Benzin/Diesel sehen wir immer noch ein Wachstum von plus 25 Prozent, dieses ist aber deutlich geringer. AH: Lassen sich E-Mobile aufgrund der eingeschränkten Wahlmöglichkeiten leichter im Netz verkaufen? M. Lüers: Mittlerweile ist das Angebot an E-Fahrzeugen stark gestiegen, und wir spüren einen hohen Beratungsbedarf bei unseren Kunden. Wir sehen zum Beispiel, dass bei E-Fahrzeugen eine höhere Anzahl von verschiedenen Fahrzeugen konfiguriert wird als bei Benzinern/Diesel. Das zeigt klar: Die Informationsbeschaffung, Recherche und Beratung wird auch bei E-Fahrzeugen in Zukunft wichtig bleiben und aufgrund der steigenden Modellvielfalt eher noch zunehmen. Verkaufen im Netz AH: Die Nachfrage im Netz nach Neuwagen hat sich coronabedingt erhöht. Wir sprechen aber immer noch von einer Verkaufsanbahnung. Der vollständige Verkaufsabschluss ist - von Ausnahmen abgesehen - längst noch nicht die Realität. Wird sich das bald ändern? M. Lüers: Wir glauben hier nicht an eine schnelle Änderung - gerade beim Verkauf sind persönlicher Kontakt, Beratung vor Ort und auch Probefahrten sehr wichtig. Natürlich werden sich auch hier künftig Prozesse schrittweise in die Online-Welt verlagern - wir werden mit unseren Partnern eng zusammenarbeiten, um zur richtigen Zeit neue Technologien zu nutzen und den Service für unsere Kunden und Partner weiter zu verbessern. Positive Entwicklung AH: Wie hat sich Carwow in diesem Jahr entwickelt? M. Lüers: Wir haben uns gemeinsam mit unseren Partnern in diesem Jahr bisher sehr positiv entwickelt. So konnten wir die Anzahl der Besuche auf carwow.de - wenn man so will die Gesamtnachfrage unserer Kunden - um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Wir entwickeln uns damit deutlich positiver als der Gesamtmarkt. Besonders freuen wir uns auch über die hohe Zufriedenheit unserer Partnerhändler: 90 Prozent der Händler sind mit der Zusammenarbeit zufrieden. Darüber hinaus sind wir mit ersten Marken in den Direktvertrieb gestartet, bauen unser Leasingprodukt weiter aus und haben seit Anfang des Jahres auch Nutzfahrzeuge im Angebot. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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