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60 Jahre BMW 1500 bis 2000 tii: Neue Klasse statt Mittelmaß

03.09.2021 13:00 Uhr | Lesezeit: 6 min
Der BWM 1500 feierte 1961 auf der IAA Premiere.
© Foto: BMW

Mit den Dynamikern der Neuen Klasse katapultierte sich BMW vor 60 Jahren aus der größten Existenzkrise des Unternehmens. Tatsächlich gelang den Mittelklasse-Modellen BMW 1500 bis 2000 tii noch mehr: Mit ihnen befeuerte BMW das Rennen um den besten viertürigen Leistungssportler für Straße und Strecke.

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Wie den 60. Geburtstag einer ikonischen Sportlimousine feiern, die BMW einst aus der größten Unternehmenskrise befreite, ein ganzes Auto-Jahrzehnt mitprägte und als Wegbereiter des BMW 5er Geschichte schrieb? Mit einer Wiederbelebung des legendären Namens Neue Klasse, unter der die von 1961 bis 1972 gebauten Typen 1500-2000 tii bekannt wurden, meint der Münchner Autobauer, und kündigte dazu eine Flotte vollelektrischer Modelle an, die ab 2025 die visionäre Idee der furiosen Neue-Klasse-Typen in die emissionsfreie Zukunft tragen sollen. Tatsächlich gibt es bis heute keine zweite Modellreihe, deren Name so sehr Programm war wie die dynamischen Neue-Klasse-Viertürer, mit denen BMW im September 1961 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt Aufbruchstimmung in die ganze Branche brachte.

Was für ein Auftritt der Bayern: Borgward mit seiner sportlichen Isabella war gerade untergegangen, da füllte BMW die Lücke schon mit einer schnellen 1,5-Liter-Limousine, die von der Fachwelt als optischer Augenschmaus und technische Delikatesse gefeiert wurde. Mit Inspiration von Starcouturier Michelotti hatte BMW-Chefdesigner Wilhelm Hofmeister den BMW 1500 in italienischer Leichtigkeit und Eleganz gezeichnet, und unter dem Blechkleid garantierte ein Triebwerk mit Rennsportgenen viel Temperament. Noch wusste es keiner, aber dieser BMW bot die Basis für eine Familie wilder Typen, die sportliche Trophäen sammelten und als Autobahnstürmer reüssierten – bis der BMW 5er kam.

Neustart aus deaströser Finanzlage

Waren es in den 1950ern die gefragten Winzlinge wie Isetta und 600 sowie die von Michelotti eingekleidete 700-Familie, mit denen BMW die Verluste durch die wenig populären Prachtkarossen BMW 501/502 ein klein wenig kompensierte, gelang den Münchnern der nachhaltige Neustart aus ihrer desaströsen Finanzlage mit den Vierzylindern der "Neue-Klasse-Familie". Den sensationellen Erfolgsträger, der sich hinter den simplen Typencodes BMW 1500 (ab 1961), 1800 (ab 1963), 1600 (ab 1964) und 2000 (ab 1966) verbarg, feierten die Bayern 1972 mit der Eröffnung ihrer 101 Meter hohen Firmenzentrale, die in "Vierzylinder"-Architektur zu den Wahrzeichen von München avancierte. In jenem Jahr übergaben die Neuen-Klasse-Limousine nach über 350.000 verkauften Einheiten den goldenen Staffelstab an die erste Generation des BMW 5ers. Nicht ohne zuvor, im Jahr 1966, die BMW 02-Serie als Urvater aller kompakten Dynamiker und damit auch des BMW 3er initiiert zu haben. Auch die Coupés BMW 2000 C/CS von 1965 sind Kinder der Neuen Klasse, mit der BMW die frisch entdeckte Plattformstrategie – vorläufig noch Baukasten-System genannt – ins Premiumsegment übertrug. Von Anfang an dabei übrigens der berühmte Hofmeister-Knick, jenes markante Designdetail in der C-Säule, das der 1500 in Großserie brachte.


60 Jahre BMW 1500 bis 2000 tii

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"Farbfernsehen nicht aufzuhalten", "Fertighäuser sparen Zeit" oder "Wer baut die erste Raumstation?", lauteten die Schlagzeilen und Trends im Jahr 1961, da nützte es nichts, dass Minister Ludwig Erhard, Vater des deutschen Wirtschaftswunders, "Maß halten" forderte. So viel Leistung wie möglich, nach dieser Devise machte auch BMW seine Mitte stark. Vorbei die Ära kurioser Kleinstvehikel und müde motorisierter Mittelklasse-Modelle der frühen Wiederaufbau-Jahre; die Autokäufer der Technik- und Tempo-verliebten 1960er traf stattdessen die BMW Neue Klasse als familientaugliche Porsche-Herausforderer ins Herz. Dafür genügten dem Vierzylinder mit innovativer oben liegender Nockenwelle (bis dahin charakteristisch für Rennmotoren) anfangs 59 kW / 80 PS, wie die damals einzigartige Anzahl von 25.000 Vorbestellungen und Auszeichnungen a lá "Auto-Oscar" bestätigten. Fast keine Chance ließ der BMW 1500 etablierten Mittelklasse-Konkurrenten wie Opel Rekord, Ford Taunus 17 M, Peugeot 404 oder Lancia Flavia in Vergleichstests. Und diesen fahrdynamischen Vorsprung konnte die Neue-Klasse in finaler Ausbaustufe mit bis zu 96 kW / 130 PS unter den Hauben von BMW 1800 TI/SA und 2000 tii meist wahren, obwohl Glas 1700, Ford 20 M RS, Opel Commodore GS, Alfa Giulia bzw. 1750 oder Volvo Amazon 123 GT nachlegten. Die Mercedes-Heckflossen-Modelle bzw. Strich-Achttypen waren damals übrigens teurer und höher positioniert, denn BMW-Vertriebsstratege Paul G. Hahnemann zielte auf die Nische zwischen Mercedes und Marken wie Audi oder Ford. Dem Leistungshype folgten schließlich aber auch die Sternträger, wie der mit 136 kW / 185 PS aufwartende 280 E ab 1972 drastisch demonstrierte, den BMW dann mit dem Nachfolger der Neuen Klasse in Form des Typs 528 konterte.

So viel Vmax wie möglich

Zugegeben, am Anfang, in erster 1,5-Liter-Ausbaustufe zeichnete sich die aus Prototypen eines bereits in den 1950er geplanten sogenannten Mittelwagens hervorgegangene Neue Klasse noch nicht durch übermäßige Vehemenz aus. So viel Vmax wie möglich, diese Formel galt dann aber für die ab Herbst 1963 folgenden Modelle 1800 und 1800 TI auf Straße und Strecke. Mit 66 kW / 90 PS bzw. 81 kW / 110 PS Leistung waren die Vierzylinder-Viertürer schneller als viele Sechszylinder-Limousinen. Wem das noch nicht genügte, der bestellte entweder einen BMW 1800 TI mit "Alpina-Anlage" und 92 kW/125 PS Leistung oder die Wettbewerbsversion 1800 TI/SA. Das auf 96 kW / 130 PS (im Motorsport bis 136 kW / 185 PS) erstarkte Triebwerk machte die Limousine in Tests rund 200 km/h schnell – und zum Schrecken früher Porsche 911-Piloten. Motorsportlorbeer sammelte die Neue Klasse vor allem unter der Rennsportlegende Hubert Hahne: Gesamtsieg beim 12-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring 1964, Deutscher Rundstreckenmeister 1964, Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Spa 1966 und erste Nürburgring-Nordschleifenzeit für Tourenwagen von unter zehn Minuten lauteten die frühen Triumphe. Die robusten Triebwerksblöcke des Vierzylinders machte der legendäre Motorenentwickler Paul Rosche sogar fit für die Formel 1: 1983 dienten sie als Basis für den 588 kW / 800 PS starken 1,5-Liter-Turbo, mit dem Nelson Piquet auf Brabham-BMW die Weltmeisterschaft gewann.

Ab 1966 forderte das frisch lancierte Topmodell BMW 2000 zum Leistungsmessen. Dies mit einem Motor, der dank fünffach gelagerter Kugelwelle mit acht Gegengewichten über eine viel gelobte Laufkultur verfügte. Optisch gab sich der mindestens 74 kW / 100 PS bzw. mit Einspritzung bis 96 kW / 130 PS leistende Typ 2000 im Rückspiegel an Rechteck- statt Rundscheinwerfern zu erkennen. Feine Details, die genügten, um BMW in der automobilen Schickeria zu etablieren, denn nun setzten auch Sportidole wie der deutsche Fußball-Nationalspieler Berti Vogts ebenso auf die Vierzylinder der Zwei-Liter-Klasse wie der damalige TV-Kult-Ermittler Keller in "Der Kommissar". Und der brasilianische Fußball-Superstar Pelé lobte sogar die Coupé-Variante BMW 2000 CS werbewirksam als "schnellen Stürmer unter den Automobilen". Allerdings war es auch das Coupé, das schon 1969 durch den 2800 CS abgelöste wurde und so den goldenen Sonnenuntergang für die Neue Klasse ankündigte. Drei Jahre später war es so weit: BMW 5er versus Mercedes Mittelklasse lautete das neue Duell.

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