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Autokonzerne vor Generationswechsel: Digitaler Nachwuchs gesucht

08.04.2016 08:15 Uhr
Digitales Testfeld Autobahn
Die Autokonzerne stehen vor dem Eintritt ins digitale Zeitalter.
© Foto: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

Apps, autonomes Fahren, Mobilität als Produkt - die Autokonzerne stehen vor dem Eintritt ins digitale Zeitalter. Das Problem: Die Manager, die diesen Wandel vorantreiben, sind noch zwischen Motoröl und Dieselleitungen groß geworden.

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Von Annika Grah, dpa, und Felix Frieler, dpa-AFX

Geht es um die digitale Zukunft von Daimler, wird gerne mal Ola Källenius vorgeschickt. Schon 2014 durfte der Mercedes-Vertriebschef Daimlers App MercedesMe vorstellen, vergangene Woche war es wieder soweit: Im Streitgespräch mit Google-Deutschlandchef Philipp Justus beim "Auto Motor und Sport"-Kongress wurde Källenius auf die Bühne gesetzt. Der 46-jährige Schwede steht bei Daimler für einen Generationswechsel in mehrfacher Hinsicht. Källenius, der 2017 das Vorstandsressort wechselt und die Entwicklung bei den Stuttgartern übernimmt, wird nicht nur als potenzieller Nachfolger für Konzernchef Dieter Zetsche gehandelt. Er steht auch für eine neue Generation von Managern, die in den Autokonzernen Einzug hält. 

Bislang galten Ingenieure in der Branche als Halbgötter im Vorstand. Die neuen Manager sollen nicht nur etwas von Einspritz-Technik und Drehmomenten verstehen, sondern möglichst schon etwas Zeit im Silicon Valley verbracht haben. "Wir sind mitten in einem Kulturwandel", sagte Källenius selbst diese Woche im Interview mit der "Ludwigsburger Kreiszeitung". Er stieß bei Daimler nicht nur den Online-Handel, sondern führte auch MercedesMe an. In der App können Mercedes-Fahrer nicht nur den Fahrzeugstatus ablesen, sondern beispielsweise auch das Auto aus der Ferne abschließen. 

BMW hat den Generationswechsel schon angestoßen. Mit Harald Krüger sitzt dort seit dem vergangenen Jahr ein Mann auf dem Chefposten, der viele Welten miteinander verbindet. Der 50-Jährige war Techniker, Personalchef und hat auch Erfahrung aus anderen Branchen. Er soll den Spagat schaffen: Weiter mit großen Luxuskarossen Geld verdienen und gleichzeitig das Geschäft neben der Autoherstellung ausbauen, darunter Carsharing und Dienstleistungen. 

"Da prallen Welten aufeinander"

"Die Autobranche durchläuft aktuell einen Wandel wie seit vielen Jahren nicht", sagt Jörg Breiski von der Personalberatung Kienbaum. Bislang zeichne sich die Branche durch einen "sehr qualitätsorientierten Ansatz mit einer sehr hierarchischen und direktiven Organisationsform", aus so Breiski. "Viele Autokonzerne sind sehr viel deutscher und deutsch-zentrierter als man von außen glauben mag." Die Branche sei in der Vergangenheit von ihren jahrelangen Entwicklungszyklen geprägt worden. Die aktuellen Veränderungen hätten hingegen eine ganz andere Dynamik. "Da prallen Welten aufeinander und die klassische Automobilbauerkunst rückt in den Hintergrund", sagt Breiski. 

"In der Digitalwelt gibt es extrem kurze Produktzyklen - ein ganz anderes Denken und Agieren", erklärt Christian Rosen, Spezialist für die Autobranche bei der Managementberatung Egon Zehnder. "Die App reift beim Kunden. Das kann man mit einem Auto nicht machen." Dazu gehörten auch andere Entscheidungs- und Arbeitsstrukturen - kleinere agilere Teams, die abgeschlossene Themen bearbeiten. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Führungskultur. "Die Konzerne müssen die neue Kultur neben der alten zulassen", sagt Rosen. Dazu gehöre auch Offenheit für neue Geschäftsmodelle. "Wir werden in Zukunft nicht so viele Autos kaufen, sondern Mobilität. Ähnlich wie man beim Handy den Mobilfunkvertrag kauft."

Schneller, mutiger, manchmal ambitionierter

Bei den Herstellern ist man sich dessen bewusst. "Wir müssen schneller, mutiger, manchmal ambitionierter sein", sagte Daimler-Aufsichtsratschef Manfred Bischoff am Mittwoch in Berlin. Dazu gehöre auch, gewohnte Wege rasch zu verlassen, wenn sie sich nicht als zielführend erwiesen. Daimler sucht derzeit in einem eigens angestoßenen Projekt nach neuen Ansätzen für Führungskultur. 

Was die Fähigkeiten der einzelnen Manager angeht, sieht Rosen vor allem eines: "Am Ende muss auch ein CEO nicht alles können und kann nicht alles. Er muss aber wissen, wo er Lücken hat." Außerdem müsse er die Brücke bauen können zwischen alter und neuer Welt. Die neue Generation der Manager müsse die Organisation dazu bringen, die Digitalwelt im Unternehmen als gleichberechtigte Säule neben der klassischen Welt aufzubauen. 

Manager aus anderen Branchen

Und noch etwas ist wichtig: "Führungskräfte müssen auch Talentmagnete sein für interessante Leute im Markt", sagt Breiski. Das könnte nach Einschätzung von Breiski auch bedeuten, dass Manager aus anderen Branchen geholt werden. "Warum können nicht auch einmal C-Level-Funktionen von Google, Apple oder anderen IT-Konzernen besetzt werden?" 

VW hat jetzt auch so einen Mann geholt. Johann Jungwirth war zuletzt für Apple im Valley. Mit seinem leichten US-Akzent stellt er sich Fremden als "JJ" vor, englisch ausgesprochen: "Jay Jay". Jetzt ist er VW-Digitalchef und soll dem Autobauer helfen, trotz Abgas-Skandals nicht den Sprung der Branche zu selbstfahrenden, vernetzten Autos zu verpassen.

Die größte Gefahr ist es, nach Einschätzung der Personal-Experten, so weiter zu machen wie bisher. Konzernchef Matthias Müller hat Jungwirth dabei schon auf seine Seite gezogen: Müller nannte das autonome Fahren noch vor einem halben Jahr als Porsche-Lenker einen "Hype", der "durch nichts zu rechtfertigen ist" - ein paar Monate später kündigte er auf der Automesse in Genf als VW-Chef eine Offensive zum autonomen Fahren an. Jungwirth: "Er ist jetzt voll an Bord."

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