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Deutsches Phänomen: Was wird aus dem Kombi?

08.02.2022 10:23 Uhr | Lesezeit: 4 min
Opel setzt weiter auf Kombis wie hier mit dem neuen Sportstourer.
© Foto: Opel

Mercedes will wohl bald auf seine T-Modelle verzichten, etliche Asiaten haben bereits keinen (größeren) Kombi mehr im Programm. Das hat mehrere Gründe.

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Das SUV ist die invasivste Art in der Automobil-Welt. Es verdrängt immer stärker den klassischen Pkw, verändert Straßenbild, Käufergewohnheiten und auch das Angebot der Hersteller. Am Kombinationskraftwagen scheint es sich aktuell aber die Zähne auszubeißen – zumindest bei den meisten deutschen Herstellern. Und auch in einem anderen Segment ist der Wettbewerb um die Vorherrschaft noch nicht entschieden.

Mercedes verzichtet wohl bald auf den Kombi

Anfang des Jahres sorgte eine Nachricht für Bestürzung unter traditionsbewussten Auto-Fans: Mercedes streicht einem Medienbericht zufolge seine Kombis aus dem Angebot. Neue Auflagen der T-Modelle in C- und E-Klasse soll es nicht mehr geben. Und auch den Shooting Brake in der A-Klasse wird es nicht noch einmal geben. Offiziell bestätigen wollen die Stuttgarter die Nachricht nicht – energische Dementis gibt es allerdings keine, noch nicht einmal halbherzige. Wer einen Mercedes-Neuwagen mit extra großem Laderaum will, muss sich also künftig ein SUV kaufen.


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Die Verdrängungsleistung der Crossover ist allerdings nur ein Teilgrund für den Abschied vom T-Modell. In die Entscheidung für das Aus floss wohl auch die wachsende Bedeutung des chinesischen Marktes für den schwäbischen Konzern ein. Im Reich der Mitte werden traditionell keine T-Modelle, Avants, Tourings oder Shooting Brakes gekauft, sondern Limousinen oder SUVs. Gleiches gilt für den großen US-Markt, wo Kombis noch nie eine große Rolle gespielt haben. Anders ist es weltweit gesehen sowieso nur in einer Handvoll Ländern, allen voran Deutschland und Großbritannien. Bedenkt man dann noch den allgemeinen Branchentrend, aus Kostengründen die Vielfalt und Komplexität der eigenen Modellpalette zu reduzieren, wirkt die Mercedes-Entscheidung nur folgerichtig.

Die asiatischen Hersteller haben dem Kombi schon lange abgeschworen, zumindest in der lange Zeit von dieser Karosserievariante beherrschten Mittelklasse. Weder Toyota, Honda noch Hyundai oder Kia bieten zurzeit ein entsprechendes Modell an. Immerhin sind in der Kompaktklasse noch einige Modelle zu bekommen. Wohl nicht zuletzt aus strategischen Gründen, handelt es sich doch meist um speziell für Europa entwickelte Baureihen, die ihre Limousinen-Ableger bei der Eroberung des hart umkämpften Golf-Klasse-Segments unterstützen sollen.

BMW und VW halten am Kombi fest

Trotzdem: Die heimische Konkurrenz hält zumindest bislang weiter am Kombi fest. Etwa bei BMW: "Der Touring ist seit langem fest verankert im Produkt-Portfolio von BMW. Auch in Zukunft werden wir an diesem erfolgreichen Konzept festhalten", heißt es auf Nachfrage etwas blumig aus München. VW wird sogar richtig konkret: "Wir planen weiterhin mit Kombimodellen – sowohl in der klassischen Verbrennerwelt - so kommt der Passat Nachfolger ab 2023 nur als Kombi - als auch in der Elektrowelt, wo die Serienversion der Studie ID. Space Vizzion in den Startlöchern steht."


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Opel bringt mit dem Astra Sports Tourer in wenigen Wochen sogar einen neuen Kombi auf den Markt, der wohl mindestens für die kommenden sechs Jahre weiterlaufen dürfte. Ähnliches gilt für Porsche, die das Kombiangebot bei ihrem E-Modell Taycan gerade um neue Antriebs- und Design-Varianten erweitern. Und auch Ford hält dem „Turnier“ die Stange und verweist auf den 80-prozentigen Kombi-Anteil bei den Focus-Verkäufen in Europa. Auch die anderen genannten Hersteller kommen zumindest in Deutschland oder Europa in den relevanten Baureihen auf beeindruckende Kombi-Quoten von 70 Prozent und mehr.

Zu den klassischen Kombimarken zählt auch Volvo. Was auch so bleiben soll, wie der scheidende Unternehmenschef Hakan Samuelsson kürzlich gegenüber britischen Medien erklärte. Obwohl die SUV-Modelle der Marke (mit dem Modellkürzel "XC") auf deutlich höhere Verkaufszahlen kommen, werde es auch in Zukunft Limousinen ("S") sowie Kombis ("V") geben. Wohl aber in etwas modifizierter Form – weniger eckig als bislang, stattdessen breiter, niedriger und coupéhafter.

Schöne Formen statt maximales Volumen

Der Volvo-Ansatz ist nicht neu. Schon länger legen die meisten Kombis den Fokus nicht mehr auf maximales Ladevolumen, sondern auf schöne Formen. Fließende Dachlinien bis hin zum besonders sportlichen "Shooting Brake"-Stil sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Und gerade die Elektrifizierung könnte das einstige Handwerkerauto endgültig zum prestigeträchtigen Schmuckstück machen. Denn aktuell setzen die meisten Hersteller bei ihren E-Modellen auf hohe SUV, bei denen die platzraubenden Batterien problemlos im Unterboden eingebaut werden können, ohne die Proportionen zu zerstören. Bei Limousinen und Kombis ist das viel schwieriger. Funktionieren kann das nur mit großem konstruktivem und auch finanziellem Aufwand. „Flach ist das neue Premium“ könnte daher künftig zum neuen Motto der Branche werden. Und dem Kombi sowie der Prestige-Limousine als eleganter SUV-Alternative das Leben retten.

Weniger gut sieht die Situation bei der landläufigen Steilhecklimousine aus – vor alle im Kleinwagen-Segment. Dort tobt der Kampf mit den SUV um die Vorherrschaft besonders intensiv. Aktuell haben zumindest in Europa die klassischen Pkw meist noch die Nase knapp vorn. So lag der Opel Corsa 2021 noch gerade so vor dem Mokka, der Renault Clio vor dem Captur und der VW Polo vor dem T-Cross. Lediglich beim Ford-Pärchen Fiesta/Puma und bei Peugeot 208/2008 war das Verhältnis bereits umgekehrt.

Die Kleinwagen haben es beim Widerstand allerdings auch schwerer als die Kombis, sind sie den Mini-SUV nicht nur vom Auftritt unterlegen, sondern auch beim Platzangebot. Wie schnell die Crossover solche Schwächen ausnutzen, hatte zuletzt das Van-Segment erleben müssen. Ihr Marktanteil in Europa hat sich seit 2000 mehr als halbiert und dümpelte zuletzt bei 4,4 Prozent. Der der SUV ist im gleichen Zeitraum von knapp 4 Prozent auf 30 Prozent gewachsen.

Dass die SUV andere Karosserievarianten nicht nur verdrängen, zeigt sich ausgerechnet im kriselnden Cabrio-Segment. Nach Jahren des Niedergangs haben die Verkaufszahlen 2021 in Deutschland erstmals wieder zugelegt. Grund war der große Erfolg des T-Roc Cabrios – eines SUVs mit Stoff-Faltdach.

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KOMMENTARE


M. Felder

09.02.2022 - 09:04 Uhr

Leider ist der Laderaum in vielen SUV verglichen mit den Dimensionen des Fahrzeugs viel zu klein.


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