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Fahrbericht Lucid Air: Frischer Wind im elektrischen Oberhaus

25.01.2022 11:55 Uhr | Lesezeit: 5 min
Der Lucid Air ist so etwas wie der Spitzentrumpf im Quartett der elektrischen Luxuslimousinen.
© Foto: Lucid

Es weht ein frischer Wind durch die elektrifizierte Oberklasse – und bläst Tesla-Chef Elon Musk oder Daimler-Vorstand Ola Källenius ins Gesicht: Denn mit seinem elektrischen Erstling Air zielt das Start-up Lucid vor allem auf Model S und EQS.

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Er ist so etwas wie der Spitzentrumpf im Quartett der elektrischen Luxuslimousinen. Denn seit das amerikanische Start-up Lucid im Oktober mit der Auslieferung des Air begonnen hat, sind Tesla Model S und Mercedes EQS allenfalls noch zweite Wahl, vom Porsche Taycan und seinem Zwilling Audi e-tron GT ganz zu schweigen. Schließlich protzt das schnittige Schmuckstück mit den fließenden Linien nicht nur mit aberwitzigen 1.111 PS und mehr als 1.000 Nm Drehmoment zumindest für die Erstauflage, seinen 118 kWh großen Akkus sei Dank hat der anfangs 169.000 Dollar teure Fünfsitzer obendrein die mit Abstand größte Reichweite, die von den amerikanischen Behörden bislang zertifiziert wurde: 520 Meilen oder 837 Kilometer hat die EPA ermittelt und dem Air damit über 100 Meilen Vorsprung etwa vor dem Model S (405 Meilen) oder dem Mercedes EQS (350 Meilen) eingeräumt.

Akkus kommen als exklusiver Stromspeicher in der Formel E zum Einsatz

Der Mann hinter dem ehrgeizigen Projekt ist der ehemalige Chefingenieur des Model S: Peter Rawlinson ist 2012 bei Tesla gegangen, schwingt sich nun zum größten Herausforderer für Elon Musk auf und attackiert seinen einstigen Boss mit dessen eigenen Waffen: Denn auch wenn der Air wie alle Konkurrenten eine Skateboard-Plattform nutzt, baut Lucid analog zu Tesla aber im Gegensatz zu Mercedes & Co auf eigene Komponenten: Den Motor, mit 74 Kilo einer der leichtesten in dieser Liga und trotzdem bis zu 650 PS stark, haben die Amerikaner selbst entwickelt und produziert. Und ihre eigenen Akkus, mit einer Betriebsspannung von 900 Volt und einer maximalen Ladeleistung von 350 kW ebenfalls ganz vorne dabei und im besten Fall binnen 20 Minuten schon wieder mit dem Strom für fast 500 Kilometer befüllt, sind offenbar so gut, dass sie sogar als exklusiver Stromspeicher in der Formel E zum Einsatz kommen.

Verpackt hat Lucid das Ganze in einem Design, das dem Namen Air mehr als gerecht wird. Zum einen, weil die Karosserie mit einem cW-Wert von 0,21 einen ausgesprochen geringen Luftwiderstand hat. Und zum anderen, weil das Auto innen extrem luftig wirkt: Obwohl mit seinen 4,98 Metern nur etwa so lang wie eine E-Klasse, bietet es im Fond mehr Platz als eine S-Klasse und ist auch den elektrischen Konkurrenten aus Deutschland überlegen. Dazu gibt’s im Heck über 450 und im Bug noch einmal mehr als 200 Liter Stauraum und für den Fahrer ganz neue Perspektiven. Nein, nicht nur weil Lucid im Cockpit eine eigene Balance aus Tastern und Touchscreen, Handwerk und Hollywood gefunden hat. Sondern vor allem, weil die Frontscheibe bis weit ins Dach reicht, wie damals beim Opel Astra GTC und so den luftigen Eindruck zusätzlich unterstützt.


Lucid Air (Serie/2021)

Lucid Air (Serie/2021) Bildergalerie

Das kann man bei der ersten Ausfahrt mit dem Lucid Air aber allenfalls auf den ersten Metern genießen, wenn es durch den üblichen Stau aus Hollywood hinaus und runter Richtung Malibu geht. Denn kaum unten am Pacific Coast Highway angekommen, lockt der Lucid mit seiner Leistung und schreitet so mächtig aus, dass man die Augen besser auf der Straße lässt: Wer von 0 auf 100 in deutlich unter drei Sekunden und danach ohne auch nur das geringste Nachlassen bis auf 270 beschleunigen kann, der sollte auf die allgegenwärtigen Cops achten – oder vom Highway auf die Byways wechseln. Davon gibt’s schließlich in den Hollywood Hills mehr als genug.

Und auch dort weiß der Lucid zu überraschen. Denn für ein Auto seines Formats und ganz ohne Schnickschnack wie eine Luftfederung oder eine Hinterachslenkung fühlt sich der Stromer in den engen Canyons überraschend handlich und agil an und stürmt engagiert die Pässe. Nein, auch wenn Peter Rawlins auch mal bei Lotus war, ist das natürlich kein Vergleich zur Elise, selbst wenn man die drei Fahrprofile bis ganz hinten durchschaltet. Aber einem BMW M5 ist der Air allemal näher als der EQS selbst in der AMG-Version und selbst als Taycan-Fahrer sollte man da mal vorsichtig in den Rückspiegel schielen.

Limitierte Stückzahl

Wobei dieses Erlebnis buchstäblich limitiert ist. Denn von der Dream Edition baut Lucid nur 520 Exemplare, und auch die haben nicht alle den Performance-Triebstrang. Danach gibt es drei Versionen: Die Basis für 79.000 Dollar mit einem 480 PS starken Motor im Heck und 406 Meilen Reichweite, den 95.000 Dollar teuren Touring mit 620 PS starkem Allrad-Antrieb und ebenfalls 406 Meilen Aktionsradius, sowie als dauerhaftes Top-Modell den Grand Touring, der für 139.000 Dollar mit 800 PS und 516 Meilen in die Pole Position drängt.

Auf den ersten Blick scheint für Rawlinson und seinen Lucid alles nach Plan zu laufen. Die Dream Edition ist längst ausverkauft, für die gewöhnlichen Modelle gibt es angeblich mehr als 10.000 Vorbestellungen, der Start in Europa steht mit einem ersten Showroom in München in diesem Jahr auch noch im Kalender. Und die Börsianer sind offenbar auch zufrieden und haben die Company beim Einstand an der Wallstreet zwischenzeitlich auf rund 60 Milliarden Dollar taxiert – auf fast so viel wie BMW oder Daimler. Zwar haben die Wertpapierwächter zwischenzeitlich schon mal wieder etwas genauer hingeschaut, und die Amerikaner müssen jetzt erst einmal beweisen, dass sie den Sprung vom Start-up zum Serienhersteller schaffen. Nicht umsonst ist die Fabrik Arizona mittelfristig auf eine Jahresproduktion von 90.000 Autos ausgelegt. Doch an Zuversicht mangelt es ihnen nicht. Im Gegenteil: Während der Air noch gar nicht so richtig abgehoben hat, planen sie bereits die zweite Baureihe und mit ihr noch größere Stückzahlen: Schon in einem Jahr soll ein SUV namens Gravity der Marke zusätzliche Bodenhaftung geben.

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