Qualifizierte Serviceberater: Begegnungsqualität

Qualifizierte Serviceberater und die Potenziale der Dialogannahme waren auch auf dem AUTOHAUS-Servicekongress Bestandteil reger Diskussionen. Peter Maierbacher widmet sich seit langem diesen Themen. AUTOHAUS hat sich mit dem Unternehmensberater unterhalten. AH: "Stammkunden werden im Service generiert" bzw. "das zweite Fahrzeug verkauft die Werkstatt". Was bedeutet das? P. Maierbacher: Aus meiner Sicht treffen diese Sätze nicht den Kern der Sache. Die eigentlich spannende Frage ist ja, warum und wie Stammkunden im Service generiert werden. Wenn wir in Autohäusern nachfragen, welcher Prozess aus Kundensicht der wichtigste ist, nennen die meisten Mitarbeiter die qualitativ hochwertige Arbeit. Das stimmt aber nicht. Qualitätsarbeit setzt der Kunde als selbstverständlich voraus. Ob ein Kunde gerne wiederkommt, entscheidet vielmehr die Begegnungsqualität beim Hinbringen und Abholen der Autos. Neuroforscher haben die Gehirnströme bei Kunden gemessen und sehr starke Reaktionen festgestellt, wenn sie dabei frustriert wurden. AH: Welche Frusterlebnisse waren das? P. Maierbacher: Zum Beispiel wenn man den Kunden zu lange warten ließ. Wenn er nicht begrüßt oder unhöflich behandelt wurde. Oder wenn der Reparaturumfang am Empfangstresen nicht erklärt werden konnte. Und schließlich auch, wenn er ohne Verabschiedung hinausgehen und sein Auto auch noch suchen musste. Dieser Kunde wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nach Alternativen umsehen. Wir haben erlebt, dass die Kundenzufriedenheit um zweistellige Prozentwerte angestiegen ist, wenn diese Punkte verbessert wurden. AH: Wo sehen Sie die wichtigsten Stellschrauben für erfolgreichen Aftersales? P. Maierbacher: Die wichtigste Stellschraube ist eine kompetente und bei den Mitarbeitern akzeptierte Führung. Das heißt, dass die Führung Ziele setzt und deren Erreichen konsequent verfolgt und begleitet. Die nächste wesentliche Stellschraube sind die Serviceberater. Oft sind das Mitarbeiter, die ihren Weg vom Lehrling bis zum Kfz-Meister gemacht haben und dann Serviceberater wurden. Sie verfügen also über technisches Know-how, aber das professionelle Verkaufen haben sie nicht gelernt. Daher ist es von großer Bedeutung, dass ihnen von externer Seite beigebracht wird, wie man ein Verkaufsgespräch erfolgreich führt und Kunden über ihre Erwartungen hinaus bedient. Der dritte Erfolgsfaktor ist die Kundenbindung. Ein Kunde bringt dem Autohaus im Jahr durchschnittlich 1.420 Euro. Also schmerzt jeder verlorene Kunde. Der Verlust bewegt sich im sechsstelligen Bereich. AH: Auf welche ungenutzten Umsatzpotenziale stoßen Sie typischerweise? P. Maierbacher: Die Direktannahme ist der wichtigste Verkaufsbereich im Service. Immerhin verbringt der Kunde hier mit dem Serviceberater 30 Minuten. Genug Zeit also, um auch persönlich ins Gespräch zu kommen und Verkaufsgespräche zu führen. Deshalb sind die Ausstattung dieses Raums und eine gute Produktpräsentation so wichtig, z.B. mit Produktregalen, Aktionsplakaten und einem Flatscreen. In unseren Coachings zum Thema Direktannahme verfolgen wir immer zwei Ziele: Einmal die Anzahl auf mindestens 70 Prozent der Auftragseingänge zu erhöhen. Und zum zweiten die Serviceberater, die ja in der Regel eine technische Vita haben, im Führen von Verkaufsgesprächen zu trainieren und Hemmungen abzubauen. Der Erfolg dieser Maßnahmen kann sich sehen lassen: Ein gut geschulter Serviceberater schafft pro Direktannahme im Schnitt einen Mehrerlös von 72 Euro - zusätzlich zum ursprünglichen Auftrag! Mit drei Serviceberatern, von denen jeder nach dem Coaching drei Direktannahmen mehr pro Tag macht, erzielt ein Betrieb also pro Jahr 130.000 Euro zusätzlich. AH: Über diese Punkte wird viel geschrieben und geredet. P. Maierbacher: Richtig, aber die Chancen werden noch immer nicht voll genutzt. Produkte und Services müssen gezielt, konsequent und aktiv beworben werden. Wir sehen z. B. immer wieder, dass zu wenig nachgedacht wird, welche Produkte sich in der Direktannahme überhaupt für den Verkauf eignen. Auch konsequent umgesetzte, saisonale Aktionen sind eher die Ausnahme als die Regel. Wenn ein Autohaus aktiv auf den Kunden zugeht und ihn über die Händlerwebsite, per E-Mail oder Telefon anspricht, z.B. um ihn an den nächsten Kundendiensttermin oder die nächste HU zu erinnern, dann sind das Dinge, die dem Kunden das Leben erleichtern und dem Händler Geld bringen. Wir zielen in unseren Coachings darauf, dass alle diese Möglichkeiten konsequent genutzt werden und die Serviceberater dann auch richtig gut verkaufen. AH: Wie gelingt die reibungslose Umsetzung einer mobilen Direktannahme? P. Maierbacher: Es gibt interessante Ansätze, bei denen Tablets das altehrwürdige Klemmbrett ersetzen. Die Vorteile sind derzeit noch überschaubar. Gelingt es aber, die aufgenommenen Daten per WLAN ins DMS zu übertragen, unter Berücksichtigung auch der Schnittstellen zu den Herstellerprogrammen, kann der Auftrag bereits in der Direktannahme komplett erstellt werden. Hängt dann noch eine digitale Dispotafel in der Werkstatt, auf der die Daten vom Tablet oder PC des Serviceberaters direkt übernommen werden, hätten wir auch keine Medienbrüche mehr. Ich bin mir sicher, die Digitalisierung aller Serviceprozesse steht vor der Autohaustür. AH: Wie können Autohäuser die Leerlaufzeiten reduzieren? P. Maierbacher: Wir führen in jedem Autohaus Messungen durch, wenn wir die dortige Werkstatt analysieren. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Leerlaufzeiten in den Werkstätten pro Tag und Mechaniker zwischen einer halben und eineinhalb Stunden liegen. Bei zehn Mechanikern und je einer Leerlaufstunde pro Tag gehen also - bei 80 Euro Stundenverrechnungssatz - pro Jahr 160.000 Euro verloren. Wenn einem Werkstattleiter diese Zahlen klar werden, ist es viel leichter, ihn dahin zu führen, dass er konsequent auf den Leerlauf achtet, enger an den Mechanikern bleibt, Ziele mit ihnen vereinbart und sich darum kümmert, dass diese auch erreicht werden. AH: Welcher Charaktertyp macht sich als Service-Führungskraft besonders gut? P. Maierbacher: Der Serviceleiter hat im Autohaus die meisten Mitarbeiter: Werkstatt- und Teiledienstmitarbeiter, Serviceberater und die jeweiligen Führungskräfte in Werkstatt und Teiledienst. Da ist eine hohe soziale Kompetenz gefordert, denn der Servicebetrieb ist oft von Hektik, Stress und Überstunden geprägt. Zur Sozialkompetenz gehört auch die Wertschätzung der Mitarbeiter - und hier verweise ich insbesondere auf die Mechaniker, die einzigen Mitarbeiter also, die aus Aufträgen Leistung, d. h. Geld machen. Dass sie im Blaumann herumlaufen und ölverschmiert sind, hat mit ihrem Job zu tun. Doch dass es in der Werkstatt und in ihren Sozialräumen aussieht wie im vorigen Jahrhundert, während die Ausstellungsräume immer neu und modern sind, darin drückt sich keine wertschätzende Behandlung aus. Deshalb wundert es nicht, dass viele Mechaniker nur das machen, was unbedingt notwendig ist. AH: Welche Schwerpunkte legen Sie bei Ihren Führungskräftecoachings? P. Maierbacher: Zunächst fragen wir immer die Erwartungen der Geschäftsleitung ab. Das beinhaltet auch das Einverständnis, dass wir für die Maßnahmen, die wir durchführen wollen, die volle Unterstützung erhalten. Und dass die Geschäftsleitung ihre Rolle im Coachingprozess aktiv ausfüllt. Erst jetzt beginnt das Coaching im Vier-Augen-Modus. Hier steht und fällt alles damit, dass wir ein gegenseitiges Vertrauen aufbauen. Deshalb machen wir gleich zu Beginn klar, warum wir das Projekt durchführen. Dann steuern wir durch Fragen, so dass die Führungskraft die Probleme erkennt und Lösungsansätze findet. Sind diese klar, wird der Gecoachte selbst einen Maßnahmenplan entwickeln. Wir sorgen in der Umsetzung dafür, dass er eine echte Problemlösungskompetenz entwickelt. AH: Vielen Dank für das Gespräch. Zur Person Peter Maierbacher ist Dipl.-Ing. Maschinenbau und startete seine berufliche Karriere als Entwicklungs- und Versuchsingenieur bei der BMW Motorrad GmbH in München. Es folgten eine Tätigkeit als Ressortleiter Test und Technik im Motorpresse Verlag Stuttgart und danach eine Berufung zum Aftersales-Leiter bei der Suzuki Deutschland GmbH in Oberschleißheim. Seit 1995 ist er Inhaber und Geschäftsführer einer Beratungsagentur in Aschau/ Chiemgau mit Spezialisierung im automobilen Aftersales-Bereich.

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