Fachkräftemangel: Eine globale Lösung

Etwa 164 Tage dauert es, einen qualifizierten Kfz-Mechatroniker zu finden. Zeit, die an anderer Stelle fehlt, viele Prozesse im Unternehmen verlangsamt und am Ende bares Geld kostet. Diese Erfahrungen hat man auch beim Autohaus Schloz Wöllenstein in Frankenberg gemacht. "Die traditionellen Wege haben einfach an Kraft verloren und bringen nicht den notwendigen Output", bilanziert Robert Schwalenberg, der Serviceleiter des Autohauses, das als eines der ersten vom Global-Expert-Programm der TÜV Rheinland Akademie Gebrauch machte. Ziel des Programms ist eine langfristige Erwerbsmigration, indem Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland geholt und für den hiesigen Arbeitsmarkt fit gemacht werden. "Alle Firmen in Deutschland dürfen begreifen, dass ohne internationale Fachkräftesicherung und damit eine Strategie zur Ausrichtung auf ein internationales Unternehmen Wirtschaften nicht mehr möglich sein wird", erklärt Thomas Bastian, Head of Global Experts bei TÜV Rheinland. Von der fachlichen Eignung über die Sprache bis hin zur Bürokratie übernimmt der TÜV Rheinland sämtliche Schikanen der Behörden, die es auf dem Weg zur hauseigenen Fachkraft zu überwinden gilt. Am Ende des Programms steht ein neuer Mitarbeiter, der sich verpflichtet, für drei Jahre bei diesem Unternehmen zu arbeiten. Der Weg zum passenden Personal Bevor die internationale Fachkraft in den eigenen Reihen begrüßt werden kann, ist es ein langer Weg, der mit einer Bedarfsanalyse des suchenden Unternehmens beginnt. Im nächsten Schritt, der das Assessment sowie die Auswahl der Fachkraft selbst umfasst, kommt schließlich die internationale Struktur des TÜV Rheinland mit seinen weltweit verzweigten Ländergesellschaften zum Tragen. Die Personalabteilungen kleiner und mittelständischer Betriebe können einen solch umfangreichen Recruiting-Prozess in der Regel nicht leisten. "Kfz-Mechatroniker, Industriemechatroniker und IT-Fachkräfte werden hauptsächlich in Indien rekrutiert", erklärt Bastian. In Indien und Philippinen verfüge man über Jahrzehnte Erfahrungen im internationalen Arbeiten und es sei selbstverständlich, dass Familienmitglieder ins Ausland gehen, um dort zu leben und zu arbeiten. Zertifizierte Weiterbildungen Die TÜV Rheinland Auslandsgesellschaft übernimmt das Assessment und die Auswahl der Fachkraft nach den Vorgaben des Auftraggebers. Hierzu gehört selbstverständlich das Erlernen der deutschen Sprache, was bereits im Heimatland der Fachkraft stattfindet und durch ein Zertifikat eines international anerkannten Instituts gemäß des Europäischen Referenzrahmens abgeschlossen wird. Spätestens nach drei Monaten in Deutschland beherrschen die Fachkräfte schließlich Deutsch auf Level B1, sowie die für ihre Arbeit nötigen Fachbegriffe. Weil gerade in der Anfangszeit noch nicht jeder deutsche Fachbegriff zu einhundert Prozent sitzt, ist es zudem wichtig, dass zur Not ins Englische gewechselt werden kann. Leben in Deutschland Neben Sprachkursen werden die angehenden Global Experts auch in Schulungsreihen mit dem Thema "Leben und Arbeiten in Deutschland" vertraut gemacht. Darin werden Fragen erklärt wie "Was ist Brutto, was ist Netto? Wie funktioniert das mit der Krankenversicherung?". Ebenso eine Grundvoraussetzung, um am Global-Experts-Programm teilnehmen zu können, ist die entsprechende fachliche Expertise. Ein in Deutschland voll anerkannter Berufs-, beziehungsweise Studienabschluss sowie eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren sind hierfür nötig. Und auch den Wandel der Branche geht man hier bereits mit. "Ein Großteil unserer rekrutierten Fachkräfte aus dem Bereich Kfz-Mechatroniker hat auch auf dem Gebiet der Elektromobilität Berufserfahrung. Sollte sich im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung, in der die Ausbildungspläne zweier Länder miteinander verglichen werden, jedoch herausstellen, dass es Defizite gibt, werden die fehlenden Qualifikationen im Arbeitgeber-Unternehmen noch erworben", versichert Thomas Bastian. "Viele Kunden lassen unsere Fachkräfte durch unsere internationalen Niederlassungen bereits vor dem Transfer nach Deutschland auf die benötigten Markenschulungen qualifizieren." Ankommen braucht Zeit Unterm Strich dauert das Qualifizierungsprogramm, das die Global Experts fit für den Deutschen Arbeitsmarkt machen soll, zwischen drei und sechs Monaten. Beim Autohaus Schloz Wöllenstein in Chemnitz ist bereits seit November ein Global Expert tätig, der laut eigener Aussage eine große Bereicherung für das Unternehmen darstellt. "Er arbeitet bereits sehr selbstständig und wird weiter qualifiziert", so der Serviceleiter. Die neu hinzugekommenen Kollegen in Freiberg und Frankenberg seien zwar noch ein wenig schüchtern, würden aber "langsam auftauen". Für dieses "Auftauen" gibt es freilich kein Patentrezept. Damit man von einer gelungenen Migration sprechen kann, müssen sich die ins Land geholten Fachkräfte wohlfühlen und auch privat schnell Anschluss finden. Damit das gelingt, begleiten Willkommenslotsen und Integrationscoaches die Global Experts bei ihren ersten Schritten in Deutschland - nicht als Oberlehrer, sondern als Freund. "Wir organisieren die Anreise und helfen den Fachkräften durch regelmäßige Treffen in den ersten Tagen, Wochen und Monaten, sich in der neuen Heimat schnell und gut zurechtzufinden. Wir unterstützen zudem bei bürokratischen Aufgaben wie Anmeldung beim Einwohnermeldeamt, Eröffnung eines Bankkontos und begleiten die Fachkräfte beim ersten Arbeitstag in ihr Unternehmen. Zudem fungieren unsere Integrationscoaches auch als Mediator bei Problemstellungen auf der Arbeit oder bei Unklarheiten." Beim Autohaus Schloz Wöllenstein ist man zudem auch davon überzeugt, dass es in vielen Fällen Kleinigkeiten sind, die hier den Unterschied ausmachen können, wie beispielsweise der gemeinsame Aufbau von Möbeln oder das Organisieren eines Fahrrads. Das schafft eine gemeinsame Vertrauensbasis. Hilfe bei bürokratischen Hürden Stolz ist man bei der TÜV Rheinland Akademie auch auf die Abwicklung des rechtlichen Rahmens. Pro Fachkraft kommt nämlich gut und gerne ein Stapel von 30 Dokumenten zusammen, die zum Teil auch noch übersetzt werden müssen. "Der TÜV hält uns komplett den Rücken frei und setzt die Maßnahmen sehr gut um, die notwendig sind", so der Serviceleiter Robert Schwalenberg. Von der Berufsanerkennung bis hin zum VISA-Antrag kümmert sich der TÜV Rheinland um sämtliche Formalia. Der Prozess wurde optimiert und wo immer möglich auch digitalisiert, sodass hier keine unnötigen Ressourcen verschwendet werden. Kosten für einen Global Expert Beim Komplettpaket, das die Rekrutierung, das Assessment, die Berufsanerkennung, ein Visum, den Transfer nach Deutschland sowie ein dreimonatiges Integrationsmanagement umfasst, liegen die Kosten für einen Global Expert zwischen 7.500 und 8.500 Euro. Ebenfalls bereits inkludiert ist hier das Risikomanagament. "Falls die Fachkraft in den ersten drei Monaten ausscheiden sollte, erhält der Arbeitgeber eine adäquate Fachkraft kostenfrei", versichert Thomas Bastian. Folgekosten gebe es keine. Es sind also viele kleine Stellschrauben, an denen die TÜV Rheinland Akademie hier dreht - und der Erfolg gibt ihr Recht: Die Abbrecherquote im Global-Experts-Programm, bei dem bisher rund 450 Fachkräfte erfolgreich vermittelt wurden, beläuft sich auf null Prozent. "Alle Fachkräfte haben sich in Deutschland integriert und wollen dauerhaft in Deutschland leben und arbeiten. Dies liegt an den Faktoren der sorgfältigen Fachkräfteauswahl im Heimatland, der guten und intensiven Aufklärung über Deutschland, dem Integrationsmanagement, das die TÜV Rheinland Akademie bundesweit sicherstellt, und den Arbeitgebern, mit denen wir gemeinsam bereits Maßnahmen für eine Willkommenskultur entwickeln", so Thomas Bastian. Der Ansatz scheint eine schlagfertige und vor allem nachhaltige Antwort auf das Problem des Fachkräftemangels zu sein, in Anbetracht der vielen tausend offenen Stellen aber nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Kurzfassung Der Fachkräftemangel spitzt sich immer weiter zu. Die TÜV Rheinland Akademie sucht die begehrten Experten daher weltweit und kümmert sich um die bürokratischen Hürden und die erforderlichen Weiterbildungen. Bei der Ankunft in Deutschland helfen zudem Integrationscoaches bei den ersten Schritten.

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