Ausgabe 18/2012: Hochsteuerland BRD

Hochsteuerland BRDBesteuerung – Das Rechenbeispiel eines Unternehmenskaufs zeigt, dass die Effektivbesteuerung weit über dem nominalen Steuersatz liegen kann.Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGDie ständigen Steuererhöhungsverlangen seitens der Oppositionsparteien und selbst einiger Politiker der CDU/CSU-Fraktion wollen wir heute einmal durch einen Zahlenvergleich ad absurdum führen. Für unser Zahlenbeispiel gehen wir davon aus, dass ein Steuerbürger ein Unternehmen für 200.000 Euro kauft und hierfür aber Fremdmittel mit 6,5 Prozent Zins aufnimmt. Mit dem Betrieb macht er vor Zinsen und Steuern 20.000 Euro Gewinn. Bei diesem Unternehmensengagement sind folgende drei verschiedene Investitions-Varianten denkbar: Es handelt sich um einen Einzelunternehmer (Personenunternehmen), der Unternehmer selbst hat die 200.000 Euro Kaufpreis finanziert.Der Unternehmer wollte seine Haftung beschränkt sehen und gründete zuvor mit einem Kredit von 200.000 Euro eine GmbH, die das Unternehmen sodann gekauft hat (Ein-Mann-GmbH). Der Unternehmer selbst hat den Bankkredit aufgenommen.Der Unternehmer hatte eine GmbH, er hat lediglich für den Kredit, den die GmbH selbst aufgenommen hat, gebürgt und die GmbH hat diesen Betrieb selbst erworben.In allen drei Fällen blieben dem Unternehmer unter dem Strich nach Abzug der Finanzierungszinsen jährlich 7.000 Euro Gewinn übrig, wäre da nicht die Steuer. Ungleiche Steuerbelastung!Wir unterstellen einmal, dass der Unternehmer/Investor noch andere Einkünfte hat, so dass diese zusätzlichen Einkünfte aus dem Unternehmensengagement bei ihm persönlich dem Höchststeuersatz unterliegen. Dies wären rund 50 Prozent (Einkommensteuerhöchstsatz + Soli + Kirchensteuer). Da beim Einzelunternehmen die Gewerbesteuer quasi auf die Einkommensteuer angerechnet wird, ergibt sich für den Einzelunternehmer das einfache Rechenergebnis: 20.000 Euro ./. 13.000 Euro Zinsen ./. 3.500 Euro Steuer, verbleiben ihm netto 3.500 Euro. Bei unserer zweiten Alternative wird es wesentlich komplizierter (siehe auch die Tabelle). Denn die Zinsen für den von ihm aufgenommenen Kredit schuldet der investierende Unternehmer persönlich. Deshalb macht die GmbH tatsächlich vor Steuern 20.000 Euro Gewinn, die Steuerbelastung bei der GmbH beträgt rund 30 Prozent (Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer + Soli), so dass die GmbH 6.000 Euro Steuern zahlen muss. Somit könnte die GmbH von ihrem Gewinn noch 14.000 Euro an ihren Gesellschafter ausschütten, wobei der Gesellschafter von dieser Ausschüttung 60 Prozent als Einnahme versteuern muss, dafür darf er aber „auch nur“ 60 Prozent seiner Zinsen abziehen. 60 Prozent der Einnahmen entsprechen 8.400 Euro abzüglich 60 Prozent Zinsen = 7.800 Euro, somit muss der Gesellschafter noch 600 Euro versteuern, er schuldet (50 %) 300 Euro Steuern. Da er von den 14.000 Euro Ausschüttung 13.000 Euro Zinsen zahlen muss und 300 Euro Steuern, verbleiben ihm gerade noch 700 Euro!90 Prozent Steuern?Dieser Ein-Mann-GmbH-Unternehmer hatte ebenso wie der Einzelunternehmer nach Abzug der Zinsen eigentlich 7.000 Euro Gewinn (vor Steuern). Von diesem Gewinn fallen nun tatsächlich über 6.000 Euro Steuern an, in unserem Beispiel beträgt die Steuerbelastung 90 Prozent! Und glauben Sie nicht, dass dies ein Ausnahmefall wäre. In der Praxis ist dies gang und gäbe, wenn Unternehmensengagements fremdfinanziert werden oder z. B. auch Aktien kreditfinanziert erworben werden. Der Fiskus hat mit der Abschaffung des damaligen Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens und der Einführung des sodann anzuwendenden Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens still und heimlich für solche Fälle eine drastische Steuererhöhung vorgenommen. Und diese Steuerbelastung kann nur dann umgangen werden, wenn man keine Mitgesellschafter hat, sich also nicht selbst in ein fremdes Unternehmen eingekauft hat. Denn wenn man alleiniger Herrscher über die GmbH ist, darf man keinesfalls den Kredit bei der Bank selbst aufnehmen: Dies zeigt unsere dritte Alternative.Willkürliche UngleichbehandlungWenn nun unser GmbH-Gesellschafter den Kredit nicht selbst aufgenommen hat, sondern lediglich der Bank hierfür bürgt und die GmbH selbst den Unternehmenskauf finanziert, dann fallen die Zinsen bei der GmbH selbst als Betriebsausgaben an: 20.000 Euro ./. 13.000 Euro Zinsen, verbleiben nurmehr 7.000 Euro zu versteuern, auf die die GmbH 2.100 Euro Steuern bezahlt. Die verbleibenden 4.900 Euro Ausschüttung sind nur in Höhe von 60 Prozent, also in Höhe von 2.940 Euro zu versteuern, so dass hierauf 1.470 Euro Steuern (50 %) anfallen. Damit fallen auch bei dieser Variante nur 3.570 Euro Steuern an, also fast dieselbe Steuer wie bei unserem ersten Beispiel, dem Einzelunternehmer. ■Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung1. Manche Steuervorschriften sind nicht nur unlogisch, sondern – vom Ergebnis her gesehen – auch höchst ungerecht.2. Die nur beschränkte Abzugsfähigkeit von Aufwendungen im sog. Teileinkünfteverfahren ist eines solcher Beispiele, die dafür verantwortlich sein können, dass die Effektivbesteuerung von erzielten Erträgen nicht nur bis zu 100 Prozent betragen kann, sondern auch weit darüber liegen könnte (Substanzbesteuerung!)3. Eine ähnliche Übermaßbesteuerung kann z. B. auch durch die Gewerbesteuer mit ihren Hinzurechnungsvorschriften (Mieten, Pachten, Zinsen) eintreten; mit solchen Effekten kann mehr als der ganze Gewinn wegbesteuert werden.4. Nominale Steuersätze wie z. B. bei der Einkommensteuer – maximal 45 Prozent – besagen somit gar nicht, wie hoch die Effektivbesteuerung tatsächlich ist.Kommentar< Mit dem Beispiel wollen wir noch einmal deutlich machen, wie verworren das deutsche Steuerrecht ist und dass es schnellstmöglich reformiert werden müsste. Als „der Professor aus Heidelberg“ seinerzeit erklärte, Steuersätze von 35 Prozent würden generell genügen, wurde er als unsozial bezeichnet. Was man aber der breiten Öffentlichkeit verschwiegen hatte, war, dass bei diesem System alle Einkünfte einer Besteuerung unterworfen werden sollten, während heute immer noch auf der einen Seite ganz erhebliche Besteuerungslücken existieren, aber auf der anderen Seite auch – wie das Beispiel zeigt – eine Übermaßbesteuerung stattfindet. Solch ein Besteuerungssystem würde man eigentlich nur einer Bananenrepublik zutrauen! >Recht+ Steuern

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