Nissan: Scharfe Kritik von den Händlern

Für Nissan Center Europe (NCE) Geschäftsführer Guillaume Pelletreau und sein Team war es kein einfacher Tag. Auf der Mitgliederversammlung des Verbandes der Nissan Vertragspartner Deutschlands (VDNV) am 8. November in Berlin nutzten die Teilnehmer die Anwesenheit der Führungsriege aus Brühl, um ihrem Frust Luft zu machen und die Direktoren mit ihren Problemen zu konfrontieren.MarktanteilIn den letzten Monaten war der Marktanteil von Nissan in Deutschland im freien Fall. Per Oktober 2019 kam das Fabrikat in Deutschland gerade mal noch auf ein Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Zulassungen laut KBA um 30 Prozent zurück. Aber es ist nicht so schlimm, wie diese Zahlen vermuten lassen. Das teilte Nissan Center Europe Geschäftsführer Guillaume Pelletreau schon bei einer Pressekonferenz einen Tag vor der Nissan Partnerverbandstagung mit. Das letzte Jahr sei geprägt gewesen von der Bemühung, die im Handel aufgestauten Tageszulassungen abzuverkaufen und die Bestände wieder zu bereinigen. Schaue man sich die aktuellen Verkäufe an, liege das Minus bei der Nettoverkaufsleistung lediglich bei zehn Prozent, so der Deutschlandchef der japanischen Marke. Die Händler begrüßten die Abkehr von der Tageszulassungsgpolitik und den Abbau der Bestände. Allerdings werde mittlerweile schon wieder Lager aufgebaut, hieß es. Die Hoffnungen ruhen nun darauf, dass Pelletreau ankündigte, dass auch er wieder zwei Prozent Marktanteil erreichen will - ohne einen zu hohen Anteil an Eigenzulassungen. Bis wann er dies erreicht haben will, sagte er nicht. Aber: "Die Offensive fängt jetzt an." Denn mit dem neuen Juke, der im Januar auf den deutschen Markt kommt, beginnt die Erneuerung der Produktpalette.ProduktpaletteBis 2022 sollte der komplette Line-up erneuert sein. Dann habe Nissan ein kleines Auto, eine interessante Cross-over-Palette, ein Elektrofahrzeug und eine vernünftige Nutzfahrzeug-Palette, die die Marke hierzulande wieder nach vorne bringen soll. "Vielleicht wird es noch zwei Autos mehr geben aber nichts darüber hinaus", formulierte Pelletreau die zukünftige Modellpolitik mit Blick auf das in Japan vorgestellte Crossover-Elektrofahrzeug. "Fokussiert" sollte die neue Modellpalette sein, das heißt jedes Modell auf dem Markt sollte mindestens 10.000 Mal pro Jahr verkauft werden. Vom neuen "Qashqai" vielleicht sogar mehr. Bei wenigen Tausend Einheiten dümpelnde Modelle wie den bereits eingestellten "Pulsar" solle es nicht mehr geben. Auch das ein Problem für die Händler, denn die geänderte Modellpalette bedeutet, dass viele treue Kunden nicht mehr bedient werden können, weil es das von ihnen gewünschte Fahrzeug bei Nissan nicht mehr gibt. An der Entscheidung des Herstellers bezüglich der Modellpalette sei aber nicht zu rütteln, betonte Pelletreau.Leaf: Preis korrigiertDas Elektrofahrzeug "Leaf" sollte im nächsten Jahr höhere Stückzahlen bringen. Wegen langen Lieferzeiten und zuletzt auch nicht marktgerechten Preisen blieb der "Leaf" in diesem Jahr unter den Erwartungen. "Wir haben zu lange gebraucht, um unsere Preise zu korrigieren", räumte der Nissan Deutschland Chef ein. Dies sei aber nunmehr erfolgt und auch die Lieferzeiten seien auf drei Monate zurückgegangen. Auch mit dem Elektronutzfahrzeug e-NV 200 sieht er große Chancen. Aber: Dem Manager ist auch klar, dass das nächste Jahr gerade bei den Elektrofahrzeugen sehr schwierig werden wird. Alle Hersteller müssen eine gewisse Anzahl auf den Markt bringen, um ihre CO2-Ziele zu schaffen. Die Kunden sind aber bisher noch sehr zurückhaltend "Es wird zu viel Angebot für einen zu geringen Markt geben", brachte es Pelletreau auf den Punkt. Und Händlerverbandsvertreter Jürgen Mattern ergänzte, dass durch die Ankündigung der Bundesregierung, die Förderung für E-Fahrzeuge ab 2021 noch zu erhöhen, viele Kunden lieber darauf warten als schnell in die Elektromobilität einsteigen wollten. Er forderte, dass die Erhöhung der Förderung sofort wirksam werden sollte, um den Verkauf auch sofort zu fördern.In Sachen Beratung haben die Nissan-Händler jedenfalls Vorsprung: Sie haben mit dem "Leaf" schon zehn Jahre Erfahrung sammeln können. Das zahlt sich jetzt aus. Und auch der Importeur würdigt besondere Leistungen in diesem Segment. Händler, die einen hohen Anteil von E-Zulassungen haben, bekommen einen zusätzlichen Bonus.RenditeBei der Rendite liege der Handel in absoluten Zahlen wieder auf dem Niveau von 2017, obwohl viel weniger Autos verkauft werden. Nach 1,1 Prozent Händlerrendite in 2018 stieg diese wieder auf 1,5 Prozent per September 2019, hatte der NCE-Chef verkündet. Das liege hauptsächlich daran, dass man besser ausgestattete Autos verkaufe und die Preisschleuderei eingedämmt sei. Verkäufe an nicht autorisierte Wiederverkäufer würden konsequent verfolgt. Pelletreau bezog sich bei den von ihm genannten Zahlen auf den Händlerbetriebsvergleich. Es gibt aber Zweifel daran, ob diese Zahlen die Realität abbilden. Im Vortrag von Horst Neubacher von der Steuerkanzlei RAW Partner wurde deutlich, dass so mancher Händler vielleicht bei seinen Eingaben nicht ganz korrekt vorgeht. Neubacher forderte in seinem kurzen Vortrag zum Beispiel dazu auf, sorgfältig auch schon unterjährig Rückstellungen, Abschreibungen und eventuell nur einmal jährlich anfallende Zahlungen anteilig zu berücksichtigen, damit es nicht beim Jahresabschluss eine Überraschung gibt.Probleme mit ErsatzteilenVerzögerungen und Fehler bei der Ersatzteilbelieferung haben in den letzten Monaten für viele unangenehme Situationen mit Kunden im Servicegeschäft geführt, berichteten die Partner aus ihrer Tagesarbeit. Selbst Inspektionen konnten nicht stattfinden, weil einzelne Teile fehlten. Grund war eine Umstrukturierung im Lager bei Renault. Von der Schwestermarke bezieht Nissan über 30 Prozent seiner Teile. Die Werkstätten mussten die Konsequenzen ausbaden.Fehlende AnsprechpartnerZusätzlich erschwert wurde das Geschäft der Händler auch durch die Personalumstrukturierung in Brühl. Pelletreau betonte, dass man zwar einige Positionen abgebaut, aber auch neue Funktionen zum Beispiel im Marketing geschaffen habe. Der Außendienst wurde aufgestockt. Es seien immer noch mehr als 200 Mitarbeiter bei Nissan Center Europe beschäftigt. Die Partner monierten aber fehlendes oder noch nicht ausreichend qualifiziertes Personal auf der Arbeitsebene. Für besonders viel Frust in den Unternehmen sorgt auch eine nicht zufrieden stellende IT-Ausstattung.Am Ende versöhnliche WorteNachdem am Ende der Veranstaltung nur noch Pelletreau und sein Pressemann auf der Bühne waren - der Rest des Führungsteams war wegen der gestrichenen Lufthansa-Flüge frühzeitig abgereist -, gab es dann aber doch noch versöhnliche und motivierende Worte vom Chef für die Händler und Servicebetriebe.FazitObwohl die Kommunikation mit dem Importeur sich wieder verbessert hat, kam in Berlin klar zum Ausdruck, dass manche Umstrukturierungen beim Hersteller bei den Händlern für Frust sorgen. Im Tagesgeschäft haben die Nissan-Partner aktuell mit vielen Problemen zu kämpfen. Auch Pelletreau sind diese Baustellen bewusst. "Ja, es gibt Probleme", sagte er in seiner Rede. Ihm ist aber auch klar, dass die Händler die zwei Prozent echte Rendite und die zwei Prozent Marktanteil brauchen, um die von ihnen verlangten Investitionen zu stemmen. Mit der ab sofort erneuerten Modellpalette gibt es aber Hoffnung auf Besserung.KurzfassungSinkender Marktanteil, schrumpfende Modellpalette, nicht ausreichende Rendite - neben diesen Themen kämpfen die Händler auch im Tagesgeschäft mit einer nicht zufriedenstellenden IT und langen Lieferzeiten.

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