Gebrauchtwagenkauf ist Vertrauenssache – das gilt nach einer aktuellen Studie des TÜV Rheinland besonders beim Thema Tachobetrug. Demnach halten 44 Prozent der befragten Autokäufer und -verkäufer illegale Tachomanipulation für ein Problem. Sie gehen davon aus, dass bei knapp einem Drittel aller gebrauchten Autos der Kilometerstand heimlich zurückgedreht wurde. "Diese Angaben decken sich im Wesentlichen mit den Berechnungen der Polizei", sagte Mobilitätsvorstand Jürgen Brauckmann am Donnerstag in Köln.
Sind wir tatsächlich ein Land von Tachotricksern? Die weiteren Befragungsergebnisse jedenfalls lassen tief blicken: So ist das Vertrauen in die Richtigkeit des Kilometerstands beim Autokauf von freien Händlern am geringsten. Knapp 66 Prozent misstrauen deren Angaben. Kaum besser schneiden die privaten Verkäufer ab (62 Prozent). Und rund 30 Prozent stehen laut Studie auch Markenhändlern skeptisch gegenüber.
Nach Berechnungen des ADAC verursachen Tacho-Betrüger jährlich einen Schaden von hochgerechnet sechs Milliarden Euro, jedes dritte Auto sei betroffen. Hersteller und Kfz-Verbände halten dies für zu hoch gegriffen, valide Zahlen liegen nicht vor. "Es gibt ein riesiges Dunkelfeld. Oft ist es schwierig, den Betrug nachzuweisen", erklärte Martin Lotz, Leiter der Direktion Verkehr bei der Polizei Köln.
Die böswillige Veränderung von Tachos ist eine Straftat, schon der Versuch ist kriminell. Bislang wird Tachobetrug mit höchstens einem Jahr Haft bestraft. Für ihre Trickserei nutzen die Gauner die digitale Service-Schnittstelle der Autos. Dort schließen sie Manipulationsgeräte an, meist speziell angefertigte Tablets. Innerhalb weniger Sekunden können sie so die Laufleistung drücken und den Marktwert des Fahrzeugs erhöhen. "Ein argloser Käufer zahlt dann nicht nur beim Kauf zu viel, sondern hat als Folge möglicherweise auch höhere Reparaturkosten", so Brauckmann. Hinzu komme das Sicherheitsrisiko, weil der Neubesitzer Wartungsintervalle oder den Austausch von Verschleißteilen verpassen könnte.
Chip oder Datenbank?
Der ADAC fordert technische Lösungen: Ein schon in Neuwagen eingebauter Chip kann Tachomanipulationen zumindest erheblich erschweren. Das sieht auch die Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mechthild Heil, so: "Die Hersteller könnten das schon seit Jahren tun, es wäre für sie im Grunde ein Klacks."
Doch die Industrie widerspricht: "Technik allein kann Manipulation nicht verhindern", betonte ein Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Die Hersteller arbeiteten kontinuierlich daran, Maßnahmen gegen Tachomanipulation zu verbessern, sähen sich aber im Wettlauf mit den Betrügern: "Bei dem ständigen technischen Fortschritt geht es immer darum, dem jeweils anderen eine Nasenlänge voraus zu sein." Um Tachobetrug zu erschweren, seien deshalb zusätzliche Datenerhebungen von Fahrzeugen sinnvoll.
Mehrere Unternehmen arbeiten bereits am Aufbau von Datenbanken, die regelmäßig die Kilometerstände von Autos erfassen sollen, etwa bei Werkstattbesuchen, Hauptuntersuchungen oder Pannen. Die Firma Arvato Financial Solutions will beispielsweise Kilometerstände über die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) checken. Laut Geschäftsführer Frank Schlein soll für jeden Wagen künftig vom Verkäufer abfragbar sein, welchen Kilometerstand er zu einem bestimmten, gespeicherten Zeitpunkt hatte. Die Daten sollen von Versicherungen, Prüfgesellschaften und weiteren Partnern kommen. Bei solchen Lösungen setzen Schlein und Unionspolitikerin Heil auf freiwillige Teilnahme – alles andere sei datenschutzrechtlich schwierig.
Nach Auffassung des ADAC dagegen suggerieren Datenbanken einen nicht vorhandenen Schutz. "Das ist Augenwischerei", erklärte ADAC-Experte Arnulf Thiemel. Denn Betrüger könnten den Kilometerstand schon vor der ersten Wartung zurückdrehen. "Im Endeffekt würden Täter nur angespornt, noch systematischer vorzugehen." (dpa/rp)
Achim Meysing MW Gebrauchtwagen
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Witzig..