Ein Ende des russischen Autobooms zeichnet sich nicht ab. Laut einer aktuellen Studie der Münchner Unternehmensberatung EAC International Consulting (EAC) könnte sich das Wachstum nach drei Jahren mit zweistelligen Steigerungsraten zwar 2013 auf rund fünf Prozent abflachen. EAC-Partner Dietmar Kusch erwartet jedoch bis spätestens 2015 ein Volumen von 3,5 Millionen verkauften Fahrzeugen: "Russland wird dann Deutschland überholt haben und auf Augenhöhe mit Japan die Nummer vier der weltweit größten Automärkte sein." 2012 wurden 2,8 Millionen Fahrzeuge abgesetzt.
Der von einer starken Nachfrage getriebene russische Markt mit einer noch niedrigen Motorisierungsquote (250 Autos auf 1.000 Einwohner) biete ausländischen und insbesondere deutschen Automobilherstellern ein interessantes Entwicklungsfeld, so der Marktbeobachter. Aufgrund veralteter Produktionstechnologien und Autodesigns seien russische Hersteller wie VAZ, GAZ, Sollers, Aytotor, Tagaz oder Kamaz auf ausländische Hersteller angewiesen.
Rein russische Marken erzielten 2012 lediglich einen Marktanteil von 22 Prozent, sie verkauften dabei sechs Prozent weniger Fahrzeuge als im Jahr zuvor. Die in Russland im Rahmen von Joint-Ventures mit internationalen Herstellern produzierten Fahrzeuge erzielten 2012 hingegen einen Marktanteil von 48 Prozent (plus 17 Prozent mehr Absatz gegenüber Vorjahr), die restlichen 30 Prozent entfielen auf Importe ausländischer Marken.
Regierung setzt auf Reglementierung
Das Engagement internationaler Automobilkonzerne ist dabei stark reglementiert. Der Plan der Regierung sieht vor, dass bis 2020 80 Prozent der verkauften Autos im Land hergestellt sein müssen. Bis dahin soll die lokale Automobilindustrie knapp drei Prozent zum russischen Sozialprodukt beitragen sowie insgesamt eine nationale Wertschöpfung von mindestens 50 Milliarden Euro erzielen. Um diese Lokalisierung zu erreichen, setzt die russische Regierung neben günstigen Ansiedelungsbedingungen auch auf restriktive Maßnahmen wie Zölle.
Inzwischen sind elf internationale Autobauer, darunter alle führenden Hersteller, sowie vier Lkw-Produzenten mit eignen Standorten in Russland aktiv. Die internationalen Automobilkonzerne haben sich schriftlich verpflichtet, eine jährliche Kapazität von zumindest 300.000 Einheiten aufzubauen, eigene Forschungs-und Entwicklungseinheiten mit den Schwerpunkten Design, Engineering und Komponenten in Russland zu betreiben. EAC nennt diese Ziele ambitioniert, aber machbar. Probleme bereitet vor allem der geringe Anteil heimischer Zulieferer. (se)