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Stracke-Rücktritt: Neue Angst vor Kahlschlag bei Opel

13.07.2012 09:59 Uhr
Stracke-Rücktritt: Neue Angst vor Kahlschlag bei Opel
Nach Stracke-Rücktritt: Müssen sich die Opelaner jetzt warm anziehen?
© Foto: Volker Hartmann/dapd

Das Scheitern von Vorstandschef Stracke an der Spitze von Opel nährt die Zweifel, ob der vereinbarte Sanierungsplan noch Gültigkeit hat - oder ob GM jetzt hart bei der Krisentochter durchgreifen wird.

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Der Abschied von Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke schürt beim angeschlagenen Autobauer neue Ängste vor einem Kahlschlag. Der Bochumer Betriebsrat warnte am Freitag vor einer erneuten Diskussion über Werksschließungen. «Wir werden darauf achten, dass bestehende Zusagen und Verträge eingehalten werden», sagte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel.

Insider sind überzeugt, dass die US-Mutter General Motors (GM) einen Nachfolger inthronisieren wird, der härter durchgreift. Die hohen Verluste, flankiert von einem kräftigen Absatzeinbruch und teuren Überkapazitäten, dürften wichtige Gründe für Strackes Abgang sein. Als heißester Kandidat für den Chefposten gilt der frühere Unternehmensberater und jetzige Opel-Strategievorstand Thomas Sedran. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung werden auch Produktionsvorstand Peter Thom Chancen eingeräumt.

Der Standort Bochum galt schon vor dem unerwarteten Rückzug Strackes als einer der ersten Streichkandidaten bei dem defizitären Autobauer. Stracke war zuletzt aber von seinen ursprünglichen Plänen abgewichen, Bochum 2015 zu schließen. Im Gegenzug für einen Lohnverzicht der Arbeitnehmer wollte er dem Werk zwei Jahre Gnadenfrist einräumen. Seit Stracke am Donnerstag vor die Tür gesetzt wurde, wird spekuliert, ob dieses Vorhaben noch Bestand hat - oder ob nicht doch schon vor 2016 Werke geschlossen werden.

Betriebsrat warnt vor "Kahlschlagpolitik"

Die Verhandlungen zu diesem "Deutschlandplan" sollten im Oktober abgeschlossen werden. Der Frankfurter IG-Metall-Chef und Opel-Aufsichtsratsmitglied Armin Schild forderte am Freitag, an diesem Ziel festzuhalten: "Die zwischen uns und dem Unternehmen vorgesehenen Gespräche müssen wie vereinbart geführt werden."

Die IG Metall will verhindern, dass der kommende Opel-Chef den von Stracke eingeschlagenen Kompromiss-Kurs verlässt, der Investitionen statt Kündigungen vorsah. Gewerkschafts-Chef Berthold Huber sagte: "Für die IG Metall, Betriebsräte und Opel-Beschäftigte ist nur ein Zukunftskonzept tragfähig, dass keine Schließung von Standorten vorsieht und die Belegschaften mit ihrer Kompetenz beteiligt." Es gehe um nicht weniger als die Zukunft von Opel insgesamt. Einenkel warnte vor einer "Kahlschlagpolitik": "Wir brauchen dringend eine Öffnung der außereuropäischen Märkte und eine neue Modelloffensive."

Quer durch die Parteien und Opel-Länder werden Zweifel laut, ob Strackes Plan nun noch Gültigkeit besitzt. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) appellierte am Freitag an die Adam Opel AG, den bisherigen Kurs nach dem Stracke-Rücktritt fortzusetzen. Die offensive Strategie müsse beibehalten werden: "Wir werden als Politik darauf achten, dass die Opel-Standorte in ihren Interessen nicht gegeneinander ausgespielt werden."

"GM verzockt Vertrauen"

Hessens stellvertretender Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn (FDP) sagte "Handelsblatt Online": "GM verzockt gerade das Vertrauen seiner Mitarbeiter, der Verbraucher und das Vertrauen der Politik." Er erwarte endlich eine nachhaltige Unternehmensstrategie: "Diese zu entwickeln und das Unternehmen langfristig zu sichern, ist jetzt die wichtigste Aufgabe eines neuen Opel-Chefs." Ministerpräsident Volker Bouffier verwies darauf, dass Rüsselsheim eines der modernsten Opel-Werke und Stammsitz des traditionsreichen Unternehmens sei. Er kündigte an, sich möglichst schnell mit dem kommissarischen Leiter von General Motors (GM) in Europa, Stephen Girsky, treffen zu wollen.

Experten sehen in der Haltung der Arbeitnehmervertreter seit Jahren einen Grund für die Misere bei Opel. Stefan Bratzel schätzt die Überkapazitäten bei Opel auf mindestens 30 Prozent. "Mit zehn bis 15 Prozent Überkapazitäten kann man leben", sagte Bratzel der dpa: "Bei 20 bis 30 Prozent schafft es aber keiner mehr, profitabel zu arbeiten."

Opel fährt seit Jahren Verluste ein, eine Wende ist nicht in Sicht. Seit 1999 ist es der Traditionsmarke nur 2006 gelungen, auf Jahressicht Gewinn zu schreiben. Wegen der Absatzkrise in Europa leidet der Hersteller zudem unter enormen Überkapazitäten. Im Juni sanken die Neuzulassungen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8 Prozent, im gesamten ersten Halbjahr lag das Minus bei 9,3 Prozent - der Gesamtmarkt wuchs um knapp 1 Prozent. In Europa sieht es noch dramatischer aus: In den ersten fünf Monaten 2012 brachen die Opel-Neuzulassungen um 16 Prozent ein - doppelt so stark wie der Gesamtmarkt. (dpa)

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KOMMENTARE


Silvio Blass

13.07.2012 - 18:00 Uhr

Ich finde den wechsel des Steuermannes von Opel weniger erschreckend, wie das breittretten dieses themas und das verängstigen der Bürger durch die Nationalen Medien. Alle sprechen davon, dass es Opel gelingen muss aus der Krise zu kommen, aber alle schüren nur Angst und machen es dem Angeschlagenen Autobauer damit nicht leichter. Warum nimmt man die Entscheidung, auch wenn sie nicht positiv erscheint, einfach hin und interpretiert nicht irgendwas dazu, Hauptsache das Sommerloch ist gestopft. 9% hört sich dramatischer an wie knapp 0,7% Punkte. Aber das unterscheidet nicht jeder. Ich bitte daher alle sich ein eigenes Bild zu machen. Aus Betriebswirtschaftlicher Sicht muss bei Opel was geschehen, das ist richtig. Mit freundlichem Gruß Silvio


Peter Dahlmann

15.07.2012 - 00:05 Uhr

Bei der ganzen Dikussion um die Problematik OPEL wird auf eins nie eingegangen und das sind die Händler, die unter dem Marktanteilsverlust von OPEL mit am meisten gelitten haben.So schnell wie es mit den Marktanteilen bergab ging, so schnell konnten wir unsere Betriebe den immer schlechter werdenden Bedingungen nicht anpassen.Und ein Ende der Misere ist nicht absehbar. daher glücklich diejenigen, die den Versprechen der diversen Vorstandsvorsitzebden nicht geglaubt haben und sich rechtzeitig nach anderen zusätzlichen Fabrikaten umgesehen haben.


Gerdi Hellmann

16.07.2012 - 12:40 Uhr

Auch der Automarkt in Europa tut ein Übriges, dass sich beispielsweise Hersteller wie Opel und Peugeot/Citroen, Fiat, Toyota u.a. derzeit auf zeistelligem Niveau Absatzeinbußen hinnehmen müssen. Die Hersteller sind in den letzten Jahren und auch nach Einführung des Euro "verwöhnt" worden. Das Geld floß doch in Strömen und man hatte sich kaum Gedanken um die Zukunft machen müssen. Ich befürchte leider wie im Fall PSA, dass auch Opel und andere deutsche Marken jederzeit wieder nach staatlichen Hilfen, in welcher Form auch immer, rufen werden? Wie wußte schon Somerset Maugham (1874-1965): "Der Mensch hat das Warten verlernt. Darin liegt das Grundübel unserer Zeit."


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