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Betrug: Jeder zehnte Kfz-Schadenfall ist manipuliert

12.02.2013 17:02 Uhr
Betrug: Jeder zehnte Kfz-Schadenfall ist manipuliert
Provozierte Unfälle sind schwer nachzuweisen. Wenn aber der Unfallgegner routiniertes Auftreten an den Tag legt, sein Auto Vorschäden aufweist und Zeugen einen zusätzlich unter Druck setzen, sollte man misstrauisch werden.
© Foto: @Daniel Bujack/www.fotolia.com

Wegen des Verdachts auf Versicherungsbetrug wurden kürzlich in Offenbach mehrere Männer festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, mehr als 70 Verkehrsunfälle absichtlich herbeigeführt oder vorgetäuscht zu haben. Provozierte Crashs sind nach Experteneinschätzungen ein altbekanntes Delikts-Phänomen.

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Eine Großfamilie aus Offenbach soll rund fünf Jahre lang mehr als 70 Verkehrsunfälle provoziert und so die Versicherung betrogen haben. Was als skurriler Einzelfall anmutet, ist auf deutschen Straßen gar nicht so selten anzutreffen: Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt, dass bei mehr als zehn Prozent aller Schadenfälle in der Kfz-Haftpflichtversicherung "nachgeholfen" wurde. Ein Musterbeispiel: Die Kollision wird von einem Verkehrsteilnehmer vorsätzlich herbeigeführt, es wird eine Unfallsituation geschaffen, bei der die Schuldfrage vermeintlich eindeutig ist. Das zufällig ausgewählte Opfer bemerkt nichts und soll dabei stets als Unfallverursacher angesehen werden. Doch der GDV gibt Hinweise, wie Autofahrer die Betrüger entlarven können.

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

Nach Angaben des GDV entsteht durch Versicherungsbetrug den deutschen Kraftfahrtversicherern jedes Jahr ein Milliarden-Schaden. In mehr als zehn Prozent der Schadenfälle in der Kfz-Haftpflichtversicherung werde manipuliert, schätzt der Gesamtverband. Ziel der Täter, die häufig als organisierte Banden auftreten, sei es, sich über den abgerechneten Blechschaden möglichst viel Geld von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallopfers zu erschleichen. Rechtlich gesehen handle es sich bei einem vorsätzlich herbeigeführten Unfall, bei dem sogar zum Teil schwere Verletzungen der Unfallbeteiligten in Kauf genommen werden, um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Dieser wird mit Geldstrafen oder sogar einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren geahndet.

Gravierende Folgen für die Betrugsopfer

Die Folgen für die Opfer von provozierten Verkehrsunfällen sind erheblich. Sie müssen für die Kosten des eigenen Schadens aufkommen, sofern dieser nicht über eine Vollkaskoversicherung abgedeckt ist. Zudem werden sie von ihrem Versicherer in der Schadenfreiheitsklasse zurückgestuft und müssen mit einem Bußgeld und Punkten beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg rechnen. Bei Fahranfängern steht unter Umständen sogar eine Nachschulung an.

Drei gängige Betrugsschemata

Kriminelle gehen beim Betrug methodisch zu Werke. Zum Beispiel nutzen Täter ihnen bekannte Besonderheiten der Verkehrsführung aus, beispielsweise eine Fahrbahnverengung oder Kreisel, und erzwingen beim Spurwechsel einen Streifschaden. Oder: Sie provozieren einen Auffahrunfall, indem sie bei einer Ampel, die von Gelb auf Rot schaltet, im letzten Moment abrupt bremsen. Beliebt sei nach Angaben des GDV auch das gezielte Warten an einer Kreuzung mit rechts vor links Regelung. Ist ein geeignetes Opfer ausgesucht, wird noch im letzten Moment in die Kreuzung eingefahren. Das Unfallopfer kann nicht mehr ausweichen und es kommt zum Unfall.

Bei Verdacht Polizei benachrichtigen

In der Praxis lassen sich provozierte Unfälle leider nur schwer erkennen. Die deutschen Versicherer setzen bei der Bekämpfung von Versicherungsbetrug vor allem auf die Aufklärung und Sensibilisierung ihrer Kunden und auf die Zusammenarbeit mit der Polizei. Zur Erkennung von vorsätzlich herbeigeführten Unfällen werden Polizei und Versicherer zudem mit einer speziellen Lernsoftware geschult. Die deutschen Versicherer raten bei einem Verdacht, dass der Unfall vorsätzlich herbeigeführt worden sein könnte, zur weiteren Beweissicherung unbedingt die Polizei hinzuziehen und seinen Versicherer zu informieren.

Wichtig sind beispielsweise Angaben darüber, ob der Unfallbeteiligte hätte bremsen oder ausweichen können oder ob er sogar sein Fahrzeug beschleunigt hat. Entsprechenden Hinweisen kann die Polizei dann schon bei der Unfallaufnahme nachgehen. Ferner kann sie prüfen, ob die Fahrzeugschäden tatsächlich zum geschilderten Unfallhergang passen. Wichtig ist zudem, Fotos von den Unfallspuren, den Endlagen sowie allen Seiten der beteiligten Fahrzeuge anzufertigen.

Tipps für Autofahrer: Hinweise auf einen provozierten Unfall

  • der Unfallbeteiligte zeigt routiniertes Auftreten und Vorgehen
  • Zeugen schalten sich ein und üben zusätzlich Druck aus
  • es gibt Anhaltspunkte für ein zielgerichtetes Handeln des Unfallkontrahenten (Fahrtrichtung- oder Spurwechsel vor dem Crash, Geschwindigkeit erhöht, Handzeichen gegeben, aber nachher bestritten)
  • es gibt Hinweise auf Vorschäden am Fahrzeug


Zentrale Unfalldatenbank könnte einen Durchbruch bringen

Der Versicherer könne außerdem durch unfallanalytische Gutachten und Simulationen den Unfallhergang rekonstruieren und bei einer entsprechenden Beweislage Strafanzeige stellen. Erschwert wird die Arbeit von Polizei und Versicherern dadurch, dass Verkehrsunfälle nicht zentral erfasst werden. Deshalb lasse sich nur schwer prüfen, ob ein Fahrzeug oder ein Unfallbeteiligter schon häufiger in einen Unfall verwickelt war. Nur im Zusammenspiel zwischen Unfallopfer, Versicherer und Polizei ist daher eine effiziente Aufklärung möglich. (ll)

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