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Bundesgerichtshof: Umwelthilfe auf dem Prüfstand

25.04.2019 09:47 Uhr
Bundesgerichtshof: Umwelthilfe auf dem Prüfstand
Die Deutsche Umwelthilfe um Geschäftsführer Jürgen Resch (Bild) steht seit längerem in der Kritik.
© Foto: picture alliance/Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Mit ihrem Kampf für Diesel-Fahrverbote hat sich die Deutsche Umwelthilfe nicht nur Freunde gemacht. Die Organisation klagt gerne und viel. Ein betroffenes Autohaus will ihr vor dem BGH Rechtsmissbrauch nachweisen. Aber das wird nicht leicht.

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Von Anja Semmelroch/dpa

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kann voraussichtlich auch in Zukunft in großem Stil Unternehmen abmahnen und verklagen, die gegen Verbraucherschutz-Vorschriften verstoßen. Die obersten Zivilrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) sehen nach ersten Beratungen keinen Anlass, die Klagebefugnis der Organisation infrage zu stellen, wie der Senatsvorsitzende Thomas Koch am Donnerstag in der Verhandlung in Karlsruhe sagte. Nach vorläufiger Einschätzung spreche auch nichts für rechtsmissbräuchliches Verhalten. Das Urteil soll am 4. Juli verkündet werden (Az. I ZR 149/18).

Für viele in Politik und Autoindustrie ist die Umwelthilfe ein rotes Tuch, weil sie schon in etlichen deutschen Städten Diesel-Fahrverbote durchgesetzt hat. Das tut sie als Umweltschutzorganisation.

Vor dem BGH geht es um die Aktivitäten der DUH im Bereich Verbraucherschutz. Als sogenannte qualifizierte Einrichtung darf die Umwelthilfe gegen Unternehmen vorgehen, die zum Beispiel gegen Informationspflichten verstoßen. Damit hat sie den gleichen Status wie die Verbraucherzentralen oder der Deutsche Mieterbund.

Rund 400 Gerichtsverfahren im Jahr

Nach eigenen Angaben mahnt die Umwelthilfe jede Woche etwa 30 Verstöße ab und führt rund 400 Gerichtsverfahren im Jahr. Die damit erzielten Einnahmen machten zuletzt gut ein Viertel des DUH-Haushalts aus, laut jüngstem Jahresbericht knapp 2,2 Millionen Euro 2017.

Dietrich Kloz, Geschäftsführer mehrerer Mercedes-Autohäuser im Raum Stuttgart, sieht dahinter Gewinnabsichten. "Hier wird professionell als Geschäftsmodell gearbeitet", sagt er. Kloz hat es mit seiner Felix Kloz GmbH auf einen Rechtsstreit bis hinauf zum BGH ankommen lassen, nachdem er selbst von der Umwelthilfe abgemahnt worden war. Das Autohaus hatte im Internet einen Neuwagen beworben und dabei nicht korrekt über Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß informiert. Eine Abmahnung von einer Innung oder Institution hätte er akzeptiert, sagt Kloz. "Aber nicht von einem Verein, der mit sieben Mitarbeitern geradezu danach sucht, ob irgendwo Fehler gemacht werden."

Haben Gerichte ernsthafte Zweifel, ob eine Organisation zu Recht als "qualifizierte Einrichtung" gelistet ist, können sie das zuständige Bundesamt für Justiz zur Überprüfung auffordern. Das hat der BGH nach derzeitigem Stand aber nicht vor. Die wesentlichen Umstände seien dem Bundesamt bekannt gewesen. Etwas Neues habe sich nicht ergeben.

Frage der Querfinanzierung

Bleibt der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Zentrale Frage ist hier, ob die Umwelthilfe mit dem Geld, das sie durch ihre Abmahn- und Klageaktivitäten erwirtschaftet, andere Bereiche ihrer Arbeit querfinanzieren darf. 2015 wurden von den eingenommenen knapp 2,5 Millionen Euro beispielsweise nur etwa 1,5 Millionen Euro für die Marktüberwachung ausgegeben. Nach Abzug von Fixkosten blieb ein Überschuss von mehr als 420.000 Euro. Laut Umwelthilfe fließen solche Überschüsse ausschließlich in "Verbraucherinformation und -beratung".

Die Gegenseite zieht das in Zweifel. Das Geld fließe auch in politische Kampagnen außerhalb der Zwecke des Verbandes, sagte die BGH-Anwältin des Autohauses, Brunhilde Ackermann. Kloz wirft der DUH außerdem vor, in Gerichtsverfahren überhöhte Streitwerte anzusetzen. Die beiden Geschäftsführer bezögen stattliche Gehälter.

Die Richter scheinen hier allerdings keine Probleme zu sehen. Dass Gewinne erzielt werden, sei für sich allein noch kein Indiz für rechtsmissbräuchliches Verhalten, sagte Koch. Er deutete aber auch an, dass sich die Zivilgerichte im Prozess nicht mit allen Einwänden auseinandersetzen könnten. Wofür die Umwelthilfe ihre Mittel verwende, sei wohl eher vom Bundesamt für Justiz zu prüfen.

Gewinne zeugen von konsequenter Verfolgungsstrategie

Nach Darstellung des BGH-Anwalts der Umwelthilfe, Norbert Tretter, hat die DUH die Überschüsse vor allem in Aufklärungskampagnen gesteckt, etwa zur Stickoxid-Belastung und zu Diesel-Autos. Das sei nicht sachfremd. Die Gewinne zeugten einfach von einer konsequenten Verfolgungsstrategie. Ohne Vertragsstrafe für den Fall, dass sich ein Verstoß wiederholt, sei eine Unterlassungsklage nichts wert.

Anwalt Roland Demleitner, der die DUH in den Vorinstanzen vertreten hat, hält die Angriffe auf die Umwelthilfe für politisch motiviert. "Es passt einfach einigen Leuten in diesem Land nicht, dass es Organisationen der Zivilgesellschaft gibt, die geltendes Recht durchsetzen", sagte er. "Von sauberer Luft profitieren wir alle." Auf die Vorschriften zu pochen, sei daher "natürlich rechtmäßig".

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KOMMENTARE


Pritt

25.04.2019 - 12:05 Uhr

Eine sehr gute Aktion - Daumen hoch.Abzocker keine Chance geben


Detlef Rüdel

25.04.2019 - 17:11 Uhr

Die Aussage vom BGH ist klar, eindeutig und nachvollziehbar somit wird das Schwäbische AH wohl für die entstandenen Kosten selbst gerade stehen. Es passt einfach einigen Leuten in diesem Land nicht, dass es Organisationen der Zivilgesellschaft gibt, die geltendes Recht durchsetzen. Man mag über die DUH denken was man will, aber bitte: wer hält der Politik usw. sonst den Spiegel vor? Ohne der DUH würden wir in bestimmten Dingen noch immer kein Stück weiter sein. Ja, ich höre bzw. lese sie schon die Haas Kommentare zur DUH, aber wer nimmt den sonst die Verantwortung in die Hand? Weder die Politik, welche wir gewählt haben, oder die Automobilindustrie sehen sich in der Verantwortung, endlich etwas zum Wohl der Menschen-Umwelt zu unternehmen. Stattdessen wird weiter Betrogen, gelogen, getrickst, usw. wann werden endlich durch die Politik, Fakten gegenüber Automobilindustrie geschaffen? Solange das nicht der Fall ist, können wir froh sein das es die DUH gibt.


Opelaner

25.04.2019 - 17:23 Uhr

Ein weiteres Argument ist die bundesweite "Beschäftigung" von (Jung)Juristen mit zur Abmahnung fähigen Inseraten und Angebots-Darstellungen auf allen Plattformen zu prüfen. Diese zu Abmahnungen für die DUH aufzubereiten und mit Provisionen eine Vergütung zu erhalten. Lohnende Nebenbeschäftigung ...


RHS

25.04.2019 - 18:10 Uhr

Wenn die obersten Zivilrichter nebst dem Senatsvorsitzenden Herr Thomas Koch nicht merken welche Machenschaften hinter der DUH stehen, muss ich schon zwingend davon ausgehen, dass hier Bestechungsgelder fließen oder andere Beeinträchtigungen vorliegen. Oder die Richter gehören nicht dahin wo sie sitzen.Wenn ein Überschuss erwirtschaftet wird, handelt es sich dabei um ein Wirtschaftsunternehmen und nicht um einen gemeinnützigen Verein, der grundsätzlich in jedem Jahr seine Einnahmen ausgeben muss, d. h. grundsätzlich keine Gewinne erzielen darf!!!DIE RECHTSLAGE IST KLAR, DIE RICHTER ANSCHEINEND NICHT.


Alter Zausel

25.04.2019 - 20:33 Uhr

Eines hat die sogenannte Umwelthilfe bei mir erreicht : EIN UMDENKEN !! Ich kann die Worte DUH, Diesel Fahrverbote, SUV Monster, Tempolimit, CO 2 Ausstoß, Stickoxid-Belastung bis hin zu Hambacher Forst oder streikende Schüler nicht mehr hören - mit entsprechenden Konsequenzen !! Haben wir nach dem Krieg denn alles falsch gemacht ? Wieso werden die Menschen denn immer älter ? NIE WAREN DIE AUTOS BESSER, SICHERER UND SAUBERER ALS HEUTE !! Was hier von Politikern ermöglicht u. von weltfremden Richtern geurteilt wird ist eine absolute Frechheit zum Schaden einer Schlüsselindustrie u. damit unserer Volkswirtschaft. Haben wir keine anderen Probleme ? Ich empfehle mal einen Blick auf die Weltkarte - u.kostenlose Verhütungsmittel in vielen Regionen der Erde - denn das löst viele Probleme !


motorm4n

26.04.2019 - 07:09 Uhr

Alleine schon der Name dieser Gesellschaft ist beklagenswert:Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 8.3.2017, Az. 37 W 179/16Ein Firmenname darf nicht irreführend sein: „Bio“, Öko“, „Institut“ – geht nur dann, wenn es tatsächlich ein solches Unternehmen ist. Rechtsgrundlage hierfür ist § 18 Abs. 2 Handelsgesetzbuch. Demnach gilt ein Name als irreführend, der dem unbedarften Leser etwas suggeriert, was sich tatsächlich gar nicht mit deinem Unternehmen verbindet.


VK

26.04.2019 - 10:18 Uhr

"Weder die Politik, welche wir gewählt haben, oder die Automobilindustrie sehen sich in der Verantwortung, endlich etwas zum Wohl der Menschen-Umwelt zu unternehmen. Stattdessen wird weiter Betrogen, gelogen, getrickst, usw. wann werden endlich durch die Politik, Fakten gegenüber Automobilindustrie geschaffen?"Sehr geehrter Herr Rüdel,bitte kommen Sie und all die anderen Verbraucher raus aus der Komfortzone! Immer auf die Anderen zeigen ist so herrlich bequem. Wissen Sie wer den größten hebel in der Hand hat und vieles zum positiven Wenden könnte? Der Verbraucher! VW hat den ganzen Skandal ausgelöst und auch den gröbsten Verstoß geleistet indem ein Stück Hardware eingebaut wurde . Die anderen haben Spielräume in den Regeln genutzt. Auch nicht in Ordnung, aber im Umkehrschluss auch nicht verboten, daher ja "Spielraum". Also VW trägt die Hauptschuld. Und was macht der Verbraucher? Rennt diesem Hersteller weiterhin die Bude ein! Und warum? Weil die Autos so schön günstig sind. Die letzten Leasingangebote von Audi, die ich hier zu sehen bekommen habe, sind absolut lachhaft und haben mit Geld verdienen überhaupt nichts mehr zu tun. Und der Kunde, der sich eben noch im Internet so wunderbar echauffiert hat greift zu! Weil er eben genauso nur an seinen persönlichen Vorteil denkt, sie die ach so böse Autoindustrie. Das ist doch die Wahrheit! Sehen Sie sich die Statistik der Erstzulassungen an. VW kommt doch vor lachen über diese Wendehälse nicht mehr in den Schlaf! Mit dem Finger auf andere zeigen ist so herrlich einfach und man muss sich selbst nicht bewegen - noch besser! So ist er, der Kunde.


Kai

26.04.2019 - 10:55 Uhr

Wenn der Kritiker warnt, dann begegnet ihm meist nur die Schmach. Daher verstehe ich die Aufregung nicht so ganz, wir haben es doch erst soweit kommen lassen. Oder nicht? Was rechtens ist, muß nicht gleich gerecht sein. Die DUH wird nach meiner Ansicht sehr gekonnt instrumentalisiert. Damit die bösen Absichten nicht gleich so offensichtlich sind, stellt die Politik die Weichen und die DUH verklagt ganze Städte, die sich aufgrund der Gesetzgebung nicht wehren können und die Gerichte können nicht gegen die gesetzlichen Vorgeben entscheiden. Das gewählte europäische Parlament kann ohne die Kommission keine Gesetze verabschieden. Die Kommission wird aber nicht durch demokratische Wahlen bestimmt (s. Lissabonner Verträge). Die Abgasvorgen kommen aus Brüssel und die Mitgliedsstaaten müssen sie umsetzen. Demokratie? Noch Fragen?


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