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EUROGARANT: "Die Preise müssen sich der Qualität anpassen"

23.09.2018 14:42 Uhr
EUROGARANT: "Die Preise müssen sich der Qualität anpassen"
Sprechen einmal mehr Klartext: Thorsten Fiedler (li.), Vorstandsvorsitzender EUROGARANT AutoService AG und Peter Börner, EUROGARANT Vorstand, ZKF-Präsident und ZDK-Präsidiumsmitglied.
© Foto: EUROGARANT

Die wachsende Diskrepanz zwischen notwendigen Investitionen und auskömmlichen Margen macht ein Umdenken der kompletten Unfallreparaturbranche notwendig. Die Vorstände der EUROGARANT AutoService AG, Peter Börner und Thorsten Fiedler, beziehen dazu im Interview mit AH-Schadensmanager eine klare Position.

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Akuter Fachkräftemangel, explodierende Ersatzteilpreise, sinkende Margen trotz steigender Werkstattauslastung, Schadenmanagement zu teils drastisch reduzierten Stundenverrechnungssätzen, falsche Arbeitszeitvorgaben – die Liste aktueller Probleme für Unfallreparaturbetriebe ist weiterhin lang.

Umso wichtiger ist es laut Thorsten Fiedler, Vorstandsvorsitzender EUROGARANT AutoService AG, und Peter Börner, EUROGARANT Vorstand, ZKF-Präsident und ZDK-Präsidiumsmitglied, diese Herausforderungen gezielt und gemeinsam anzugehen. Im Interview mit AUTOHAUS SchadenBusiness fordern sie deshalb nicht nur ein faireres Miteinander von Seiten der Versicherungswirtschaft und Automobilindustrie ein. Auch auf der Seite der Betriebe sehen sie die Notwendigkeit eines Umdenkens, um das übergeordnete Ziel aller Beteiligten, eine fachgerechte wirtschaftliche und zeitgleich für die Werkstätten profitable Unfallreparatur zu erreichen.

Ersatzteile im Visier

AH: Für wie realistisch halten Sie, dass Versicherer tatsächlich K&L-Betrieben die Marge im Ersatzteilgeschäft wegnehmen oder sie zumindest beschränken werden?

P. Börner: Das Beschränken halten wir für sehr realistisch, in mindestens einem Fall ist es offensichtlich schon da. Ich halte es vor dem Hintergrund der unersättlichen Optimierung und Einsparungen für noch mehr Benefit am Geschäft einer K-Versicherung für nur logisch, auch an dieses, eventuell sogar letzte Stück Fleisch am Knochen heranzuwollen. Die global aufgestellten Konzerne kennen das Geschäft aus anderen Märkten, warum sollte das nicht auch bei uns in den deutschsprachigen Ländern umgesetzt werden? Für ein Wegnehmen der gesamten Marge ist es aus meiner Sicht noch zu früh, die Akzeptanz gibt es nicht und die Gegenwehr der Werkstätten wäre hoch. Aber ganz aus der Planung und Diskussion ist dies nicht, ich befürchte entsprechende Vorstöße für die Zukunft.

AW-Vorgaben passen eigentlich nie

AH: In welchem Anteil von Fällen reichen nach Erfahrungen der EUROGARANT die AW-Vorgaben bei der Instandsetzung von Unfallschäden nicht mehr aus – sowohl hersteller- als auch modellübergreifend gesehen?

P. Börner: Hierzu hat die IFL e. V. die Arbeitszeiten-Falsch-Meldungen der Werkstätten aus 2017 – und wohlgemerkt liegt hinter jeder Meldung eine echte Vergleichs-Zeiterfassung der Werkstatt – zusammengetragen und mit den Marktanteilen der Modelle hochgerechnet. Dabei wurden rund 20 % der Arbeitszeitvorgaben als völlig unrealistisch zu gering und etwa 40 % der Fälle immer noch als unrealistisch zu gering eingestuft. Genau passend sind sie nie, die Abweichungen werden teils geringer, in einigen wenigen Fällen sind diese zu hoch. Die IFL hat zu diesem Thema eine externe Zeitstudie beauftragt, welche aktuell im September als Teilergebnis vorgelegt wird. Diese wird aussagen, dass auf dem Weg der Zeiterfassung am Fahrzeug bis zur Werkstatt einiges auf der Strecke bleibt, teils vorsätzlich und teils durch Nachlässigkeit. Wir werden dieser Sache in der IFL und im ZKF unerbittlich nachgehen.

"I vor E ist der richtige Weg"

AH: Ist der seitens der Innovation Group auf dem AUTOHAUS-Schadenforum am 22. und 23. Oktober in Potsdam geplante Vorstoß in Sachen Instandsetzen vor Erneuern ein Vorschlag, den auch die EUROGARANT im Sinne einer höheren Liquidität und Rentabilität der Betriebe favorisieren würde? Oder steht diese Philosophie diametral den Interessen des Eurogarant-Fachbereichs Zentraleinkauf entgegen?

P. Börner: Ein ganz klares Nein zu Frage zwei! Wir verkaufen lieber ein paar Seitenteile weniger, liefern aber in der Reparatur eine höhere Qualität an unsere Flottenkunden und können aus Sicht des Verbandes unsere handwerklichen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Instandsetzen ist eine anspruchsvollere Tätigkeit als Tauschen und muss aus diesem Grund besser honoriert werden. Dadurch würde auch die Anzahl der Fachkräfte zur Instandsetzung steigen. Darüber hinaus ist insbesondere in der Rechtsprechung und im Versicherungswesen deutlich zu machen, dass Instandsetzen für das Fahrzeug die bessere Entscheidung ist als Erneuern.

Ein voller Werkstatthof ist nicht genug

AH: Was muss passieren, damit K&L-Betriebe auch morgen noch eine Zukunft haben, nachdem – auch laut ZKF und BVdP – die Margen im gesteuerten Schadengeschäft sich immer mehr der Schwindsuchtsgrenze nähern?

T. Fiedler: Das Bewusstsein muss sich an mehreren Stellen ändern. Die Entwicklung, dass höhere Investitionen in Werkstattausrüstung und vor allem in die Aus- und Weiterbildung von Fachpersonal nötig sind, um moderne Fahrzeuge reparieren zu können, ist nicht aufzuhalten. Wer Top-Service und einwandfreie Reparaturen verlangt, kann im Umkehrschluss die Margen nicht auf Dauer weiter nach unten schrauben. Oder anders ausgedrückt: Die Preise müssen an die geforderte und gelieferte Arbeitsqualität angepasst werden. Doch auch im Bewusstsein der Betriebe muss sich etwas ändern. Wer heute als Inhaber über seinen vollen Werkstatthof geht und denkt "der Laden brummt, mir geht es gut", verschließt eventuell die Augen vor der Realität. Vereinbarungen nur wegen der reinen Auslastung zu unterschreiben und dabei zu riskieren, dass die Balance von lukrativem Geschäft hin zu nicht mehr auskömmlichen Aufträgen kippt, ist brandgefährlich. Dabei hat nicht jede Werkstatt denselben Leidensdruck, weshalb es sehr schwierig ist, die Grenze in Euro und Cent zu benennen, was Stundenverrechnungssätze angeht.

Wettbewerbsfähigkeit gezielt unterstützen

AH: Welche Gegenmaßnahmen ergreifen Sie gemeinsam mit den Branchenverbänden?

T. Fiedler: Wir als EUROGARANT setzen bewusst immer wieder Zeichen, etwa im Rahmen unserer traditionellen Deutschland-Tour, um die Betriebsinhaber zu sensibilisieren und den Boden für neue Produkte zu bereiten. Wir können und wollen den freien Unternehmern nicht vorschreiben, für welche Stundenverrechnungssätze sie draußen am Markt arbeiten. Was wir aber tun können, ist, bestmögliche Unterstützung für funktionierende Prozesse und Wirtschaftlichkeit zu bieten – die modernste Werkstattausrüstung, die günstigsten Leasingangebote, die zukunftsorientiertesten Schulungen, die besten Ersatzteile mit langen Zahlungsfristen. Zu dieser Philosophie gehören auch Services wie die Dienstleistungen für Betriebe (DfB), um sich auf die eigene Arbeit konzentrieren zu können, statt sich selbst zeitaufwändig gegen Rechnungskürzungen zu wehren. Oder unsere vor einigen Monaten beschlossene Beteiligung an der offenen Plattform Partslift, die die im Tagesgeschäft so wichtige, schnelle und zuverlässige Rückmeldung über Preise und Verfügbarkeit von Ersatzteilen bietet. Darin sehen wir Bausteine zur optimalen Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in einem Markt, der sicher nicht mehr einfacher werden wird.

Wie die EUROGARANT-Vorstände die Typgenehmigungs-Verordnung EU 2018/858 einschätzen und warum Thorsten Fiedler und Peter Börner trotz zunehmenden Wettbewerbs weiterhin zuversichtlich in die Zukunft blicken, lesen Sie in der kommenden Ausgabe von SchadenBusiness, die gemeinsam mit AUTOHAUS 18 am 24. September erscheinen wird.

EUROGARANT beim AUTOHAUS-Schadenforum in Potsdam

Wer im direkten Dialog mit den EUROGARANT-Vorständen eigene betriebliche Themen erörtern möchte, kann dies übrigens am 22. und 23. Oktober in Potsdam machen. Dort wird die EUROGARANT wie immer als Aussteller im Hotelfoyer anzutreffen sein und darüberhinaus Vorstand Peter Börner in seinen weiteren Funktionen als ZKF-Präsident sowie Mitglied des ZDK-Präsidiums auch Tacheles sprechen zu Brandthemen der Branche.   (kt/wkp)

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