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Goslar Diskurs 2018: "Den Datenschatz gemeinsam heben"

04.02.2018 14:31 Uhr
Goslar Diskurs 2018: "Den Datenschatz gemeinsam heben"
Die Experten des diesjährigen Goslar Diskurses (v.l.): Automobil- und Digitalexperte Stefan Gaul, Dr. Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied HUK-Coburg, Moderatorin Carola Ferstl, Publizist und Branchenexperte Guido Reinking und ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker.
© Foto: Goslar Institut e.V.

Um Autofahrern künftig maßgeschneiderte Mobilitätsangebote machen zu können, ist ein ungehinderter Zugang zu den vom Fahrzeug gesammelten Informationen notwendig.

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Den Verkehrsteilnehmern das Leben leichter machen ist ein Ziel, das derzeit von ganz verschiedenen Wirtschaftszweigen verfolgt wird. Neben Automobilindustrie und Kfz-Versicherern bemühen sich auch bisher branchenfremde Unternehmen wie Google oder Amazon an zukunftsweisenden, persönlichen Mobilitätskonzepten. Grundlage für diese individuellen Angebote sind immer Informationen, die die Bordelektronik über den Fahrer und sein Verhalten sammelt – für die noch paßgenauere Offerte von morgen.

Das Goslar Institut für verbrauchergerechtes Versicherung übersetzte diese Ausgangslage in das Veranstaltungsthema "Hase und Igel: Wie man vom Pkw oder der Police zum Mobilitätsservice kommt". Unter diesem Motto diskutierten am Rande des Verkehrsgerichtstages in Goslar Publizist und Branchenkenner Guido Reinking, Automobil- und Digitalexperte Stefan Gaul, ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker und Dr. Jörg Rheinländer, Kfz-Vorstand der HUK-Coburg.

Digitalisierung macht es möglich

Gewohnt charmant moderiert von TV-Profi Carola Ferstl war die Ausgangslage schnell zusammengefasst: Erst die vom Auto erhobenen Daten zum persönlichen Fahrstil, Gewohnheiten und Streckenauswahl versetzen Hersteller, Händler, Versicherer und andere Marktteilnehmer in die Lage, Produkte und Dienstleistungen individuell zu gestalten. Grundlage für die angenehme, komfortable, günstige und sichere Mobilität von morgen seien deshalb faire Zugangschancen für alle Anbieter zu den im Fahrzeug aufgezeichneten Informationen. Genau dies, so die Experten beim Goslar Diskurs, sei bislang noch nicht der Fall.

Hintergrund für die Entwicklung neuer Mobilitätsdienstleistungen sind die rasanten Fortschritte der Digitalisierung. Dr. Rheinländer stellte als am Markt sehr erfolgreiches Beispiel das Telematik-Angebot "Smart Driver" vor. Seit etwas mehr als einem Jahr können junge Fahrer unter 25 flächendeckend in Deutschland einen Tarif abschließen, der bis zu 30 Prozent Prämieneinsparung pro Jahr bei Kfz-Haftpflicht und -Kasko bringen kann. Das Auto bekommt eine Telematik-Box eingebaut, die während der Fahrt Daten zu Ort, Zeit, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Bremsen und Lenken aufzeichnet. Diese Informationen bilden die Grundlage eines Gesamtfahrwertes, der die Höhe des Bonus bestimmt. Der Kfz-Vorstand der HUK-Coburg sah in dem Angebot eine "logische Weiterentwicklung des begleiteten Fahrens".

Datenmenge wird weiter zunehmen

Das smarte Produkt eröffne jungen Verkehrsteilnehmern die Möglichkeit, ihren persönlichen Fahrstil im Hinblick auf sicheres und vorausschauendes Fahren zu überprüfen und trage so zu einem Mehr an Verkehrssicherheit bei. Die Akzeptanz des Tarifs sei sicherlich auch deshalb bei Fahranfängern und ihren Eltern so hoch, da die Police mit einem automatischen Unfallalarm verknüpft sei, so Rheinländer.

Produkte wie Smart Driver seien jedoch erst der Anfang: in teilautomatisiert und selbstfahrenden Autos, die in absehbarer Zeit die Zahl der Crashs spürbar reduzieren sollen, werden noch mehr fahrtbezogene Daten anfallen als heute. Diese stellen den "Schatz der Zukunft" dar, ermöglichen sie doch die Entstehung ganz neuer Geschäftsmodelle, prognostizierte Automobilexperte Stefan Gaul. Da niemand auf den Zugang verzichten wolle, seien Interessenkonflikte zwischen Fahrzeugherstellern, Versicherungswirtschaft, Ersatzteilbranche und Autofahrern geradezu zwangsläufig historisch gewachsen, so Gaul weiter.

Wettbewerb vs. Monopole

Ulrich Klaus Becker, Vizepräsident des ADAC forderte, zunächst zu klären, wem die erhobenen Daten gehören, bevor diese auf einzelne Marktplayer verteilt werden. Die Antwort des Automobilclubs lieferte Becker gleich hinterher: Die Informationen seien persönlicher Natur, so dass der Zugang diskriminierungsfrei organisiert sein müsse. Dem ADAC schwebt eine offene Telematik-Plattform vor, ein Shared Server außerhalb der Automobilindustrie. Mit Zustimmung des Kunden solle der Zugriff auf die gesammelten Daten möglich sein, statt Monopole aufzubauen.

Diesem freien Wettbewerb widersetze sich die Automobilindustrie jedoch bisher, betonte Guido Reinking: "Die Fahrzeughersteller wollen alles, nur nicht dass die Daten frei sind, die ein Auto generiert – auch wenn sie niemand anderem als dem Fahrer oder Halter gehören, der auch entscheiden muss, ob er sie freigibt, um einen Telematiktarif oder günstigere Reifen zu erhalten." Die Automarken wollten sich dieses Geschäft jedoch selbst sichern: Momentan können die Versicherungsgesellschaften nicht einmal aktiv auf Daten über Schadenereignisse zugreifen, wie sie das automatische Notrufsystem eCall generiert.

Dr. Rheinländer beschrieb den Verlauf der Gespräche mit dem Verband der Automobilindustrie und einzelnen Konzernen wiefolgt: "Sobald es um Daten zu Leistungen geht, die auch Versicherer anbieten, wie etwa Autoservice, Inspektion, Hauptuntersuchung oder Reifenwechsel sind bei den Herstellern die Schotten relativ schnell dicht."

Informationen als Währung

Guido Reinking war sich in Goslar sicher, dass derjenige künftig das Geschäft machen werde, "der dem Endverbraucher das interessanteste Angebot unterbreiten kann. Dafür gibt der Kunde auch seine Daten preis". Vielfältige und zielführende Produkte zur Erleichterung der persönlichen Mobilität setzten einen diskriminierungsfreien Zugang zu den im Fahrzeug erhobenen Daten voraus, waren sich die Experten einig.

ADAC-Vize Becker sah diesen fairen Wettbewerb als unverzichtbare Voraussetzung für Geschäftsmodelle der Zukunft an: "Wenn der Kunde ein selbstfahrendes Auto nur bei Bedarf nutzt, ohne es selbst zu besitzen, sollte er den Anbieter solcher Mobilität auch mit seinen Daten bezahlen dürfen." (kt)

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