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Handy-Gefahren am Steuer: DEKRA schlägt Alarm

17.09.2017 18:28 Uhr
Handy-Gefahren am Steuer: DEKRA schlägt Alarm
Zieht alle Register, um schweren Unfällen und dem Verkehrstod auf unseren Straßen vorzubeugen: DEKRA-Vorstand Clemens Klinke. Die Ablenkung durch Smartphone-Nutzung am Steuer werde gefährlich unterschätzt. Wie beim Thema Alkohol müsse es auch beim Handy zu einer gesellschaftlichen Ächtung während der Fahrt kommen.
© Foto: Walter K. Pfauntsch

"Hände ans Lenkrad – Augen auf den Verkehr" lautet der unmissverständliche Appell, den DEKRA im Rahmen einer IAA-Pressekonferenz ausgesprochen hat. Anlass ist das Ergebnis einer zuvor in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage. Demnach hantiert mehr als die Hälfte aller Autofahrer regelmäßig während der Fahrt mit dem Handy.

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55 Prozent aller Fahrzeuglenker benutzen ihr Smartphone zumindest hin und wieder am Steuer. Und: Zu jedem beliebigen Zeitpunkt sind durchschnittlich 7 Prozent der Autofahrer durch ihr Handy aktiv vom Fahren abgelenkt. Das hat auch die DEKRA Unfallforschung in einer bundesweiten Verkehrsbeobachtung ermittelt. Die Besorgnis erregenden Zahlen wurden jetzt auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt vorgelegt.

Die Teams der DEKRA Unfallforschung waren im Mai 2017 in fast allen Bundesländern unterwegs und beobachteten insgesamt mehr als 15.000 Pkw-Fahrer im Hinblick auf das Thema Ablenkung. Dabei war die Smartphone-Nutzung mit insgesamt 7 Prozent die mit Abstand häufigste Ablenkungsart. Sie war außerdem innerorts (7,1 Prozent) häufiger als außerorts (6,7 Prozent) und auf der Autobahn (5,8 Prozent).

70 Meter Blindflug bei fünf Sekunden Ablenkung

"Leider machen sich zu viele Autofahrer immer noch nicht klar, wie gefährlich es ist, wenn sie während der Fahrt am Steuer ihr Smartphone nutzen", so DEKRA Vorstandsmitglied Clemens Klinke. Studien und Schätzungen aus Deutschland und den USA gehen davon aus, dass mittlerweile jeder zehnte Todesfall im Verkehr durch das Thema Ablenkung verursacht wird. Das entspricht für Deutschland jährlich rund 320 getöteten Menschen – und das sind deutlich mehr, als etwa bei Alkoholunfällen ums Leben kommen (2016: 225 Getötete).

"Man muss die Frage stellen: Wer von uns würde als Autofahrer freiwillig während der Fahrt auch nur für fünf Sekunden die Augen schließen? Das täten ganz sicher die allerwenigsten", so Klinke. "Während der Fahrt auf das Smartphone zu schauen, ist dagegen für viele ganz normal. Dabei ist der Effekt im Grund derselbe." Wer bei 50 km/h drei Sekunden auf das Handy statt auf die Straße schaut, ist in dieser Zeit fast 42 Meter im Blindflug unterwegs. Bei fünf Sekunden sind es fast 70 Meter.

Die Folgen dieses Blindflugs hat DEKRA kürzlich auf einem Verkehrsübungsplatz demonstriert. Probanden sollten mit 30 km/h durch den Parcours fahren und nebenbei Smartphone-Nachrichten schreiben. Währenddessen trugen sie eine so genannte Eyetracking-Brille, die die Augenbewegungen per Kamera verfolgt und damit zeigen kann, wohin der Träger schaut.

"Unaufmerksamkeit-Blindheit" blendet Gefahren komplett aus

"Viele der Probanden reagierten etwa auf einen Ball, der plötzlich über die Straße rollte, überhaupt nicht", berichtet DEKRA Vorstand Klinke. "Wenn man bedenkt, dass hinter einem Ball oft ein Kind auf die Straße läuft, wird klar, wie gefährlich die Ablenkung in diesem Fall ist." Mehrere Probanden überfuhren außerdem ein rotes Ampelsignal. "Das sind ganz typische Fahrfehler aufgrund von Ablenkung, die schwere Unfälle verursachen können", so Klinke.

Psychologen sprechen von einer so genannten "Inattentional Blindness", also einer Unaufmerksamkeits-Blindheit: Man fokussiert die Aufmerksamkeit so auf das Smartphone, dass Umgebungsreize und Hinweise auf mögliche Gefahren komplett ausgeblendet werden – immer wieder mit verheerenden Folgen.

Problem keineswegs auf junge Fahrer beschränkt

Die Bereitschaft, am Steuer das Handy zu nutzen, ist bei jüngeren Autofahrern am größten. 85 Prozent der 18- bis 29-Jährigen tun es laut der DEKRA Forsa-Befragung. Doch das Problem beschränkt sich keineswegs auf die jungen Autofahrer. In der Altersgruppe von 30 bis 44 geben immer noch mehr als drei Viertel (77 Prozent) zu, dass sie zumindest hin und wieder während der Fahrt zum Telefon greifen. Auch bei den 45- bis 59-Jährigen ist es noch die Mehrheit (54 Prozent), und selbst in der Altersgruppe über 60 nutzt mehr als jeder Dritte (34 Prozent) am Steuer das Smartphone.

Ranking der Smartphone-Nutzungsarten

Der häufigste Grund, das Smartphone zur Hand zu nehmen, sind eingehende SMS oder WhatsApp-Nachrichten. Gut ein Drittel aller Autofahrer (34 Prozent) liest sie zumindest hin und wieder während der Fahrt. Ein Viertel (25 Prozent) nimmt eingehende Anrufe ohne Freisprecheinrichtung an. Jeder Fünfte (20 Prozent) tippt selbst Nachrichten, und rund jeder Sechste (16 Prozent) ruft ohne Freisprecheinrichtung jemanden an. Seltener sind am Steuer die Nutzung sozialer Netzwerke (6 Prozent) und Spielen am Handy (3 Prozent).

Ablenkungsunfälle könnten Verkehrstoten-Rückgang gefährden

"Viele Maßnahmen haben in den vergangenen Jahrzehnten große Erfolge für die Verkehrssicherheit gebracht – vom Sicherheitsgurt und der entsprechenden Gurtpflicht über den Airbag und Systemen wie ABS und ESP bis hin zu besserer Straßenplanung und verbessertem Rettungswesen", so DEKRA Vorstand Klinke. "Doch wir gehen inzwischen viel zu leichtfertig mit diesem Thema um. Jeder Verkehrstote ist einer zu viel. Und das wachsende Problem der Ablenkung am Steuer droht den Abwärtstrend bei der Zahl der Verkehrstoten aufzuhalten oder womöglich sogar umzukehren. Das dürfen wir nicht zulassen."

Klinke: "Handynutzung genauso ächten wie Alkohol!"

Der Appell des DEKRA Experten an alle Autofahrer ist deshalb eindeutig: Hände ans Lenkrad – Augen auf den Verkehr. "Wir brauchen dringend ein ganz neues Problembewusstsein", sagt Klinke und setzt auf gesellschaftliche Veränderung – wie beim Thema Alkohol. "Früher galt es als Kavaliersdelikt, nach einem fröhlichen Abend bei Bier und Wein mit dem Auto nach Hause zu fahren. Das hat sich fundamental geändert – heute ist ein solches Verhalten gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert. In Sachen Ablenkung durch Smartphones am Steuer müssen wir aus meiner Sicht zu genau derselben sozialen Ablehnung kommen."

Mehrheit der Autofahrer für mehr Kontrollen

Dabei helfen könnten wohl unter anderem mehr Kontrollen. Nur 4 Prozent aller Autofahrer gab in der Befragung an, schon einmal wegen Handynutzung am Steuer von der Polizei angehalten oder kontrolliert worden zu sein. Im Jahr 2015, so die jüngsten beim Kraftfahrtbundesamt verfügbaren Zahlen, wurden gut 363.000 Handyverstöße an das Flensburger Fahreignungsregister gemeldet. Doch die Dunkelziffer ist mit Sicherheit sehr hoch.

Die Haltung der Autofahrer ist klar: 85 Prozent sprachen sich in der Forsa-Befragung für häufigere Handy-Kontrollen aus. Selbst bei den regelmäßigen Smartphone-Nutzern unter den Autofahrern sind vier von fünf (79 Prozent) dafür, dass öfter kontrolliert wird. Übrigens findet mehr als die Hälfte der Autofahrer (56 Prozent), dass 60 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg eine zu milde Strafe ist, wenn man mit dem Handy am Steuer erwischt wird. In vielen anderen europäischen Ländern sind die Strafen härter.

Ablenkung auch bei Radfahrern und Fußgängern ein Problem

Doch nicht nur bei Autofahrern ist Ablenkung durch Smartphones ein Problem. Auch andere Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer und Fußgänger sind häufig abgelenkt und sorgen so für kritische Verkehrssituationen. Eine Erhebung der DEKRA Unfallforschung im Jahr 2016 in sechs europäischen Hauptstädten ergab, dass 17 Prozent aller Fußgänger, die die Straße überquerten, dabei durch die Nutzung ihres Smartphones abgelenkt waren.

Gemeinsame Aktion von DEKRA und AutoBild

Für die dringend nötige Aufklärungsarbeit gegen Ablenkung im Straßenverkehr zieht DEKRA mit der Redaktion von AutoBild an einem Strang. Mit einer gemeinsamen Aufkleber-Aktion unter dem Motto "Handy weg – Dein Leben zählt!" appellieren beide Partner an das Risikobewusstsein der Verkehrsteilnehmer. "Wir erreichen pro Woche über 3 Millionen Menschen mit der AutoBild. Digital sind es täglich über 7 Millionen User, die sich über Inhalte rund um das Thema Mobilität in unserem Angebot informieren. Diese Reichweite ist auch eine Verantwortung. Dessen sind wir uns bewusst und handeln entsprechend", so Tom Drechsler, Chefredakteur der AutoBild-Gruppe.

DEKRA auf der IAA in Frankfurt

Auch am DEKRA Stand auf der IAA in Halle 8.0 (Stand D33) werden die Besucher über die Gefahren durch Ablenkung am Steuer aufgeklärt. Auf der Website www.dekra-smarter-traffic.com erklären die DEKRA Experten außerdem die „DOs und DON‘Ts“ in Sachen Smartphone im Straßenverkehr.    (efk)

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