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Podiumsdiskussion beim AH-Schadenforum: Eindringlicher Appell an die Vernunft der Branche

31.10.2017 13:36 Uhr
Podiumsdiskussion beim AH-Schadenforum: Eindringlicher Appell an die Vernunft der Branche
Die Teilnehmer der diesjährigen Podiumsdiskussion bemühten sich trotz unterschiedlicher Standpunkte und Ausgangslagen um die gemeinsame Erarbeitung konstruktiver Lösungsvorschläge für die Branche.
© Foto: Udo Geisler

Klare Worte, konträre Meinungen und teils alarmierende Zahlen lieferte die prominent besetzte Diskussionsrunde auf dem 13. AUTOHAUS Schadenforum. Um die Zukunft der gemeinsamen Branche zu sichern, ist laut den Experten ein Umdenken überfällig.

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Alle Beteiligten der Unfallschadenabwicklung sind einem scharfen Wettbewerb ausgesetzt, der einfache Lösungen in der aktuell verfahrenen Situation sinkender Renditen, systematischer Rechnungskürzungen und digitaler Optimierungsversuche unmöglich macht. Dies wurde im Rahmen der mit Spannung erwarteten Podiumsdiskussion unter dem Motto "Wie gut läuft der Schaden bei OEM und Freien Werkstätten in der Praxis wirklich? Und wie regulieren Versicherer und Leasinggesellschaften?" in Dresden mehr als deutlich. Auf der Bühne diskutierten alle Schlüsselplayer mit hoher Leidenschaft: Versicherungswirtschaft und Schadensteuerer waren ebenso an Bord wie Werkstattvertreter und deren Großkunden, Verkehrsrechtsexperten und eine Sachverständigenorganisation.

Die Diskussionsteilnehmer

Den kritischen Fragen von Moderator Walter K. Pfauntsch, Chefredakteur der SchadenBusiness Medienfamilie, stellten sich dieses Jahr auf dem Podium: Rechtsanwalt Christian Janeczek, SSH-Geschäftsführer Michael Jänchen, Daniela Dux (Abteilungsleiterin Unfallmanagement Leaseplan Deutschland), ZKF-Präsident Peter Börner, Matthew Whittall, Vorsitzender des Vorstandes Innovation Group und Thomas Geck, Leiter Schaden Prozessmanagement HUK-COBURG Versicherungsgruppe. Einig war man sich darin, dass der eingeschlagene Weg für keinen der Beteiligten (mehr) echte Vorteile bringt und das Modell der Schadensteuerung einer gründlichen Überarbeitung bedarf.

Viel Gesprächsbedarf auf allen Seiten

Fast 90 Minuten – und damit deutlich länger als im Programm ursprünglich vorgesehen – wurde auf der Bühne und im Saal engagiert, aber fair diskutiert. Die um rund eine halbe Stunde verkürzte Pause bis zur Abendveranstaltung hat im Auditorium dabei offensichtlich keinen gestört: während die Podiumsdiskussion lief, verließ niemand den Saal. Kein Wunder ob der Inhalte, die die Teilnehmer und Fachbesucher in ihren Redebeiträgen in Dresden lieferten. Die wichtigsten Kernaussagen im Überblick:

Peter Börner: Kfz-Policen im europäischen Vergleich zu günstig

"Ich bleibe bei meiner Aussage, dass eine ordentliche Werkstattrechnung dokumentiert, was technisch erforderlich war und deshalb ohne Abzüge bezahlt werden muss. Wir haben in Friedberg keine Probleme mehr mit Rechnungskürzungen, seitdem wir im Rahmen des DfB-Programmes alles, was uns auf den Schreibtisch kommt, konsequent an unsere Partneranwälte weiterleiten. Ich glaube nach wie vor an das deutsche Handwerk, doch nach dem dramatischen Rückgang der Umsatzrendite in den letzten Jahren muss sich die Versicherungswirtschaft fragen, ob Flatrate-Angebote um die 30 Euro für 22-jährige Fahranfänger der richtige Weg sind. Fakt ist, dass so wirklich niemand Geld verdient."
Peter Börner, Präsident Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik

Daniela Dux: Instandsetzen statt Erneuern als Mantra

"Wichtig für alle am Unfallmanagement Beteiligten ist, dass die grundlegenden Regeln einer Zusammenarbeit klar definiert sind. Das macht es einfacher, diese auch einzuhalten – ganz unabhängig vom bereits umgesetzten Grad der Digitalisierung. Ein Weg zum einträglichen Geschäft für Betriebe ist die Rückkehr zur Vermarktung der eigenen handwerklichen Arbeit statt der reinen Verwaltung von Ersatzteilen. Da wir in jedem Einzelfall genau belegen können, wie wir vor Reparaturfreigabe prüfen, haben wir nur wenig Probleme mit Rechnungskürzungen. Die hohe Zufriedenheit der Partnerwerkstätten mit unseren schnellen und flexiblen Prozessen ist beredtes Zeugnis dafür."
Daniela Dux, Abteilungsleiterin Unfallmanagement Leaseplan Deutschland

Thomas Geck: Unsere Schadensteuerung ist einen Schritt weiter
"Die HUK-Coburg steht auf der Liste der größten Rechnungskürzer mit Sicherheit nicht weit oben. Wir erteilen der Werkstatt zusammen mit dem Auftrag auch eine Reparaturfreigabe und vertrauen auf die Qualität unserer Betriebe. Was mich erstaunt, ist, dass in den letzten Jahren vor allem die Ersatzteile im Anstoßbereich vier bis fünf Prozent per anno teurer werden. Diese Strategie der Automobilindustrie verschärft für uns den Preisdruck. Auch im Bereich der elektronischen Beauftragung hinken unsere 700 Markenwerkstätten durch die Vielfalt der eingesetzten Dealer-Managementsysteme dem freien Markt deutlich hinterher. Hier fehlt es an der Bereitschaft zur Kommunikation."
Thomas Geck, Leiter Schaden Prozessmanagement HUK-COBURG Versicherungsgruppe

Michael Jänchen: Kfz-Sachverständige sind Experten im Wandel
"Ich bin überzeugt, dass die Expertise der top ausgebildeten Gutachter und Bewerter in Zukunft dringender benötigt wird als je zuvor. Dass die Branche Sachverständige nicht mehr braucht, hieß es schon vor 30 Jahren. Tatsache ist aber nur, dass sich die Aufgabe unserer Partner – übrigens zum wiederholten Mal – komplett wandeln wird: neben den sichtbaren Deformationen wird die Beweisführung im Bereich unsichtbarer Beschädigungen immer wichtiger werden. Schon heute hat sich rund ein Drittel der Sachverständigen in Sachen Elektromobilität und autonomes Fahren auf den aktuellen Stand gebracht und beweist damit einmal mehr die Bereitschaft unserer Branche zur Weiterentwicklung und Fortbildung."
Michael Jänchen, Geschäftsführer SSH Schaden-Schnell-Hilfe GmbH, Hamburg

Christian Janeczek: Der Autofahrer muss aufgeklärt werden

"Die Schere zwischen gesteuerten und nicht-gesteuerten Unfällen geht deutlich auseinander. Der Geschädigte muss sich entscheiden, ob er sein Fahrzeug der gegnerischen Versicherung überlässt, sich um nichts kümmern muss, aber im Gegenzug nicht seinen kompletten Schaden erstattet bekommt. Die vom Gesetz vorgesehene Alternative lautet, er beauftragt Kfz-Sachverständige und einen Rechtsanwalt seiner Wahl, die ihn bei der Durchsetzung seiner berechtigten Ansprüche unterstützen und auch der Werkstatt ermöglichen, sich auf ihre Kompetenz in der Unfallinstandsetzung zu konzentrieren. Durch die Digitalisierung wird künftig ein Fokus darauf liegen, die von Fahrzeugen gespeicherten Daten rechtzeitig auszulesen." 

Christian Janeczek, Roth|Partner Rechtsanwaltspartnergesellschaft Dresden

Matthew Whittall: Prozesse müssen den Werkstätten Vorteile bringen

"Wir haben in den vergangenen Jahren bei der Einführung unserer elektronischen Plattform SOOM viel gelernt, aber – ebenso wie unsere Partnerbetriebe – auch Lehrgeld bezahlt. Zentral wird es sein, zeitnah genaue Informationen zu bekommen und diese auch weiterzugeben, zum Beispiel durch ein einfaches, zuverlässiges Reparaturtracking für den Endkunden. Wir befinden uns in der Zwickmühle zwischen Wettbewerb und wirtschaftlicher Notwendigkeit, wo laufend Grenzen ausgetestet werden. Ich hoffe aber, dass der Markt sich selbst reguliert und wir etwas lockerere Zeiten erwarten können, in denen es mehr um Service geht als um den allerletzten Euro. Wir erleben bei unseren Kunden gerade ein Umdenken."
Matthew Whittall, Vorsitzender des Vorstandes, Innovation Group

Eine der Kernaussagen der Diskussionsrunde kam zudem aus Reihen des Fachpublikums:

Robert Paintinger: Bis Ende des Jahres muss sich etwas bewegen

"Aus Sicht des BVdP hat sich die Situation in der Schadensteuerung nicht bereinigt, sondern im Gegenteil noch weiter zugespitzt. Sieht man sich eine der zentralen Messgrößen unserer aktuellen Branchenstudie an, verdienen rund 85 Prozent der Betriebe mit ihrer Arbeit schlichtweg kein Geld mehr. Auch wenn es noch Erlöse aus dem Teilegeschäft gibt, ist diese Entwicklung im Bereich Stundenverrechnungssätze absolut inakzeptabel. Die Versicherungswirtschaft muss sich fragen, ob die Partner, die helfen, Geld einzusparen, nicht ein paar Euro mehr für ihre Arbeitsleistung wert sind. Es muss sich etwas bewegen und die Zeit des Redens ist von unserer Seite her bald vorbei."
Robert Paintinger, Geschäftsführer Bundesverband der Partnerwerkstätten e.V.

Die weiteren Inhalte der Podiumsdiskussion und die engagierten Stellungnahmen aus den Reihen des Publikums lesen Sie in unserer Jubiläumsausgabe 20 Jahre AH-SchadenBusiness, die gemeinsam mit AUTOHAUS 23/24 am 18. Dezember erscheinen wird. Dort erfahen Sie unter anderem, welche Lösungsansätze Philipp Fey vom Spezialvermittler AVS bereits seit Jahren vermisst und wie die Schadensteuerung die Abläufe im Autohaus von BMW-Urgestein Klaus Menton verändert hat.   (kt)

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