Bei Kfz-Kennzeichen in Deutschland soll es wieder mehr regionale Vielfalt geben. Kreise und Städte erhalten nach Plänen der Bundesregierung freie Hand für ein Comeback alter Kürzel, die nach Gebietsreformen verschwunden waren. Möglich sein sollen auch neue Buchstabenkombinationen, wie das Bundesverkehrsministerium am Montag in Berlin mitteilte. Eine Verordnung soll voraussichtlich im September in den Bundesrat kommen. Der ADAC begrüßte die Pläne, aus Ländern und Kommunen kam Zustimmung und Kritik.
"Es geht darum, dass Kennzeichen, die durch Verwaltungsreformen weggefallen sind, wiederbelebt werden können", sagte eine Sprecherin von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Nach einer Aufforderung der Länder-Verkehrsministerkonferenz solle damit die regionale Identifikation gestärkt werden. Konkret ist geplant, dass für einen Verwaltungsbezirk "mehr als ein Unterscheidungszeichen" zulässig sein soll. Über die Pläne hatte zuerst die "Westfälische Rundschau" (Montag) berichtet.
In mehreren Bundesländern wünschen sich Kommunen, alte Kennzeichen wieder ausgeben zu können – etwa "PL" für das sächsische Plauen statt "V" für Vogtland. Die Ferieninsel Usedom möchte ihren Bürgern "USE" als Kennzeichen anbieten. Denkbar wäre zum Beispiel auch "WIT" für Witten statt Ennepe-Ruhr-Kreis (EN) in Nordrhein-Westfalen. Der Verordnungsentwurf des Verkehrs- und Innenministeriums ermöglicht es zugleich, "dass Unterscheidungszeichen beantragt werden können, die nicht auslaufend waren" – also ganz neue Kombinationen.
Nazi-Kürzel tabu
Wenn neue Kennzeichen eingeführt werden sollen, müssen die Länder dies beim Bundesverkehrsministerium beantragen. Ausgeschlossen sind Kürzel, die "gegen die guten Sitten verstoßen". Schon jetzt tabu sind etwa Abkürzungen aus dem Nationalsozialismus wie SA, SS und HJ. Das Ministerium geht davon aus, dass insbesondere Landkreise Gebrauch davon machen, nicht aber Großstädte wie Berlin. Abkürzungen aus der DDR-Zeit werden nicht reaktiviert. Für Autofahrer sollen die Alternativ-Kennzeichen freiwillig sein. Wer sein Nummernschild auswechseln will, muss die üblichen Gebühren bei der Zulassungsstelle zahlen.
Der ADAC begrüßte die Pläne. Es entspreche dem Wunsch vieler Autofahrer, Heimatverbundenheit auf dem Kennzeichen zum Ausdruck zu bringen, sagte ein Sprecher. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag): "Gerade mittlere und kleine Städte wollen mit dem Kfz-Kennzeichen häufig ein Zeichen setzen und zum Beispiel auch für den Tourismus in ihrer Kommune werben."
Landkreise protestieren
Der Deutsche Landkreistag lehnt den Vorstoß dagegen ab. "Anstatt eine Stärkung regionaler Identität zu bewirken, führt die auf Bestreben einiger weniger Bundesländer geplante Änderung des Kennzeichenrechts vielmehr absehbar zu einem 'Kennzeichenwirrwarr'", warnte Präsident Hans Jörg Duppré nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa in einem Schreiben an die Ministerpräsidenten. Das Zusammenwachsen in Kreisen, die bei Gebietsreformen geschaffen wurden, sollte nicht konterkariert werden.
In einigen Ländern zeichnet sich eine Rückkehr alter Kennzeichen bereits ab. In Thüringen sollen bis Jahresende alle in den 90er Jahren abgeschafften regionalen Kürzel wieder ausgegeben werden können. In Niedersachsen wollen sieben Landkreise ihre Kennzeichen zurück. Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD) begrüßte die Pläne. Neue Kennzeichen bis hinunter in Verbandsgemeinden seien aber nicht sinnvoll, um eine "babylonische Sprachvielfalt" zu vermeiden. (dpa)
M. Häcker
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Michael Kühn
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