Es ist erst ein paar Wochen her, da hatte Matthew Whittall 2020 als ein "spannendes Jahr" angekündigt. Zu diesem Zeitpunkt ahnte der Vorstandsvorsitzende von Deutschlands größtem unabhängigen Schadensteuerer mit über 200.000 Reparaturen pro Jahr noch nicht, welche Doppeldeutigkeit seine Prognose bekommen würde. Zumindest keinen Bezug zu den inzwischen allgegenwärtigen Auswirkungen der Corona-Krise.
Vermittlungsvolumen stabilisiert sich
Jetzt äußerte sich der IG-CEO exklusiv gegenüber AUTOHAUS Schadenmanager zur aktuellen Lage seines Unternehmens: "Ende März lagen wir bei 56 Prozent unseres normalen Vermittlungsvolumens, sehen aber von Woche zu Woche nun doch eine deutlich positivere Entwicklung. Aktuell haben wir bereits wieder 64 Prozent erreicht. Es gibt, neben den Flottenkunden, auch einen Anteil an privaten Autofahrern und Versicherungsnehmern, die ihre Unfallschäden nach wie vor in unser Netzwerk einsteuern. Ein großes Plus in der aktuellen Lage ist unser Hol- und Bringservice, der einen für alle Beteiligten sicheren Weg des Fahrzeugs in den Reparaturbetrieb ermöglicht."
IG-Versicherer zahlen Desinfizierungs-Aufwand
Auch die Versicherungswirtschaft hat ihre Handlungsfähigkeit laut Whittall inzwischen wieder voll hergestellt: "Mehrere Tausend Mitarbeiter ins Home Office zu schicken und in kürzester Zeit eine funktionierende Infrastruktur für den Erhalt des Kundenservices aufzubauen, ist ein echter Kraftakt. Unsere gemeinsamen Prozesse funktionieren nun wieder in vollem Umfang und darüber hinaus wird unbürokratisch zusammengearbeitet: So übernehmen unsere Auftraggeber beispielsweise die Extrakosten für die intensive Fahrzeugreinigung und Desinfektion."
Komplett-Vorfinanzierung der Reparatur
Um die IG-Partnerbetriebe optimal zu unterstützen, hat man sich mit den Assekuranzen zudem auf beschleunigte Zahlungsabwicklung verständigt, so der Vorstandsvorsitzende des Branchendienstleisters: "Statt einen Vorschuss zu leisten und damit tief in bestehende Prozesse einzugreifen, übernehmen unsere Auftraggeber aus der Versicherungswirtschaft zu Reparaturbeginn die Rechnung zu 100 Prozent. Als Innovation Group leiten wir das Geld tagesgleich beziehungsweise binnen 24 Stunden an unsere Werkstätten weiter, um sie liquide zu halten." Selbst in Vorleistung gehen die Stuttgarter bei den rund 30 Prozent der Betriebe, die den IG-Zahlungsservice nutzen.
Kein Teile-Engpass
Auch die Versorgung mit Ersatzteilen funktioniert laut Matthew Whittall entgegen anderslautender Befürchtungen nach wie vor stabil: "Neben einem kompletten Lock-Down der Unfallreparaturwerkstätten war ein Teile-Engpass unsere größte Sorge. Über unsere bewährte IG-Plattform und mindestens zwei Lieferanten pro Marke können wir die Versorgung jedoch nach wie vor sicher stellen. Die Fahrzeughersteller haben zwar ihren Rhythmus von 24 auf 48 Stunden reduziert, durch die vorausschauende Lagerhaltung der großen Händler und Gruppen funktioniert das System jedoch tadellos."
Mit insgesamt 22 Lieferanten sieht sich die Innovation Group nicht nur bei allen Volumenmodellen und beliebten Flottenfahrzeugen gut aufgestellt, unterstreicht der CEO: "Obwohl kleinere Anbieter und regionale Autohäuser teilweise nichts mehr einsteuern, sind die Branchengrößen wie NORA Wolfsburg, die OTS GmbH oder die Emil Frey-Gruppe nach wie vor voll handlungsfähig und leisten tolle Arbeit."
Erster Blick in die Zeit nach der Krise
Für die Zeit nach Corona erwartet Matthew Whittall nachhaltige Veränderungen für die Unfallreparatur- und Schadenmanagementbranche: "Die aktuelle Krise hat – neben vielen Nachteilen und Risiken – auch zu einer allgemeinen Entschleunigung geführt. Dieser notwendige Reset wird zu einem neuen Denken führen. Ob nach der Erfahrung funktionierender Video-Konferenzen und Home Office-Modelle wieder Millionen Menschen an fünf Tagen pro Woche zwei Stunden auf dem Weg in die Arbeit im Stau stehen werden, wage ich zu bezweifeln. Eine solche Reduzierung der Fahrleistung hätte natürlich auch Auswirkungen auf die Stückzahlen in Sachen Auftragsvermittlung sowie die Auslastung der Instandsetzungsbetriebe." Aktuell sei man aber vor allem froh, als systemrelevante Branche arbeiten zu dürfen: "Wir bleiben in jedem Fall am Ball und wollen als Innovation Group unseren Beitrag durch schnellstmögliche Bezahlung von Rechnungen leisten", so der CEO.
IG-Geschäftsmodell im Wandel
Der Stuttgarter Branchendienstleister hatte für 2020 vor kurzem einen großen Sprung ins digitale Zeitalter angekündigt (wir berichteten). Die Entwicklung vom "klassischen Schadendienstleister zum InsurTech mit Weltklasse-Dienstleisternetzwerk" soll vor allem mit Hilfe der neu entwickelten, globalen Plattform Gateway funktionieren: Der Endkunde wird über die schnelle und fachgerechte Reparatur seines Fahrzeuges hinaus mit Live-Updates und Zufriedenheitsabfragen in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt. Versicherungen, Flotten und Instandsetzungsbetriebe profitieren von einer vereinfachten und transparenten Schadensteuerung in Echtzeit. Mit der neuen Innovation Group-Software, die Cloud-Technologien und mobile Arbeitsplätze mit optimaler Infrastruktur verbindet, waren die Mitarbeiter schon vor Corona deutlich flexibler im Arbeitsalltag.
Neues Branding unterstreicht Stärken
Der Fokus auf intelligente Technologie spiegelt sich auch in einer modernisierten Corporate Identity wieder: Das neue Logo zeigt ab sofort eine kreisförmige Anordnung von Ausrufezeichen. Dies solle die Bedeutung eines "funktionierenden End-to-end Prozesses widerspiegeln, der rund um die Uhr und global verfügbar ist", hieß es dazu aus Stuttgart. Innovation Group bietet umfassende Kfz-Schadenservices für Versicherungen, Flotten und Werkstätten. Zur Gruppe gehören auch die Töchter Wintec Autoglas und Regu24. Nach Unternehmensangaben zählen aktuell 60 Versicherungsgesellschaften und über 180 Fahrzeugflotten zu den Kunden. Das deutsche Kooperationsnetzwerk des Schadenmanagers besteht aus über 3.000 Werkstätten, Mietwagenstationen und Autoglasern. (kt/wkp)