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VW-Personalkarussell: Renschler raus, Gründler rein

08.07.2020 09:23 Uhr
VW-Personalkarussell: Renschler raus, Gründler rein
Traton-Chef Andreas Renschler (li.) tritt ab, Matthias Gründler übernimmt seinen Posten.
© Foto: Volkswagen

In schöner Regelmäßigkeit werden im Volkswagen-Konzern Führungskräfte verschoben. So manch einer kann im sich wandelnden Machtgefüge leer ausgehen - diesmal trifft es unter anderem den Chef des mächtigen Lkw- und Busgeschäfts. Auch bei der Marke MAN selbst kommt ein Neuer.

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Im VW-Konzern bringt ein großangelegter Personalwechsel neue Topmanager an die Spitze der Nutzfahrzeugsparte. Die auf den ersten Blick prominentesten Verlierer: Andreas Renschler, Chef des börsennotierten Lkw- und Busgeschäfts von Traton, sowie Joachim Drees, Vorstandsvorsitzender der Münchner Tochter MAN. Beide sollen in der kommenden Woche abtreten. Wie Volkswagen und mehrere Marken der Gruppe am Dienstagabend ankündigten, sind mit den Entscheidungen weitere Ämtertausche und -erweiterungen verbunden.

So wird Matthias Gründler neuer Vorstandschef von Traton - er war bis zum Mai 2018 schon einmal im Unternehmen, zuletzt als Finanzchef. Und MAN wird künftig vom bisherigen VW-Kernmarken-Produktionsvorstand Andreas Tostmann geführt, der damit auch im Traton-Vorstand sitzt.

MAN-Personalchef Carsten Intra soll zudem die leichten VW-Nutzfahrzeuge (VWN) in Hannover leiten. Konzernpersonalvorstand Gunnar Kilian übernimmt anstelle von Renschler zusätzlich die Zuständigkeit für Traton im Wolfsburger Vorstand der Gesamtgruppe - hier hatte der bisherige Traton-Chef ebenfalls eine eigene Position.

Personalrochaden nicht ungewöhnlich 

Von langer Hand geplante und an zahlreichen Strippen gezogene Personalrochaden sind im größten Autokonzern der Welt nichts Ungewöhnliches. So hatte es etwa auch bei der Neuausrichtung der Pkw-Marken etliche Veränderungen gegeben. Dass speziell Renschlers Abgang nun innerhalb einer Woche nach der offiziellen Verkündung über die Bühne gehen soll, gilt aber als relativ überraschend.

Bereits zum 15. Juli soll der frühere Daimler-Manager seinen Platz räumen. VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch spricht zum Abschied zwar in den höchsten Tönen von Renschler. Dieser habe, speziell mit Blick auf den Börsengang, "maßgeblichen Anteil am erfolgreichen Kurs, den Traton eingeschlagen hat". Er gehe - wie Drees vom MAN-Vorsitz - "im besten gegenseitigen Einvernehmen", betont der Konzern.

Hinter solchen Formulierungen kann sich freilich auch der Nachhall harter Auseinandersetzungen und Revierkämpfe verbergen. Es hatte schon Berichte über Reibereien an der Traton-Spitze gegeben. Demnach soll Renschler eine zentralere Aufstellung der Entwicklung angestrebt haben - auf Kosten der einzelnen Marken. Auch im Verhältnis zwischen Management und Mitarbeitervertretung gab es Misstöne: Anfang April dementierte der Traton-Betriebsrat Aussagen Renschlers über Gespräche zu einer "fundamentalen Neuausrichtung" des Lkw-Bauers. So soll es zuletzt relativ einsam um den Traton-Lenker geworden sein.

Wie in ähnlichen Fällen fällt jedenfalls die finanzielle Anerkennung für die Arbeit des scheidenden Managers üppig aus. Weil mit Renschler bei Vertragsbeginn die Möglichkeit vereinbart wurde, schon nach Ablauf des 62. Lebensjahres ein etwaiges Ruhegehalt zu beziehen, hat er nun in "beratender" Funktion bis zum offiziellen Rentenbeginn Anspruch auf Bezahlung. Die genaue Summe steht noch nicht fest - sie setzt sich zu einem Gutteil aus variablen Gehaltsgrößen zusammen und dürfte in die Millionen gehen. Der VW-Geschäftsbericht 2019 nannte für Renschler zuletzt eine Vergütung von mehr als 4,5 Millionen Euro - der Versorgungsaufwand wurde mit rund fünf Millionen Euro angegeben.

Traton umfasst in der VW-Gruppe die schweren Nutzfahrzeuge. Dazu gehören die Marke MAN, das gesonderte MAN-Geschäft in Südamerika und der schwedische Hersteller Scania. Entwickler der Töchter achten oft genau darauf, dass man ihnen nicht zu viele Kompetenzen entzieht. In der Branche verschlingen Forschungen an neuen Antrieben viel Geld, ebenso Baukästen für eine schlankere, einheitlichere Produktion. Schon vor der Viruskrise wurde vielerorts ein Sparkurs gefahren.

Gründler kehrt zurück

Mit Gründler komme nun "einer der erfahrensten Kenner der Branche", erklärte Pötsch. Nach dessen zwischenzeitlichem Ausscheiden vor rund zwei Jahren war für viele Beobachter indes unklar, warum Gründler gegangen war - oder ob Probleme im Führungszirkel hineinspielten.

Die Ablösung von Drees durch Tostmann an der MAN-Spitze ist ebenfalls eine gewichtige Personalie. An Tostmann hatte es teils Kritik unter Belegschaftsvertretern in Wolfsburg gegeben. Die Anforderungen an Schichtpläne während der Corona-Auszeit und besonders die Probleme beim Golf 8 gingen am ganzen Management nicht spurlos vorbei. VW-Chef Herbert Diess konzentriert sich - nach heftigem Knatsch mit Aufsichts- und Betriebsräten - fortan auf die Gesamtführung, bei der Hauptmarke VW Pkw übernimmt Co-Geschäftsführer Ralf Brandstätter die Zügel.

Bei VWN, wo der Transporter, Crafter oder Caddy entstehen, beerbt MAN-Personal- und -IT-Chef Carsten Intra Markenchef Thomas Sedran. Dieser baute dort die Zusammenarbeit mit dem US-Konkurrenten Ford auf - die Partner planen unter anderem E-Fahrzeuge und einen Nachfolger für den Pick-up Amarok. Scania-Chef Henrik Henriksson bleibt im Amt. 

Harter Einbruch für Nutzfahrzeughersteller

Das Nutzfahrzeuggeschäft steht derzeit unter schwierigen Vorzeichen. 2019 hatten die Lkw-Töchter von VW zwar noch ihr Geschäft ausbauen können, sowohl MAN als auch Scania steigerten Umsatz und Rendite. Doch die Corona-Krise drückt nun auch hier massiv auf die Verkäufe. Es gab zudem Produktionsunterbrechungen, und der konjunkturelle Einbruch trifft die Nutzfahrzeughersteller traditionell hart.

In den USA, wo bisher Daimler die Nase vorn hat, will sich Traton mit dem Truckhersteller Navistar verstärken. Dieser schrieb im zweiten Geschäftsquartal jedoch rote Zahlen. Renschler hatte für die restlichen Navistar-Anteile 2,9 Milliarden Dollar gezahlt - 2016 war die VW-Konzernsparte eingestiegen, um in Nordamerika einen Fuß in die Tür zu bekommen. In Japan arbeitet Traton mit Hino Motors zusammen. (dpa)

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