Ausgabe 12/2007: Von Thomas Seidenstücker

Klimatisierung / Mit der Entwicklung von Physio-Control und weiteren Maßnahmen will Behr die Klimatisierung von Fahrzeugen optimieren.KlimaanpassungVon Thomas SeidenstückerAuch Gutes und scheinbar Ausgereiftes lässt sich weiter verbessern. Ein Beispiel dafür ist die Klimaanlage. Die Zahl der normalen Autofahrer dürfte überschaubar sein, die bei einer aktuellen, zugfreien Vierzonen-Klimaautomatik noch Verbesserungspotenzial sehen. Nicht so bei Behr. Hier arbeitet man mit Hochdruck daran, dem aktuellen Trend "Wellness im Auto" zu folgen, und konzipiert immer ausgeklügeltere Regelungsmechanismen für die Klimatisierung von Fahrzeuginnenräumen. Die wichtigsten Faktoren dabei: 1. Individueller Klimakomfort auf jedem einzelnen Sitzplatz, 2. Hohe Luftqualität, 3. Zugfreie Belüftung, 4. Keine wahrnehmbaren Geräusche, 5. Angenehmer Geruch sowie 6. Leichte und klare Bedienkonzepte. Bei diesen neuen Randbedingungen sieht eine einzelne Temperatur- und Lüfterregelung – wie sie gegenwärtig noch weitgehend die Regel ist – ziemlich antiquiert aus. Obwohl auch schon hier ein großer Entwicklungsaufwand betrieben wurde. TypenabstimmungUm einer Erfüllung der neuen Herausforderungen näher zu kommen, arbeitet Behr gemeinsam mit Behr Hella Thermo-Control (BHTC) an verschiedenen Lösungsansätzen. Ein Bereich ist Physio-Control. Mit Physio-Control wird es möglich, verschiedene Klimastile im Auto umzusetzen, die dem individuellen Klimaempfinden der Menschen besser Rechnung tragen. Denn was dem einen zu kühl ist, kann ein anderer optimal finden. Kein Problem mit Physio-Control: Der sportlich frische Typ wird mit kühlerer Luft direkt angeströmt, während der wärmebetonte Typ die Luft zugfrei bekommt. Diese unterschiedlichen Stile sind in der Klimaregelung vordefiniert und lassen sich per Knopfdruck abrufen. Neu mit Physio-Control ist die Temperaturverteilung zwischen Fuß- und Kopfbereich. Bisher war dies eine feste Größe. Nun ist es möglich, bei kalten Füßen die Temperatur im Fußraum gezielt zu erhöhen und die Temperatur im Kopfraum konstant zu halten. Ein weiteres Novum betrifft die Lüftungsdüsen. Jeder kennt den Effekt: Werden bei heutigen Klima-/Lüftungssystemen einzelne Luftausströmer im Armaturenbrett geschlossen, kommt aus den weiter geöffneten Ausströmern ein stärkerer Luftstrom raus. Eine neue Luftmassenstrom-Steuerung AVC (Air Volume Control) erkennt dies (indem der Energiebedarf pro Sitzplatz in Abhängigkeit von Sonneneinstrahlung, Feuchtigkeit, Luftmenge und Lufttemperatur berechnet wird) und ermöglicht eine individuelle Belüftungseinstellung ohne Beeinflussung der anderen Lüftungsdüsen. Geräusch und GeruchBei diesem Regelungsaufwand leuchtet fast ein, dass auch die Akustik – sprich die Geräuschentwicklung künftiger Klimasysteme – nicht unangetastet bleiben konnte. So entwickelt man derzeit rauscharme Gebläse um die Schallabstrahlung in den Innenraum zu reduzieren. Darüber hinaus kommen neue, schalltransparente Materialien und Resonanz- oder Interferenz-Schalldämpfer zur Anwendung. Damit nicht genug, sind speziell designte Luftkanäle mit schalldämmender Geometrie ein weiteres Optimierungsfeld. Aber all das ist vergebliche Mühe, wenn die Luft zu müffeln beginnt. Laut Behr wächst deshalb die Bedeutung der Umluftfilterung durch Aktivkohle, weil der Umluftanteil bei der Klimatisierung steigt. Zusätzlich muss die Verdampfer-Oberfläche möglichst geruchsfrei sein und sich gut von selbst reinigen, um Pilzen, Sporen und Schmutz keine Chance zur Ablagerung zu geben. Bei Behr wurde dazu schon vor einiger Zeit die BehrOxal-Beschichtung entwickelt, mit der sich ohne toxische und aggressive Chemikalien eine korrosionsresistente Oberfläche erzeugen lässt, auf der das Kondensat sehr gut abläuft. Ein zusätzlicher Ansatz zur Steigerung der Luftqualität sind Sauerstoff-Ionisatoren, mit denen die Luft von Bakterien und Keimen befreit wird und die Innenraumluft eine neutrale Frischluft-Wirkung erhält. Anschließend kann ein nachgeschaltetes Beduftungssystem die Luft mit der zuvor ausgewählten Duftnote noch deodorieren. In Summe gesehen ist das alles sehr beeindruckend und sicher auch innovativ und in Ansätzen nützlich. Doch man kommt manchmal ins Grübeln und fragt sich: Brauchen wir diese Komplexität wirklich oder ist weniger doch mehr? tsNeue BedienungZusammen mit dem Ergonomie-Institut der TU München hat Behr eine Bedienbarkeits-Studie zu Klimaanlagenregelungen durchgeführt und wollte damit folgende Fragen klären: Welche Bedienelemente werden intuitiv verwendet? Werden die Funktionen gefunden und richtig bedient? Welche Vor- und Nachteile haben unterschiedliche Bedienelemente und Anzeigen? Wie hoch ist die subjektive und objektive Ablenkung? Die Ergebnisse: 1. Mit Texten ohne Symbole wie AUTO, ECON, MONO, REAR oder abstrakte Symbole wussten viele Probanten nichts anzufangen. 2. Die Missachtung ergonomischer Gestaltungsregeln führt zu erheblichen Gefahren im Straßenverkehr, Ablenkung, Irritationen und Frust. 3. Ein Display im primären Blickfeld führt zu langer Fixierdauer. 4. Die Kombination von Infotainment und Klimabedienung führt zur Ablenkung. Anhand der Studienergebnisse entwickelte man den Entwurf eines Klima-Bediengerätes mit optimierter Bedienoberfläche, individueller Einstellung der Bedienung und einer Annäherungssensorik. Die Sensorik ermöglicht die Bedienung von Funktionen, ohne die Bedienelemente berühren zu müssen. Die Symbolik ist ausreichend groß, ISO-konform und enthält Grafiken oder Text-Grafik-Kombinationen. Zudem ist wichtig, dass Bedieneinheit und Anzeige nahe beieinander liegen, wobei sich die Hauptbedienelemente auch blind ertasten lassen.

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