Ford Deutschland: "Verkaufen ohne Umwege" bleibt

Eigentlich sollte Wolfgang Kopplin den neuen Ford Focus präsentieren, der im September auf den deutschen Markt kommt. Einen Tag vor der Pressevorstellung war aber bekannt geworden, dass der gebürtige Krefelder den Kölner Hersteller Ende August verlässt und zur Emil Frey Gruppe in die Schweiz wechselt. Seine Aufgabe als Geschäftsführer Marketing und Verkauf für Ford in Deutschland übernimmt ab September Hans-Jörg Klein. Und der aktuell noch als Verkaufsdirektor geführte 54-Jährige legte sofort los. Schließlich weiß er, wovon er spricht: Seit 1991 ist er im Unternehmen. Seitdem hat der Manager verschiedene Führungspositionen in der Produktentwicklung, der Fahrzeugfertigung sowie im Bereich Marketing und Vertrieb der europäischen und deutschen Ford-Organisation bekleidet. Nach dem ersten Halbjahr kann er eine zufrieden stellende Bilanz für Ford in Deutschland ziehen: Mit 135.681 Pkw-Zulassungen gelang ein Wachstum von 5,7 Prozent. AUTOHAUS-Redakteurin Doris Plate sprach mit Klein über die bisherigen Erfolge, die weitere Strategie und die kommenden Herausforderungen. AH: Herr Klein, wie ist das erste Halbjahr 2018 für Ford gelaufen? H.-J. Klein: Wir freuen uns über ein gutes erstes Halbjahr, wir haben weiter zugelegt und wachsen fast doppelt so stark wie die Industrie - und jetzt bereits das sechste Jahr in Folge. Erfreulich ist auch unser Verkaufsmix, wir verkaufen sehr gut an Privatkunden und haben wenig taktische Zulassungen, derzeit nur 17 Prozent - auch das ist deutlich weniger als der Branchendurchschnitt von aktuell knapp unter 30 Prozent. Unsere Strategie ist "Verkaufen ohne Umwege". Damit fahren wir ganz gut, denn dadurch hat sich auch unser Fahrzeugmix positiv verändert. Wir haben die Ausstattungslinie "Ambiente" aus dem Programm genommen, steigen jetzt höherwertig ein und runden unser Angebot nach oben ab: ST-Line, Active, Vignale. Das zahlt sich aus: Wir verkaufen höherwertige Fahrzeuge und Motoren. Im Ergebnis sind auch unsere Kunden glücklicher, weil sie ihr Wunschfahrzeug gekauft haben. Die Marke entwickelt sich sehr positiv und mit unserem sehr guten Auftragsbestand schauen wir optimistisch auf das zweite Halbjahr. WLTP sorgt für Transportprobleme AH: Die Stimmung im Netz ist gut. Die Händler loben die Produktpalette. Trotzdem hat Ford - wie derzeit fast alle Marken - Probleme mit der Umstellung auf WLTP. Deshalb entstehen Lieferverzögerungen. Wie groß sind die Auswirkungen aus Ihrer Sicht derzeit und was erwarten Sie noch für den Rest des Jahres? H.-J. Klein: Das WLTP-Thema hat uns die letzten Monate sehr intensiv begleitet. Wir merken, dass es an einigen Stellen in der Prozesskette an Ressourcen mangelt: Das betrifft die Testeinrichtungen, die in Europa zur Verfügung stehen, die Dienstleister der Zertifizierung und auch die Zulassungsbehörden. Das überlagernde Problem bei uns derzeit sind aber die Transportkapazitäten. Da viele Hersteller aktuell Fahrzeuge auslagern müssen, gibt es hier einen Engpass. Die Fahrzeuge müssen mehrfach angepackt werden und die Transporter öfter fahren, bis die Autos beim Händler bzw. beim Kunden sind. Bisher haben wir es aber immer noch geschafft, das hinzubekommen. Klar hätten wir gerne in dem einen oder andern Monat einige Hundert Fahrzeuge mehr zugelassen. Aber im Rahmen der Möglichkeiten sind wir gut unterwegs. Größere Probleme erwarte ich nicht mehr, weil die Fahrzeugmodelle, die bisher ein bisschen schwierig waren, jetzt erledigt sind und die COC-Dokumente bereitgestellt werden können. Wir haben genug Ware im Zulauf und die Papiere kommen jetzt. Das hat auch den gesunden Nebeneffekt, dass trotz Werksferien die Belieferung nicht stockt. Gutes Verhältnis zum Handel AH: Manche Händler machen sich Sorgen um ihre Zielerreichung. Monats- und Quartalsziele sind in Gefahr und das beeinflusst wiederum die Teilnahme an weiteren Verkaufsaktionen. Planen Sie für die Händler Erleichterungen? H.-J. Klein: Unsere Zusammenarbeit mit dem Händlerverband ist wirklich einzigartig gut. Wir haben ein sehr enges und gutes Verhältnis mit unseren Händlern und dem Partnerverband. Wir können nicht nur zusammen Autos verkaufen. Wenn wir merken, dass ein Händler unverschuldet seine Ziele nicht erreicht, wollen wir ihn nicht in Massen von Kurzzulassungen treiben, sondern werden ihm bei der Zielerreichung helfen. Renditetrend ist positiv AH: Mit 1,23 Prozent Rendite hatten die Ford-Händler 2017 ein deutlich schlechteres Ergebnis als im Vorjahr. Wie ist derzeit der Trend? H.-J. Klein: Momentan sind wir besser unterwegs. Das Neuwagengeschäft läuft sehr gut. Die Händler haben sehr gute Bruttoerträge daraus. Sie brauchen keine außerordentlichen Nachlässe zu geben. Ich sehe keine Gründe, warum sich die Ertragssituation im Netz nicht weiter verbessern sollte. Der Handel hat in jüngster Zeit massiv in die Ford Stores investiert - bisher 120 Millionen Euro. Das hatte sicherlich einen großen Einfluss auf die Rendite im letzten Jahr. Lösung bei IDS in Sicht AH: Seit Jahren hagelt es Kritik am Diagnosetool IDS und dem elektronischen Teilekatalog E-Cat. Beide Systeme zeichneten sich durch "unerträgliche Ausfälle" aus. Wann wird hier endlich etwas getan? H.-J. Klein: Das Thema ist in der ganzen Organisation auch über Deutschland hinaus bekannt. Hintergrund ist: Wir haben uns entschieden, unsere Fahrzeuge komplett online zu checken. Das heißt: Wir haben die Software nicht lokal beim Händler gespeichert, sondern die Autos loggen sich ein und die Diagnoseprogramme und die entsprechenden Updates laufen online. Der Bedarf an Kapazitäten für den Datentransfer in beide Richtungen wird immer größer. Das hat in der Vergangenheit nicht immer optimal funktioniert. Wir haben jetzt aber eine Lösung gefunden, um das in Zukunft besser zu machen. Details möchte ich derzeit nicht bekannt geben. Keine Netzkündigung AH: Ihre Hauptwettbewerber im Volumensegment - Opel und VW - haben die Händlerverträge gekündigt und verhandeln über neue Vereinbarungen. Was plant Ford? H.-J. Klein: Wir haben keine Händlerverträge gekündigt. Wir beabsichtigen das auch nicht. Und wenn wir Optimierungen oder Anpassungen in der Zukunft machen werden, dann werden wir das partnerschaftlich tun - wie in der Vergangenheit auch. AH: Begründet wird die Notwendigkeit für neue Händlerverträge bei ihren Wettbewerbern mit der Verbindung von Offline- und Online-Handel. Wohin gehen bei diesem Thema die Überlegungen von Ford? H.-J. Klein: Kein Hersteller kann sich in Zukunft dem Online-Handel entziehen. Es kommt aber darauf an, wie die Aufgabenverteilung ist. Wir werden einen Weg mit dem Handel finden, der beide begeistern wird. Unterstützung bei GW-Vermarktung AH: Drohende Dieselfahrverbote machen der Branche derzeit markenübergreifend zu schaffen. Vor allem die Gebrauchtwagenverkäufe leiden. Unterstützen Sie Ihre Händler hier? Wenn ja, wie? H.-J. Klein: Wir geben aktuell keine Restwertunterstützung. Aber wir unterstützen unsere Händler bei der Gebrauchtwagen-Hereinnahme, beim Neuwagenverkauf und bei der Wiedervermarktung der Gebrauchten zum Beispiel über unsere Remarketing-Abteilung. Wir haben dafür europaweit ein sehr gutes Netzwerk. Diese Kontakte nutzen wir momentan und haben auch Pilotprojekte mit dem Handel, die den Abverkauf der Gebrauchten erleichtern. Wir wollen weiterhin, dass unser Händler jedem Kunden für seinen Gebrauchtwagen ein gutes Angebot machen kann. Sehr kleiner Direktvertrieb AH: Ein weiteres großes Thema ist der Umgang mit Daten. Was bereitet Ford hier vor? H.-J. Klein: Wir haben uns auf die neue Datenschutzgrundverordnung sehr frühzeitig vorbereitet, die Händler informiert und zur DSGVO geschult. Die entsprechenden Paragraphen in den Händlerverträgen haben wir gemeinsam mit dem Partnerverband angepasst. Solange der Händler der Erstkontakt ist, hat er die Verantwortung. Wenn der Hersteller der Erstkontakt ist und wir haben den Kundenkontakt an den Handel weitergegeben, sind beide Seiten in der Sorgfaltspflicht. AH: Größtes Streitthema in der Branche ist das Thema Direktvertrieb. Gibt es dazu auch Überlegungen bei Ford? H.-J. Klein: Wir haben einen sehr kleinen und sehr klar abgegrenzten Direktvertrieb und bedienen nur große bzw. Bundes- und Landesbehörden direkt. Der Volumenzuwachs entsteht bei uns nicht mit Geschäften, die wir in diesem Bereich machen, sondern weiterhin beim Handel. So sind wir auch organisatorisch aufgestellt. AH: Vielen Dank für das Gespräch! Interview: Doris Plate Kurzfassung Bei Ford zeigt derzeit der Trend nach oben: mehr Verkäufe, weniger Tageszulassungen, bessere Rendite. Der designierte Deutschland-Chef schaut optimistisch auf das zweite Halbjahr.

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