Onlinevertrieb: Alles in Eigenregie

Wo shoppt man heutzutage? Genau, im Internet! Für viele Nutzer ist die nächste Bestellung nur ein paar Klicks entfernt. Das hat auch das Autohaus Kunzmann mit Sitz in Aschaffenburg früh erkannt und seitdem stetig in den Ausbau des eigenen Onlinevertriebs investiert. Ein Schritt, der sich langfristig bezahlt gemacht hat, denn heute können sich die Kunden bei Kunzmann über 3.600 Fahrzeugteile, Zubehör und Fanartikel in dem hochmodernen Onlineshop bestellen. Die ersten Schritte Dabei begann alles in einem eher überschaubaren Umfeld im Jahr 2004. Über eBay wurden nicht mehr verkäufliche Teile noch möglichst gewinnbringend abgesetzt. "Damals lief das alles noch über einen unserer Azubis, der sich um den Paketversand, die Zahlungszuordnung und um Kundenanfragen gekümmert hat", erinnert sich Dennis Ostner, Leiter E-Commerce & Marketing bei Kunzmann. Im Jahr 2014 wurde dann der erste "richtige" Kunzmann Onlineshop gelauncht. Zu dieser Zeit übernahm Dennis Ostner die Abteilung E-Commerce und half bei der Neuausrichtung des Shops. Eine der strategischen Entscheidungen war, das Warenangebot deutlich zu vergrößern. Statt in erster Linie Tuningprodukte zu vertreiben, setzte der Shop nun auf Massenware und Volumenmodelle. "Ziel war es, die breite Masse der Kunden mit Produkten wie Fußmatten, Kofferraumwannen und Nabendeckeln anzusprechen und nicht nur die Tuning-Fangemeinde", so Ostner. Die Paketmengen erhöhten sich schnell, weil eine größere Klientel angesprochen wurde, die aus einem wesentlich breiteren Sortiment auswählen konnte. Eine eigene Abteilung Ein zweiter wichtiger Schritt war die Auslösung der E-Commerce-Abteilung aus dem Teilebereich. Der Onlineshop war nun ein eigenes Profit Center und konnte seine gesamten Geschäftszahlen selbstständig kontrollieren. Sämtliche Kosten wie Personal- und Einzelkosten wurden nun nicht mehr mit dem Teilebereich vermischt und konnten nun ausgewertet werden. Das verschaffte der Abteilung E-Commerce ein spürbares Plus an Transparenz über die Wirkung der eigenen Maßnahmen. Mit einem Mal konnten Ostner und sein Team ausrechnen, wie hoch die Fixkosten waren und ob der Shop Gewinn oder Verlust macht. Besonders wichtig für das Standing im eigenen Unternehmen war laut Ostner vor allem die Unterstützung der Geschäftsleitung, die schon in den ersten Jahren enormes Vertrauen in den Onlineshop und die geplanten Maßnahmen hatte. Bei der Neuausrichtung des Shops im Jahr 2014 war eine Investition von rund 100.000 Euro notwendig, um die Systeme und Prozesse auf weiteres Wachstum auszurichten. Schon 2015 konnte der Shop die schwarze Null erreichen. Es sollte das letzte Jahr sein, in dem Kunzmann mit E-Commerce keinen Gewinn gemacht hat. Onlineshop vs. Plattform Im Gegensatz zu eBay, mit dem bei Kunzmann beim Onlinevertrieb alles angefangen hat, verkauft der Händler bis heute nichts über Amazon. Laut Ostner müssen hier im Automotivebereich 14 Prozent der Marge abgetreten werden. Gleichzeitig tritt man als Verkäufer die Rechte an Bild und Beschreibungstext ab. Günstigere Anbieter nutzen dies und können die Ware günstiger anbieten. Kunzmann würde somit in der Anbieterliste nach unten rutschen. Das schwäche den eigenen Onlineshop und senke die Markteintrittsbarriere für Mitbewerber, so Ostner. Modernes Lager, moderne Prozesse Seit 2018 verfügt der Kunzmann E-Commerce über ein eigenes 600 Quadratmeter großes Lager auf dem Firmengelände in Aschaffenburg. Und hier laufen die Prozesse inzwischen so ab, wie man sie von anderen großen Internet-Versandhändlern kennt. Das Lager wurde speziell auf die Bedürfnisse von Warenein- und -ausgang sowie den verschiedenen Produkten geplant. Auch wurden verschiedenen Verpackungsformate, teilweise mit speziell entwickelter Kartonage zum Versand sensibler Teile eingeführt. Es wurden sogar eigens professionelle Maschinen angeschafft, um beispielsweise Reifen zu verpacken oder Luftkammerfolie zu befüllen. Die Mitarbeiter im Warenlager haben klar zugewiesene Aufgaben. Während einer die Ware holt und vorkommissioniert, verpackt der andere das Paket an der Verpackungsstation und überprüft in diesem Schritt noch einmal die Teilenummer, um Fehler vorzubeugen. Auf diesem Wege verlassen täglich zwischen 250 und 300 Pakete das Lager Richtung Kunden. Klare Strategie Auch in der IT wird laufend an Verbesserungen im Onlineshop gearbeitet, um die Usability zu erhöhen. So wurde vor Kurzem eine verbesserte Suchfunktion eingeführt, die mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet. Gleichzeitig werden den Usern dank dem Recommendation-System jetzt automatisch weitere passende Produkte zum Kauf empfohlen. Allein durch diese Maßnahme konnte der Umsatz im Onlineshop um 25 Prozent gesteigert werden. Aktuell führt das Team von Dennis Ostner einen sogenannten A/B-Test durch, um die Platzierung von ähnlichen Produktempfehlungen direkt unterhalb des Produktbilds zu testen. Das vorläufige Ergebnis: In der User-Gruppe, der die Produktempfehlung oben unter dem Produktbild ausgespielt werden, zeichnet sich ein Umsatzwachstum von rund 40 Prozent ab. Somit wird diese Lösung in naher Zukunft auch im gesamten Kunzmann-Onlineshop eingeführt. Ein eigener Marktplatz? Langfristig könnte man sich bei Kunzmann vorstellen, den Onlineshop zu einer Plattform auszuweiten. Dies könnte durch das Dropshipping-Modell geschehen: Der Kunde bestellt bei Kunzmann, die Ware wird aber nicht aus dem eigenen Lager, sondern automatisiert zum Beispiel beim Hersteller oder anderen Händlern bestellt und von diesem auch direkt geliefert. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Kunzmann den eigenen Onlineshop zu einem Marktplatz ähnlich wie Amazon ausbaut. Dieser würde laut Dennis Ostner "zwar den eigenen logistischen Aufwand senken. Allerdings müssten wir dann auch die Qualität unserer Partner sicherstellen." Kunzmann hat es geschafft, den Onlineshop zu einem Unternehmen im Unternehmen mit eigenem Standing auszubauen. Die Zeiten, in denen der Shop ein reines Nice-to-have war, sind definitiv vorbei. Heute bringt der E-Commerce dem Händler Umsätze in Millionenhöhe und hat der Marke Kunzmann überregionale Bekanntheit beschert. Kunzmann Onlineshop - 7,4 Millionen Euro Netto-Umsatz- 3.600 Produkte- 190.000 Zugriffe im Monat- 250 bis 300 verkaufte Artikel pro Tag- Vertrieb in 28 EU-Ländern + Norwegen, Schweiz, Großbritannien- 600 Quadratmeter Lager (inkl. Verpackungsbereich, Wareneingangs-/ -ausgangszone, Fotoraum)- Sieben eigene Mitarbeiter, drei weitere externe in der Logistikwww.kunzmann.de

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