Audi-Händlerstrategie: Digital gerüstet

Die Digitalisierung verändert die Welt schneller und tiefgreifender als die industrielle Revolution", sagte Audi-Chef Rupert Stadler in seiner Rede zur Eröffnung der Elektronik-Messe CES Asia im Mai dieses Jahres. Und wenn man sich vor Augen führt, was sich im Hinblick auf die digitalen Möglichkeiten alles verändert hat in den vergangenen Jahren, kann man Stadlers Einschätzungen nur zustimmen. Mag der Automobilhandel im Vergleich zu den Branchen, welche zum Beispiel von den Internetriesen wie Amazon oder Ebay gefüttert werden, vielleicht keine Vorreiterrolle einnehmen bei der Digitalisierung, so sind ihre Auswirkungen in jedem Betrieb trotzdem deutlich spürbar. Ein Hersteller, der in Sachen Digitalisierung die Nase vorn hat, ist die Audi AG. Früh hat man sich hier dieses Themas angenommen und Konzepte entwickelt, um den Handel digital zu unterstützen. AUTOHAUS sprach mit Thomas Müller, Leiter Digitales Marketing Deutschland, über die Chancen, die im digitalen Handelsmarketing stecken. AH: Herr Müller, alle Welt redet von Digitalisierung. Aber mal ehrlich, ohne den persönlichen Kontakt geht es doch nicht beim Autokauf, oder? T. Müller: Natürlich nicht. Gerade das Premium-Erlebnis lebt sehr stark vom zwischenmenschlichen Kontakt. Da geht es um das Wecken von Emotionen, um Markenbindung, die persönliche Beratung. Digitale Lösungen unterstützen die Mitarbeiter im Autohaus bei ihrer Arbeit. Dass der Händler bzw. das Autohaus weiter wichtig bleiben, geht auch aus einer Studie des Beratungshauses Capgemini hervor. Darin nennen 62 Prozent der Befragten den Händler als wichtigste Einflussgröße beim Autokauf. Allerdings kommen die meisten Besucher schon sehr gut informiert ins Autohaus. Die Tatsache, dass der Kunde schon viele Informationen im Internet sammelt, zeigt uns, dass wir und unsere Handelspartner digital gerüstet und vor allem digital präsent sein müssen. AH: Was tun Sie als Hersteller dafür? T. Müller: Uns ist es wichtig, unsere Handelspartner in die digitale Welt zu begleiten. Wir als Hersteller haben bereits sehr viele Erfahrungen mit digitalen Kanälen sammeln können und sind über aktuelle Entwicklungen gut informiert. Zum Beispiel im Bereich Social Media, wo wir bei Facebook mit 1,57 Millionen Fans und den meisten Interaktionen unter den drei Premiummarken die Nase vorn haben. Die Erfahrungen, die wir mit dieser starken Präsenz machen, teilen wir mit dem Handel. Konkret geht es darum, Informationen beispielsweise in Schulungen oder über Leitfäden zu vermitteln. Auch für andere Bereiche des digitalen Marketings bieten wir persönliche Unterstützung, Marketingmaterialien oder einsatzbereite Plattformen. AH: Sie beobachten den digitalen Markt ja ganz genau. Welche Veränderungen nehmen Sie wahr? T. Müller: Wir stellen eindeutig fest, dass die allermeisten Kunden über Suchmaschinen, in Deutschland vornehmlich Google, auf unsere und die Websites unserer Partner kommen. Aus eigenen Analysen wissen wir, dass aktuell 26 Mal pro Sekunde jemand bei Google nach Audi sucht - pro Sekunde! Wir und unsere Handelspartner müssen sicherstellen, dass der potenzielle Kunde dann digital zu den gewünschten Informationen gelotst wird, sprich auf unserer Herstellerseite www.audi.de und auf den Websites unserer Partner fündig wird. In diesem Zusammenhang spielen die Händlerwebsites eine entscheidende Rolle und wir sehen, dass ihre Bedeutung noch nie so groß war wie jetzt. Da geht es um Themen wie die schnelle Auffindbarkeit, die richtigen Angebote auf der Seite, zum Beispiel die Möglichkeit einer Online-Termin-Vereinbarung, Zugang zu Gebrauchtwagenbörsen und vieles mehr. Wir stellen fest, dass die Kunden umso häufiger Händlerwebsites nutzen, je näher sie dem Kauf kommen. AH: Welche Tools für eine Verbesserung des Internetauftritts geben Sie Ihren Händlern an die Hand? T. Müller: Über das Audi Partner Portal und den Audi Werbebaukasten haben unsere Händler die Möglichkeit, Online-Werbebanner zu buchen, auf ein System für E-Mail-Newsletter mit passendem Content zuzugreifen, Infos für gutes und konsequentes Social-Media-Marketing zu bekommen etc. Bei Facebook "dabei zu sein" heißt noch lange nicht, erfolgreich damit zu sein. Wichtig ist die richtige Strategie bei der Bespielung der Social-Media-Kanäle - und wie die aussehen kann, erfährt der Händler bei uns. Besonders wichtig ist uns, dass der Internetauftritt in der digitalen Welt markengerecht und konsistent ist, damit der Kunde sich leicht zurechtfindet. Dafür bieten wir jedem Händler seine individualisierbare Website und sehen, dass dieser Service auch gut angenommen wird. 97 Prozent unserer Händler setzen diese Website ein. AH: Was ist das neueste Tool, das Sie anbieten? T. Müller: Wir bieten auf unserer Herstellerseite bereits seit einigen Jahren einen Video-Live-Chat, die sogenannte Online-Beratung, mit Audi-Experten, die zu jedem Fahrzeugmodell detailliert Auskunft geben können. Wir sehen, dass diese Kommunikationsform sehr gut angenommen wird, und setzen diese jetzt auch, zunächst in Pilotbetrieben, sukzessive im Handel ein. AH: Social Media ist nach wie vor ein sehr polarisierendes Thema. Warum, meinen Sie, ist es wichtig, als Händler z. B. bei Facebook zu sein? T. Müller: Die Anzahl der Besucher in den sogenannten digitalen Autohäusern ist seit Beginn unserer SEA-Kampagne um 64 Prozent gestiegen. Die Kunden kommen über Online-Werbung, Search-Engine-Aktivitäten, aber eben sehr häufig auch über die Social-Media-Kanäle auf die Händlerwebsite, weil zum Beispiel ein Freund im Internet einen interessanten Beitrag seines Autohauses geteilt oder geliked hat. Facebook ist in meinen Augen die beste individuelle Zeitung der Welt - und vermutlich die am meisten gelesene. Dieses Potenzial können Händler für sich nutzen. Unsere technikaffinen Kunden und Fans nutzen diese Kanäle sehr intensiv. Aber auch die Möglichkeiten, modernes, zielgruppenorientiertes Marketing zu betreiben, sind für unsere Händler sehr interessant. AH: Bedeutet dies, dass Printwerbung ausgedient hat? T. Müller: Nein. Printwerbung ist noch immer eine sehr gute Möglichkeit, hohe Reichweiten zu erzielen und auch weniger online-affine Kunden zu erreichen. Es geht hier nicht um ein Entweder-Oder: Wir müssen Print- und Online-Marketing gleichermaßen intelligent einsetzen. AH: Gibt es bei Audi eine Vision, wie man einen Kunden für sich gewinnen kann? T. Müller: Wir wollen gemeinsam mit unseren Handelspartnern den Audi-Kunden und -Interessenten auf seiner individuellen digitalen Customer Journey aktiv begleiten. Wie in der realen Welt müssen alle Berührungspunkte mit Audi zu 100 Prozent der Marke gerecht werden und den Erwartungen unserer Kunden entsprechen. Für sie ist entscheidend, dass wir zum richtigen Zeitpunkt die für sie optimalen Angebote und Informationen liefern. Die Digitalisierung weckt viele Phantasien - manche glauben, dass es mit einer Idee getan sei, um den gesamten Markt aufzurollen. Ich glaube, dass es im Automotive-Geschäft viel stärker darauf ankommt, dass wir unser Handwerkszeug einfach sehr gut beherrschen und offen sind für schnelle Veränderungen, die in der digitalen Welt stattfinden. AH: Herr Müller, herzlichen Dank für das Gespräch. Interview: Karolina Ordyniec Kurzfassung Für das digitale Handelsmarketing hat der Ingolstädter Hersteller einige Lösungen parat und möchten seine Händler dazu ermuntern, stärker digital aktiv zu sein.

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