Ausgabe 23-24/2012: Bankenfehler mit Folgen

Bankenfehler mit FolgenKreditrevision – Falschberechnungen von Banken bei Kreditnahme durch Autohäuser und wie man Regress nehmen kann. von Annemarie SchneiderBankenfehler können gravierende finanzielle Folgen für Autohäuser haben. Ein Interview mit dem Kreditsachverständigen Ralph Hans Brendel über Falschberechnungen von Banken bei Kreditnahme durch Autohäuser, die Hintergründe und die Möglichkeiten, Regress zu nehmen. AH: Herr Brendel, die zinspruef GmbH prüft und begutachtet seit vielen Jahren Kreditverhältnisse zwischen Unternehmen und Banken, insbesondere auch im Autohandel. Mit welchen Kernergebnissen?R. H. Brendel: Bei Überprüfung der Kreditbedingungen und der Kontoabrechnungen haben wir bei gut 80 Prozent der Händler Ansprüche von über 100.000 Euro entdeckt. Dabei gilt oft, dass unter mehreren Konten, die in der Regel geführt werden, zwar nicht alle, aber eben doch viele fehlerhaft sind. Nicht jedes Konto ist folglich zu beanstanden, aber vier von fünf Händlern sind von überhöhten Abrechnungen betroffen.FehlerquellenAH: Welche Fehler kommen bei der Kreditvergabe und -abrechnung vor?R. H. Brendel: Die Fehlerquellen sind unterschiedlicher Natur. Eine klassische ist beispielsweise bei den Händlereinkaufslinien in Form mangelnder Zinsanpassungen zu finden. Denn diese sind rechtlich gesehen Kontokorrentlinien mit variablem Zins, so dass sich die Zinsbedingungen stets den aktuellen Bedingungen nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB anpassen müssen. Die Banken passen aber gerne nach beliebigem Ermessen, das heißt, nach Gutsherrenart an.AH: Woran machen Sie das fest?R. H. Brendel: Wir schauen uns etwa das sogenannte Ursprungsgefüge der Verträge an und bewerten diese im Verhältnis zum Wettbewerb und dessen Refinanzierung. Dies gilt auch für die weitere Entwicklung und Folgeverträge. In den Folgeverträgen befinden sich gerne Fallstricke zu Ungunsten der Händler. Trotz aller Vertragsfreiheit sind diese Fallstricke aber meist unwirksam. Zudem hängt es oft im Detail. Das heißt, welche Zinsberechnungsformeln – ob zum Beispiel 360 oder 365 Zinstage oder 30 Zinstage pro Monat vereinbart worden sind – vertraglich vereinbart und welche de facto berechnet wurden. Häufig gibt es da schon Abweichungen. Auch Widersprüche bei der Berechnung wie Wechsel der Bezugsgrößen führen zu Erstattungen.AH: Gibt es dabei Unterschiede zwischen Hersteller- und Fremdbanken?R. H. Brendel: Es muss grundsätzlich getrennt werden zwischen den Hersteller- und Fremdbanken wie den Großbanken, Sparkassen, Volksbanken und Spezialbanken. Bei den Herstellerbanken ist es erfahrungsgemäß so, dass die Händlereinkaufslinien nicht oder nicht ausreichend im Zinssatz angepasst werden. Als die Herstellerbanken Anfang der 90er Jahre damit begonnen haben, hat sich das noch anders dargestellt. Damals haben sie meist die Händler mit günstigen Zinsmitteln versorgt. Mit Änderung der Gewinn- und Margenpolitik hat sich das jedoch gewandelt. Das hat sich etwa bei der Bank eines deutschen Herstellers gezeigt, die nach unseren Prüfungen bei allen Markenbetrieben ihre Zinsen erst einmal wieder deutlich nach unten korrigiert hat und Rückvergütungen für die Vergangenheit ausgeschüttet hat.AH: Welche Fehler werden neben mangelhaften Zinsanpassungen noch gemacht?R. H. Brendel: Bei den Herstellerbanken kommen noch falsche Wertstellungen hinzu. Ich kenne Händler, bei denen die Fahrzeuge verkauft, ausgeliefert und der Kunde beim Leasinggeber des Herstellers z. B. ab dem 1. Januar seine Kreditraten bezahlt hat. Dem Händler wurde aber die Einkaufslinie, das heißt, die Zinsen für das Fahrzeug bis zum 4. Januar belastet. Manchmal wurde auch bis zu 14 Tage länger der Zins unberechtigt kassiert.Bei den Fremdbanken kommen zu den Zins- und Wertstellungsfehlern außerdem noch die Gebühren und vor allem Kopplungsgeschäfte wie Swaps, Lebensversicherungen oder Fonds dazu, bei denen die Händler teilweise Millionenbeträge verloren haben. Nicht selten fliegt das ganze Konstrukt aber z. B. aufgrund nicht stimmiger Formvoraussetzungen den Banken um die Ohren. Dann geht es tatsächlich ans Eingemachte. Für den Händler kommt es dann meist zu viel günstigeren Verträgen.AuswirkungenAH: Welche Konsequenzen haben die Falschberechnungen?R. H. Brendel: Insbesondere aufgrund der hohen Summen, welche die Händler im Einkauf benötigen, sind die Zinsen bei den schwachen Renditen ganz entscheidend für die Ergebnisrechnung. Bei so manchem Autohaus lässt sich das Ergebnis bei richtiger Abrechnung sicherlich verdoppeln. Anschauliches Beispiel aus den bisher rund 50 geprüften Autohäusern und Gruppen ist ein kleiner Händler, dessen GmbH einen Gewinn von rund 50.000 Euro verzeichnet hat. Nach der Prüfung hat er von seiner Herstellerbank einen sechsstelligen Betrag wieder zurückbekommen und die Konditionen haben sich um vier Prozent verbessert. Damit wurde teilweise der Kredit gelöscht und der andere Teil als Reserve genutzt. Daneben führen die besseren Zinsen bei einer Kreditlinie von zwei Millionen Euro dazu, dass ein zusätzlicher Gewinn von rund 70.000 Euro pro Jahr entsteht. Das wirkt sich wiederum auf das Rating des Autohauses aus, das wiederum zu besseren Konditionen führt.AH: Von welcher Höhe der Regressansprüche reden wir generell bei den bisher geprüften Händlern?R. H. Brendel: Wir haben nicht nur kleine Händler, sondern auch große Handelsgruppen geprüft. Über all diese Kunden hat sich die Spanne bisher zwischen 100.000 und vier Millionen Euro bewegt.AH: Wie sieht es mit der Verjährung potenzieller Ansprüche aus?R. H. Brendel: Die Verjährungsfristen sind ein komplexes Thema. Grundsätzlich ist es so, dass die Verjährung sich seit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 2002 auf drei Jahre ab Kenntnis und zehn Jahre absolut beläuft. Regelmäßig beginnt die dreijährige Verjährungszeit erst mit Übergabe des Gutachtens.Bei der Händlereinkaufslinie – also Kontokorrentkonten – ist dies noch günstiger. Der Bundesgerichtshof ist dabei sogar so weit gegangen, dass die Verjährung so lange gehemmt ist, wie das Kontokorrentverhältnis besteht und der Saldo abredegemäß gefordert werden kann. Auch die Übersendung von Rechnungsabschlüssen von der Bank ändert dies nicht, sondern führt nur zur Beweislastumkehr. Beweisen wir der Bank fehlerhafte Berechnungen, wird der Rechnungsabschluss kassiert. Mit einem Gutachten kann der Händler seine Ansprüche gegen seine Kreditverpflichtungen aufrechnen. Das gilt sogar für verjährte Forderungen, zum Beispiel überhöhte Zinsen aus 1995 nach § 215 BGB.Die Banken behaupten zwar, dass dies nicht zulässig sei, das stimmt jedoch nicht, es steht ja nicht umsonst im Gesetz. Zusätzlich hat der Händler, solange das Konto falsch abgerechnet wird, ein Zurückbehaltungsrecht bis zur korrekten Abrechnung. Dem Händler stehen also prinzipiell drei kräftige Waffen zur Verfügung: die Durchsetzung des Zahlungsanspruchs, die Aufrechnung und das Zurückbehaltungsrecht. Wichtig ist dabei aber, dass der Händler keinesfalls ohne Expertise auf die Bank zugehen und Falschabrechnungen bemängeln sollte, da er erstens gar nicht weiß, über welche Summen er überhaupt redet, und zudem damit die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen beginnt.AH: Wie kooperativ verhalten sich denn die Banken?R. H. Brendel: Das ist sehr unterschiedlich und es kommt auch darauf an, welcher Weg des Dialoges im jeweiligen Fall gewählt wird oder sich anbietet. Oft einigen sie sich im Rahmen eines Vergleiches, der auch ganz andere gute Leistungen für den Händler beinhalten kann, wie die günstige Finanzierung des Autohauses. Wir hatten den Fall, dass die Bank etwa den Zins für einen Baukredit, der bereits auf zehn Jahre festgeschrieben war, gesenkt hat. Es stehen also vielfältige Optionen je nach Unternehmensphilosophie und Lage des Händlerbetriebes offen.AH: Herr Brendel, vielen Dank für das Gespräch!zinspruef gmbhDie zinspruef GmbH, Gesellschaft zur Prüfung von Kreditzinsen mbH, ist 1989 gegründet worden. Der Initiator und fachliche Leiter Ralph Hans Brendel ist einer von acht Experten in der Kreditsachverständigenorganisation mit unterschiedlichen fachlichen Schwerpunkten, die seit 2002 ausschließlich die Beratung von privaten und gewerblichen Kunden sowie die Erstellung von Gutachten übernimmt, welche alle Aktivitäten und Grundlagen im Rahmen der Vertragsbeziehungen bei Kreditnahme von Banken umfassen. Eigner des Unternehmens sind Schweizer Beteiligungsgesellschaften. Sie stellen laut Angaben von zinspruef bei Bedarf auch eine Kontokorrent-Linie von mehreren 100.000 Euro, um eine unabhängige Arbeit zu gewährleisten. Großer Anteilseigner ist mit 40 Prozent die Krussmann Holding AG. Im Automobilhandel zählen gegenwärtig rund 50 Autohäuser bzw. Handelsgruppen zu den Kunden. Sitz von zinspruef ist Berlin.preismodelleDie Bezahlung der Leistungen von zinspruef erfolgt entweder auf Honorarbasis zu vereinbarten Stundensätzen oder via Erfolgsprovision über die Krussmann Holding AG. Bei letzterer Variante wird das Unternehmen insgesamt mit 25 Prozent an der erzielten Summe an Rückforderungen beteiligt. Dabei entgelten die Kunden in Tranchen. Beispiel: Erhält das Autohaus 100.000 Euro an Rückzahlungen, sind 5.000 Euro unmittelbar zu zahlen und 20.000 Euro bei Geldfluss. Bei potenziellen Fehlern oder Scheitern vor Gericht erhält der Kunde jedoch auch die 5.000 Euro wieder zurück. Mehr Informationen unter www.zinspruef.de oder 0 30 - 4 37 77 93 60 Autohaus

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Bankenfehler mit Folgen

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