Ausgabe 10/2014: Das Richtige richtig tun

Business-Coach Anthony Holtz ist auf dem Weg in ein Stuttgarter Autohaus. Der Verkauf soll dort angekurbelt werden. Die Mitarbeiter sind gespannt, was ihnen der externe Coach zu sagen hat. Was sie nicht wissen: Holtz war schon mal vor Ort, um einen Testkauf zu machen. Er weiß also bereits ziemlich genau, wovon er redet, wenn er in Stuttgart ankommt. Konzentration aufs Kerngeschäft Die Verkäufer in Stuttgart sind hochmotiviert, fleißig, arbeiten viel. Und nun behauptet Holtz als Erstes, dass sie vermutlich ihre Zeit vertrödeln. "Damit meine ich nicht, dass Sie sich zu viel Zeit mit Ihrer Arbeit lassen", so Holtz, "vielmehr geht es darum, die richtigen Dinge auf die richtige Art und Weise zu tun." Er beruft sich dabei auf das bekannte Pareto-Prinzip, das besagt, dass man mit 20 Prozent des gesamten Arbeitsaufwands rund 80 Prozent der Ergebnisse erzielt. Holtz übersetzt Pareto auch gleich auf die konkrete Situation im Autohaus: "Das Kerngeschäft von Automobilverkäufern ist das Verkaufen, und genau darauf sollten nicht nur 20 Prozent, sondern auch die weiteren 80 Prozent der Arbeitszeit gezielt verwendet werden!" Den Einwand, dass neben dem eigentlichen Verkauf auch allgemeine Vertriebs- und Verwaltungsaufgaben, Dispositionstätigkeiten, Bestell- oder Auftragsabwicklungen, Boni- und Prämienanträge bis hin zu Fahrdiensten zum Absatzerfolg beitragen würden, entgegnet der Business-Coach: "Das ist richtig, aber nicht die Kernaufgabe des Verkäufers, das muss anders organisiert werden. Oder würden Sie von einem Fußballprofi erwarten, dass er den Rasen pflegt, das Tor repariert und sich ums Catering kümmert?" Sodann erarbeitet er Stück für Stück mit dem Team eine entsprechende Aufgaben-Priorisierung. Was sind die Zeitfresser? Wie kann man Arbeiten anders verteilen? Wie die gewonnene Zeit für Kernaufgaben nutzen? Auf diese Weise entwickelt er ein spezifisches Prioritätenschema mit A-, B- und C-Aufgaben (siehe Grafik) und empfiehlt dem Autohaus-Chef: "Befreien Sie Ihre Verkäufer konsequent von C-Aufgaben, geben Sie ihnen die Möglichkeit, sich mindestens 20 Prozent ihrer Arbeitszeit auf A-Aufgaben, sprich: Kundengespräche zu konzentrieren. Und in den verbleibenden 80 Prozent Arbeitszeit werden diese Gespräche als B-Aufgaben systematisch vor- und nachbereitet." Letzteres ist entscheidend für die nachhaltige Absicherung des Erfolgs der Verkäuferarbeit. Denn es geht dabei nicht nur um die strukturierte Neukundengewinnung, sondern auch um die Kunst, aus den neuen Kunden Stammkunden zu machen und den bestehenden Kundenstamm permanent zu pflegen. "Das ist harte Arbeit"; so Holtz, "dafür muss der Chef seinem Verkäufer Zeit einräumen, in der er Datenbanken pflegt, sich detailliert vorbereitet, individuelle Gesprächskonzepte und präzise Angebote entwickelt, am Telefon und über digitale Kanäle Kundenkontaktpflege betreibt und so eine emotionale Beziehung zum Kunden aufbaut und festigt." Die nötige Kontakttiefe Dann kommt Anthony Holtz auf seine Eindrücke vom eingangs erwähnten Testkauf zu sprechen und damit auf die individuellen Ursachen mangelhafter Absatzerfolge. So waren die Kollegen in Stuttgart durchaus motiviert, aber viel zu schnell wurde er an den Schreibtisch und Computerbildschirm geführt, wurde er mit Zahlen, Finanzierungsvarianten und Ausstattungsdetails bombardiert. Am Ende verließ er das Autohaus mit vielen Papieren und Prospekten, ohne auch nur einmal in einem Auto gesessen zu haben. Aus seiner 25-jährigen Erfahrung als Autoprofi, 10 Jahre davon als Business-Coach, weiß er, dass der Gesprächsablauf in Stuttgart kein Einzelfall, sondern fast schon typisch für die Branche ist: Neun von zehn Beratungsgesprächen in Autohäusern laufen auf ähnliche Weise ab. Was er vermisste, war das persönliche Gespräch, das aktive Zuhören und Hinterfragen des Verkäufers, um seinen tatsächlichen Bedarf individuell zu ermitteln. "Wie wollen Sie einem Menschen das passende Auto verkaufen, wenn Sie nichts von ihm wissen - welchen Job er hat, wie groß seine Familie ist, was er in der Freizeit tut? Nur wenn Sie mit Empathie und Einfühlungsvermögen auf den Kunden zugehen, wird er für Sie zu einer Person, zu der Sie eine Beziehung aufbauen und pflegen können", erläutert der Business-Coach. Ohne diese Kontakttiefe rückt allein der Preis ins Zentrum des Verkaufsgesprächs. Bei der Ursachen-Suche, warum es in Stuttgart nicht zu der nötigen Kontakttiefe kam, kristallisierte sich in der Diskussion vor allem ein Kernpunkt heraus: der ständige Zeitdruck bzw. das Gefühl, unter ihm zu leiden. Um dieses subjektive Gefühl objektiv bewerten zu können, bietet Holtz ein sogenanntes VASK-Tool ( Vertriebs- ASsistenz- Kalkulations-Tool, das Holtz zusammen mit Marco Bärwalde, Vertriebsleiter VW Automobile Berlin, entwickelt hat), das alle anfallenden Arbeiten kategorisiert und zeigt, wie viel Zeit sie jeweils in Anspruch nehmen. Nach einer Analyse können Chef und Mitarbeiter sehen, ob es z. B. Sinn macht, eine Verkaufsassistenz zur Entlastung von sog. C-Arbeiten einzustellen - aber auch, wie viele Autos dafür monatlich mehr verkauft werden müssen. Nach diesem Kick-off-Treffen und ersten Kennenlernen geht es dann in den folgenden individuellen Coaching-Tagen um ganz konkrete Fragen und Problemlösungen: Die Hemmungen mancher Verkäufer, den Kunden "auszufragen", das ehrlich eingestandene Desinteresse eines Verkäufers am Kunden als Person, fehlendes Know-how in Fragetechnik und Sozialkompetenz, zu hoher Erfolgsdruck und vieles mehr. All dies erfragt Anthony Holtz in den Coaching-Tagen, analysiert die Ergebnisse mit allen Beteiligten und trainiert mit einzelnen Verkäufern vor Ort am Arbeitsplatz. Denn der Erfolg kommt nicht allein dadurch, dass ausreichend Zeit für die Kernaufgaben zur Verfügung steht, sondern dass diese auch so effizient wie möglich genutzt wird. Anthony Holtz Dipl.-Kaufmann Anthony Holtz ist seit 25 Jahren in der Automobilbrache aktiv, u. a. als Top-Verkäufer, Inhaber und Geschäftsführer, als Online-Pionier und Neuwagen-Importeur. Heute ist er Management-Berater, zertifizierter Business-Coach, Buchautor ("Der AHA!-Effekt führt Autohäuser an die Spitze"), hält Vorträge und gibt Seminare. Seine Themenfelder sind der Vertrieb und das Marketing im Automobilgeschäft. Das im Artikel erwähnte VASK-Tool kann kostenfrei beim Autor per E-Mail direkt angefordert werden: info@anthonyholtz.de.Weitere Info: www.anthonyholtz.de

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