Ausblick und Impulse 2025: Dem Sturm trotzen

KURZFASSUNG: Das Autohausmanagement und die Autohausgesellschafter stehen in 2025 vor konkreten Hausaufgaben. Die gute Nachricht lautet, dass sich den Unternehmen vier strategische Handlungsfelder bieten. Die schlechte Nachricht lautet: Es gibt nur diese und keine weiteren. Es gilt kostspielige Investitionsentscheidungen zu vermeiden, die als "sunk costs" nicht mehr reparierbar sind. Reden wir einmal über die Welt! Das gebietet die Tatsache, dass uns ein unheimliches Gefühl begleitet, Zeugen großer Veränderungen zu werden, welches mehr Angst denn Zuversicht spendet. Lassen wir ausnahmsweise die Mikrodiskussionen über höhere Gebrauchtwagenerträge, digitale Autohausprozesse, neue Vertriebsmodelle beiseite und beschäftigen wir uns mit dem strategisch Wichtigen: Welche schlagenden Auswirkungen haben aktuelle geopolitische Ereignisse auf das strategische Automobilhandelsgeschäft? Noch wichtiger: Wie machen Autohausmanager ihre Autohäuser resilient, also robuster, krisensicherer? Das Motto 2025 lautet: Global denken, lokal handeln. These 1: Die "Pax Americana" ist nicht mehr umsonst Die Zeitenwende des Olaf Scholz, die er im Angesicht des russischen Aggressors erklärte, wiederholt sich ein zweites Mal. Diesmal ist unsere Schutzmacht USA der Anlass. Trump verkörpert den Ernstfall im politischen Berlin. Kopfschüttelnd nehmen wir das Mehrheitsergebnis der Nordamerikaner zur Kenntnis. Das provoziert die Frage: Weist unser offensichtliches Unverständnis nicht viel weniger auf eine deutsche, entrückte Weltfremdheit? Das erfolgreiche deutsche Geschäfts- und Wohlstandsmodell, nämlich der kostenlose amerikanische Atomschirm über uns, das billige russische Gas zu uns und der barrierefreie Welthandel mit uns, ist zu Ende. Donald Trump ist ein Handelskrieger. Internationaler Handel ist aus seiner Sicht ein Nullsummenspiel. Kooperationsgewinne für beide Seiten hält er für Falschgeld. Damit gilt: Trump verkörpert auch den Ernstfall der deutschen Automobilwirtschaft. Unsere Fahrzeughersteller sind im Fokus der neuen US-Administration, weil das Handelsdefizit der USA gegenüber Deutschland von insgesamt rund 63 Milliarden Euro zu mehr als einem Drittel auf das Konto von BMW und Kollegen geht. Die deutschen Automobilproduzenten exportieren jedes achte Fahrzeug in die USA. Handelstarifäre Maßnahmen der USA wie die angedrohte Erhöhung von Importzöllen um bis zu 20 Prozent, stellen die deutsche Automobilproduktion für den US-Markt in Zweifel. Polyglotte Konzernvorstände mögen achselzuckend den Investitionsantrag unterzeichnen, in Zukunft die S-Klasse in den USA zu bauen und damit Wertschöpfung, Arbeitsplätze, Know-how und volkswirtschaftlichen Wohlstand ins Ausland zu transferieren. Für den deutschen Automobilhandel, der mit diesem Land und seinen Regionen unumkehrbar verbunden ist, sind das schlechte Nachrichten. Es sind nicht die USA allein, die von der Idee einer globalen Weltwirtschaft abrücken. Die Europäische Union reagiert mit protektionistischen Drohungen und trägt zur weltweiten Abschottung bei. In 2024 wurden mehr als 3.300 protektionistische Maßnahmen realisiert, die die Automobilindustrie betreffen. Die USA und China tragen die Hauptverantwortung für limitierte statt freie Marktzugänge, die aufseiten der europäischen Automobilhersteller schmerzhafte Komplexitäts- und höhere Markteintrittskosten bedeuten. Die forcierte "local-for-local"-Strategie der Autoproduzenten macht industrielle Skaleneffekte kleiner und verringert die Bedeutung traditioneller Automobilstandorte in Europa. Kurzum: Die Rentabilität der Automobilhersteller steht strukturell unter Druck. Das alles hat Auswirkungen auf den Automobilvertrieb in Deutschland. Mögen deutsche Automobilmarken am stärksten betroffen sein, es trifft alle europäischen Automobilprodukte. Es scheint unumkehrbar zu sein, dass die globale Rolle Deutschlands als autoindustrieller Standort im automobilen Kosmos kleiner wird. Wenn die gewohnten satten Konzernergebnisse fehlen, können steigende Milliardeninvestitionen in neue Produkte und innovative Technologien aus Sicht der OEM nur durch eine optimierte Materialwirtschaft und kleinere Vertriebsbudgets finanziert werden. Die Herstellerbonifizierungen werden zumindest im Wholesale-Modell weiter unter Druck stehen. Es bleibt weniger Geld in der Kriegskasse, um im kompetitiven deutschen Automobilmarkt notwendige Kaufanreize insbesondere für konventionelle Antriebe zu setzen. These 2: Der Markt 2025, die launige Diva Der deutschen Wirtschaft droht 2025 eine ausgewachsene Rezession. Es ist gar von über drei Millionen Arbeitslosen die Rede. Die Kaufzurückhaltung spürt der deutsche Automobilhandel bereits heute. Mehr noch als Absatzrückgänge verzeichneten die Autohäuser im laufenden Jahr schmerzhafte Einbrüche ihrer Neuwagen-Bruttoerträge um mehr als die Hälfte. Es ist noch nicht ausgemacht, ob die aktuelle Friedhofsruhe in den Showräumen von kurzfristiger Natur ist oder ob das bereits der Vorgeschmack auf das Jahr 2025 ist und einem Kaufboykott gleichkommt. Gleichzeitig sorgt die EU-Regulatorik für einen BEV-Boom in 2025. Diese Annahme steht in einem scharfen Kontrast zur aktuellen deutschen Marktentwicklung, die BEV-Rückgänge von mehr als 29 Prozent verzeichnet. Deutschland teilt sich heute mit Österreich und Italien die letzten Plätze im westeuropäischen NEV-Markt (New Energie Vehicles). Tatsächlich fordern die verschärften Flottengrenzwerte die europäischen Automobilhersteller heraus, die CO2-Emissionen um 15 Prozent auf mehr oder weniger 90 g/km zu reduzieren und den Flottenanteil von BEV-Fahrzeugen in Deutschland auf bis zu 30 Prozent anzuheben. Die Kennzahl klingt nicht beunruhigend. Nervös werden die europäischen Automobilhersteller beim Blick auf die aktuellen BEV-Absatzanteile. Die liegen nämlich abgeschlagen darunter. Die Rechnung ist einfach. Überschreitet ein Automobilkonzern die angestrebten Emissionsziele um fünf Gramm CO2/km, sind 95 Euro je Gramm fällig. Bei einem Absatz von einer Million Fahrzeuge errechnet sich eine Gesamtstrafe von circa einer halben Milliarde Euro. Die Vertriebsstrategen in den europäischen Automobilkonzernen werden spätestens ab Mitte nächsten Jahres die Transaktionspreise der elektrisch betriebenen Fahrzeuge mithilfe von Verkaufsförderungen deutlich unterstützen, um die Emissionsziele nicht zu gefährden. Die tatsächlichen Marktpreisdifferenzen zwischen ICE (Diesel und Benziner) und NEV (Plug-In, Hybrid und BEV) nivellieren sich gar. Der Geldeinsatz speist sich aus eingesparten Strafzahlungen an die EU-Kommission. Der deutsche Automobilhandel kann sich darauf einstellen, dass insbesondere der VW-Konzern, Stellantis und Ford erhebliche Anstrengungen unternehmen, den NEV-Absatz zu stimulieren. Die Verkaufsleiter in den Autohäusern sollten ihre Verkaufsteams darauf einstellen. These 3: Paradigmenwechsel - auf den stationären Handel kommt es an! Der stationäre Automobilhandel sieht sich seit Jahren unentwegt in strategischer Bedrängnis. Zu viele, kleinteilige Handelsstandorte verlangen eine Auslese, zu große Showrooms fordern Flächenkürzungen. Die Automobilhersteller ließen in der Vergangenheit ihren Handelspartnern deren abnehmende Bedeutung als relevante Handelsstufe spüren. Internationale Beratungsgesellschaften und strategische Vordenker in den Automobilkonzernen waren beseelt von wartungsfreien elektrisch betriebenen Neuwagen, die "over-the-air" repariert werden, und von einem Agenturmodell, das weniger Präsentationsfläche und mehr "digital direct sales" vorsah. Die alte Wirklichkeit, die die neue Zukunft ist, nämlich Angebotsüberhänge und zickige Kunden auf der einen Seite und Lager- und Vertriebsdruck auf der anderen Seite, schärfen den Blick der Automobilindustrie, dass ohne lokales und personalisiertes Verkaufen der Automobilvertrieb zum Lotteriespiel werden kann. Modernes Fahrzeugdesign, hippe Markenkampagnen und echter Produktnutzen reichen nicht aus, Produktionskapazitäten für den europäischen Markt kontinuierlich auszulasten. Es kommt also auf den lokalen, stationären Automobilhandel an, im vertrieblichen Klein-Klein-Alltag Fahrzeug für Fahrzeug, Aftersalesauftrag für Aftersalesauftrag an die Kunden zu bringen. Andererseits gilt es festzuhalten: Die "Vertriebspandora" kehrt nicht mehr in die Büchse zurück. Konkret sinken die Flächen- und Standortbedarfe. Insbesondere der deutsche Markt ist "over-stored". Der stationäre Handel bietet zu viel Absatzfläche für zu wenig automobile Nachfrage. Die europäische Automobilindustrie muss sich klar werden, dass sie im Zweifel den Fuchs in den Hühnerstall einlädt, wenn traditionelle Marken den Flächenrückzug antreten und neuen, insbesondere chinesischen Marken bei ihren treuen Handelspartnern automatisch Raum und Vertriebs-Know-how verschaffen. Das erfordert eine Abwägung zwischen betriebs- bzw. netzwirtschaftlichen Anforderungen und strategischem Weitblick durch den OEM. These 4: Endspieler wachsen, die anderen heiraten oder scheiden aus Das Autohausmanagement und die Autohausgesellschafter stehen in 2025 vor konkreten Hausaufgaben. Die gute Nachricht lautet, dass sich den Unternehmen vier strategische Handlungsfelder bieten. Die schlechte Nachricht lautet: Es gibt nur diese und keine weiteren. Es gilt kostspielige Investitionsentscheidungen zu vermeiden, die als "sunk costs" nicht mehr reparierbar sind. Die Reorganisatoren: Unternehmen, deren Renditen schwachbrüstig und deren Eigenkapital fieberanfällig sind, befindet sich im strategischen Feld der "Reorganisatoren". Es gilt Effizienzen zu heben und die Unternehmensresilienz zu erhöhen. Diese Unternehmen machen sich fit, um attraktive Aussteiger oder strategische Kooperationspartner zu werden. Die Aussteiger: Autohausunternehmen, die sich abschließend in einer strategischen Krise befinden und aus dem Automobilhandel austreten wollen, gelten als "Aussteiger". Es gilt den Kapitalstock zu erhalten, ohne hohe Investitionen zu tätigen. Diese Unternehmen kürzen ihre Bilanzen durch die Erhöhung der Kapitaleffizienz, setzen auf Produktivitätsgewinne, um den eigenen Unternehmenswert zu steigern. Die Strategen: Strategen, also Autohäuser, die im Inter- und Intrabrandwettbewerb unterlegen sind und aktive Marktspieler bleiben wollen, suchen in ihren angrenzenden Marktgebieten strategische Partner mit dem Ziel des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses im Wege der Fusion oder einer Holding. Die Endspieler: Endspieler, also Autohausgruppen, die aus dem Konsolidierungsprozess als Übriggebliebene hervorgehen wollen, sind überdurchschnittlich profitabel und finanzwirtschaftlich stark. Diese Unternehmen verfügen über die notwendigen Mittel, Strukturen und Managementkapazitäten, um extern zu expandieren. Das M&A-Geschäft, also der Kauf von Unternehmen, wird zum normalen Geschäft. These 5: Empfehlung für Manager - kühler Kopf, heißes Herz Autohäuser, deren Nachfolge nicht geregelt, deren Standorte überaltert und kleinteilig sind, deren Markenportfolio zweifelhafte Zukunftsaussichten bietet, deren Eigenkapitalausstattung unzureichend ist und die im Wettbewerbsumfeld zurückstecken, befinden sich in einer strategischen Krise. Die voraussichtliche Marktsituation in 2025 treibt diese Autohäuser schneller in eine Ergebnis- und Liquiditätskrise, als man heute glauben mag. Für alle anderen Autohausunternehmen empfiehlt sich der Resilienzfaktor. Das Neu- und Gebrauchtwagengeschäft unterliegt im kommenden Jahr erheblichen Unsicherheiten. Autohausunternehmen, denen es gelingt, ihre Fix- und Kapitalkosten durch die Aftersaleserträge zu decken, können mit mehr Gelassenheit nach vorne schauen. Angst ist der schlechteste Ratgeber in kritischen und unvorhersehbaren Situationen. Die betroffenen Autohändler können von denen lernen, die sich professionell mit Traumabewältigungen beschäftigen: Zuerst einmal gesteht man sich ein, dass man sich in einer Krise befinden. Dann fällt die ehrliche Bestandsaufnahme leichter, statt sich als Opfer falscher Rahmenbedingungen zu stilisieren. Die Bestandsaufnahme darf die Konturen gerne schärfer zeichnen, um vorzeitiges Weichspülen vorzubeugen. Um den Überblick zu behalten, gilt es die Probleme einzugrenzen, tiefer zu bohren, infrage zu stellen und damit greifbar zu konkretisieren. Man erfindet das Rad nicht umständlich zweimal, sondern nimmt Hilfe an und lernt aus den Krisenerfahrungen anderer, am besten vertrauter Kollegen. Schließlich gilt es mit kühlem Kopf Chancen und Risiken abzuwägen und den konkreten Maßnahmenplan mit heißem Herz umzusetzen. Helikopterflüge wie diese über geopolitische und realwirtschaftliche Risiken ersetzen nicht das tiefe Urteilsvermögen der Autohausmanager. Die seriöse Beschäftigung mit makroökonomischen Zusammenhängen, historischen Bezügen, länderspezifischen Besonderheiten, politischen Verwerfungen und globalen Wechselwirkungen schärfen das persönliche Urteilsvermögen und schützen vor plumpen Schwarz-Weiß-Dogmen mit sicherem Schreckensausgang. Reden wir einmal über die Welt! Die besinnlichen Tage eignen sich im Besonderen, sich mit dieser unserer Welt zu beschäftigen. Viel Erfolg! DER AUTOR Norbert Irsfeld ist geschäftsführender Gesellschafter der Prudentes Management GmbH. Das Team unterstützt Autohausunternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Strategien, berät Inhaber und Gesellschafter, die ihr Unternehmen verkaufen wollen oder extern wachsen, setzt interimistisch Geschäftsführer oder Vertriebsexperten ein und unterstützt Autohäuser in Schieflagen. Norbert Irsfeld, c/o Prudentes Management GmbH, Neumayerring 33, 67227 Frankenthal Telefon: +49 62 33 355 889 0 E-Mail: norbert.irsfeld@prudentes.de

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