Ausgabe 18/2012: Des Pudels Kern

Des Pudels KernGeschäftsmodell – Wie die Händler dem Preisverfall im Internet begegnen wollen. Von Doris PlateDa wären wir also wieder: „Wir müssen das Geschäftsmodell um das Thema Internet erweitern.“ So lautet das Fazit von ZDK-Vizepräsident Ulrich Fromme nach der Sitzung der Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen des Kfz-Dachverbandes Ende August. Das Gremium hat sich erneut mit dem Verkauf von Neufahrzeugen über Internet-Portale an Endkunden beschäftigt, weil die damit verbundene Preisschlacht dem Autohandel große Sorgen bereitet. Ergebnis: „Bei genauem Hinsehen sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Verkaufsförderaktionen einzelner Hersteller sowie der Mengendruck die Hauptgründe für die hohen Preisnachlässe im Internet sind“, erläuterte der Vorsitzende der Versammlung der Händlerverbände.Für Fromme ist klar: Das Problem ist nicht das Internet, sondern die Preisunterschiede, die dort beworben werden. Denn die Menge der Fahrzeuge, die über das World Wide Web vertrieben werden, ist in Deutschland vergleichsweise gering: „Aktuell sind es etwa 35.000 Fahrzeuge, bis 2015 sollen es 100.000 Fahrzeuge werden. Das entspricht einem Anteil von ein bis drei Prozent des Neuwagenmarktes“, rechnet er vor. Aber: „Die wenigen Händler, die dort ihre Fahrzeuge zu Kampfpreisen einstellen, vermasseln die Geschäfte aller anderen.“ Es ärgert den Fachgruppe-Vorsitzenden, dass für den geringen Nettoertrag einiger Volumenhändler – „ich nenne sie ausdrücklich nicht Kollegen“ – ein großer Schaden für das gesamte Händlernetz entsteht. Audi-Vertriebschef Michael-Julius Renz formuliert es so: „Die Neuwagen-Börse ist der Bypass, um Nachlässe nicht in der eigenen Region zu haben und trotzdem den Volumendruck zu erfüllen.“ Mercedes, Smart und Porsche gibt es nicht in den Börsen„Wir allein können das nicht beheben“, ist Fromme überzeugt. Juristisch in diesem Bereich vorzugehen, bringe auch wenig. „Das Problem ist auch nicht das Margensystem“, meint ZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann. Beweis dafür ist, dass die Vorstöße von Volkswagen und Audi, Kundenbindung und Eroberung bzw. qualitative Elemente zu bonifizieren und weg von den reinen Volumenboni zu gehen, in Sachen Internetvertrieb nicht sehr viel gebracht haben. In den einschlägigen Börsen stehen VW-Fahrzeuge ganz oben und auch Audi ist gut dabei. Allerdings muss man dabei berücksichtigen, dass laut Auskunft von MeinAuto-Geschäftsführer Alexander Bugge dessen Neuwagenbörse nur mit etwa 200 bis 250 Händlern zusammenarbeitet, davon zehn der größten 100 Händler. Bei den anderen wirke das qualitative System durchaus, so die Meinung des Herstellers. Renz auf der Bundestagung: „Wer im Service besser ist, verkauft auch.“ Trotzdem gibt es Händler, die verlangen, dass ihre Leistung – Beratung, Probefahrt usw. – auch vergütet wird. Auch wenn der Kunde hinterher woanders kauft. Sprachrohr dieser Forderung ist der Landesverband Nordrhein-Westfalen. Sein „Wertschöpfungskettenmodell“ ist in der aktuellen Diskussion aber eher in den Hintergrund getreten. Die Lösung scheint für die Fachgruppe an anderer Stelle zu liegen: Fahrzeuge von Mercedes-Benz, Smart und Porsche gibt es in den einschlägigen Börsen nicht. Woran liegt das, muss man sich fragen: Am Agentursystem von Mercedes-Benz? Am kleinen Händlernetz von Smart und Porsche? Oder bringt es etwas, wenn die Hersteller wie derzeit zum Beispiel Peugeot und Renault ihre Neufahrzeuge in eigenen Internetshops anbieten? Auch BMW will seine Elektrofahrzeuge selbst online vertreiben – und damit möglicherweise den einschlägigen Plattformen den Wind aus den Segeln nehmen. Vertriebskanäle gleichermaßen managenHelfen könnte es auch, wenn die Anonymität des zuliefernden Händlers in den Internet-Börsen aufgehoben würde. „Aber auch das ist eine Aufgabe des Herstellers“, so Fromme. Und Woltermann ergänzt: „Es muss dem Systemführer, also dem Hersteller und/oder Importeur, gelingen, alle Vertriebskanäle gleichermaßen zu managen.“Dass das nicht leicht ist, zeigt der Blick auf andere Branchen: Der Baumarkt Praktiker ist ein Beispiel für die verheerenden Auswirkungen von Verkaufsaktionen. Mit ihren ständigen Rabattaktionen (20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung) geriet die Kette in die Bredouille: Wenn die Aktion lief, verdiente der Baumarkt kaum etwas, verkaufte aber viel. Ohne Rabatt blieben die Märkte leer – Die Kunden hatten gelernt, dass sie nur ein paar Wochen warten müssen, bis es wieder billiger ist. Ist der Laden aber leer, wird der Händler nervös und greift wieder zur Droge ...Dass der Spagat zwischen Internet und stationärem Handel noch nicht einmal gelingt, wenn der gesamte Vertrieb in einer Hand liegt, zeigt die Thalia-Kette: Ihre „Erlebniswelten“ blieben leer – die Kunden bestellten im Internet. Viele Läden wurden bereits geschlossen. LösungsvorschlägeWas das für den Autohandel bedeutet: Wenn die Hersteller/Importeure wollen, dass ihre Produkte weiterhin nicht nur virtuell angeboten werden, müssen sie dafür etwas tun: „Sie müssen gemeinsam mit dem Handel ein für ihre Marke geeignetes Geschäftsmodell finden“, fordert Fromme. Ob allerdings das von ZDK-Präsident Robert Rademacher vorgeschlagene Modell des von Hersteller und Händler gemeinsam betriebenen Marken-Internetportals für Neuwagen die Lösung ist, wurde von vielen Besuchern der Bundestagung angezweifelt. Bemerkenswert aber: Rademacher geht inzwischen davon aus, dass schon in fünf Jahren 30 Prozent der Neuwagen-Geschäfte im Internet abgewickelt werden!Für Volkswagen- und Audi-Händlerverbandspräsident Michael Lamlé könnte eher die Abschaffung der UPE hilfreich sein, denn dann wäre die prozentuale Ausweisung des Rabatts, die als „Mohrrübe den Kunden vor Augen gehalten wird“, weg. Der Nissan-Händlerverband denkt über einen Ehrenkodex für Händler nach.Die Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen hat eine Arbeitsgruppe gebildet, die in den nächsten Wochen Vorschläge erarbeitet, mit denen die Händler mit ihren Herstellern und Importeuren in Verhandlungen treten können. Das erste Treffen soll noch im September stattfinden. Fromme rechnet noch in diesem Jahr mit Ergebnissen, die spätestens bei der nächsten Sitzung der Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen am 23./24. Januar 2013 in der großen Runde verabschiedet werden sollen. Aber die Konkurrenz schläft nicht: Bugge denkt schon über eine Verbesserung seiner Website nach: Er kündigte in Frankfurt einen Konfigurator auf Basis einer Bedarfsanalyse an. Der Kunde gibt ein, was er braucht, und bekommt eine Liste der für ihn geeigneten Modelle. Mit diesem Nutzungsvorteil könnte MeinAuto.de raus aus der Preisecke kommen und auch qualitativ punkten. Wir informieren Sie weiter.AUTOHAUS befragte außerdem Prof. Dr. Willi Diez nach Vorschlägen, wie über das Margensystem mit dem Thema umgegangen werden könnte. Diese lesen Sie im nächsten Heft. ■KurzfassungVolumendruck und Verkaufsförderungsaktionen hat die Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen des ZDK als Gründe für die Preisschleuderei im Internet ausgemacht. Bei einigen Marken funktioniert das Vertriebssystem aber dennoch, andere werden verstärkt Opfer. Eine Arbeitsgruppe soll jetzt Lösungsvorschläge erarbeiten, mit deren Hilfe Fabrikatsvertreter in die Diskussion mit ihrem Hersteller/Importeur eintreten können.

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