Volkswagen- und Audi-Vertragsverhandlungen: Direktvertrieb verhindert Einigung

Volkswagen plant über die Autostadt selbst in den Direktvertrieb einzusteigen. Dagegen wehrt sich der Volkswagen- und Audi-Partnerverband (VAPV) vehement: "Das ist mit uns nicht zu machen", sagte Präsident Dirk Weddigen von Knapp bei der letzten Infoveranstaltung für die Händler am 20. Juni in Hannover. Der Verkauf vom Hersteller an Endkunden gehe über die in den aktuellen Verträgen vereinbarten Kundengruppen hinaus. Von Seiten des Verbandes gebe es da keinen Verhandlungsspielraum. Die 700 erschienenen Mitglieder forderten einstimmig, in den Verhandlungen in diesem Punkt keinen Millimeter nachzugeben. Weddigen von Knapp betonte, dass bei der Gründung die Autostadt immer als Markenbotschafter und Auslieferungszentrum gesehen worden war und die Volkswagen AG zugesagt habe, "nie in den Direktvertrieb" einzusteigen. Das Ökosystem basiere auf dem Modell Hersteller und Händler, dabei solle es auch in der Zukunft bleiben. Ein Bruch dieser Vereinbarung würde die Wirtschaftlichkeit der neuen Verträge in Frage stellen. VAPV sitzt mit am Tisch Über den derzeitigen Stand der Verhandlungen äußerte sich Weddigen von Knapp ansonsten positiv. Die VW-Pkw-Verträge seien sowohl im Service wie im Handel in groben Zügen ausverhandelt. Die Präambel des Händlervertrags sei überarbeitet worden und darin die Zusammenarbeit mit dem VAPV wieder verankert. "Wir sitzen in Zukunft bei allen wichtigen Entscheidungen mit am Tisch", so der Verbandspräsident. Der Hersteller habe anerkannt, dass die Grundlage der künftigen Zusammenarbeit eine Einbeziehung der gewählten Interessenvertreter des Partnerverbandes sei. "Nur ein Beispiel", so Weddigen von Knapp, "wir müssen zustimmen, wie eine Verpflichtung zur Rücknahme von E-Fahrzeugen oder Batterien erfolgt und auch bei den Margen treffen wir gemeinschaftliche Entscheidungen." 532 Änderungspunkte Dass es überhaupt in diese Richtung geht, hatten sich die Verhandler auf Seiten des Verbandes vor sechs Monaten kaum vorstellen können. Die ersten Vertragsentwürfe des Herstellers waren so aufgesetzt, dass Weddigen von Knapp und seine Fachberater insgesamt 532 Änderungspunkte ausmachten. Hinter dem Verhandlungsteam liegt ein Gesprächsmarathon im Zweiwochenrhythmus. Immer zwei Tage verhandeln, dann zwei Tage Abstimmungen zwischen den Rechtsanwälten sowie verbandsinterne Abstimmungen und strategische Öffentlichkeitsarbeit, wenn es mal an einem Punkt hakte. Offene Punkte im Online-Geschäft Jetzt ist Weddigen von Knapp aber zuversichtlich, die Verhandlungen zu einem positiven Abschluss bringen zu können - wenn im Punkt Direktvertrieb eine Einigung gefunden wird. Und: Auch im Online-Geschäft gibt es noch nicht endverhandelte Punkte. So habe der Hersteller den Händlern eine geringe Pauschale bei einem online bestellten Fahrzeug als Entschädigung für die Auslieferung und Kundenbetreuung vor Ort zugesagt. "Das reicht uns noch nicht", so der VAPV-Präsident. "Da werden wir weiterverhandeln." Für die Zukunft sieht Weddigen von Knapp auf Händlerseite "bei jedem Händler einen eigenen Online-Shop". City Stores, Pop-up Stores, Service Online und Service Factories heißen weitere Stationen für die nächsten Jahre. E-Autos mit im Vertrag Zu den künftigen Geschäftsmodellen der Händler gehört auch die E-Mobilität. Nachdem die Hersteller zunächst die Händler hier vollständig raushalten wollten, werden auch die E-Autos und der betreffende Service mit in die Verträge aufgenommen, teilte der VAPV mit. Probleme mit FS AG Dennoch läuft nicht alles glatt. Probleme bereitet laut der Verbandsmitteilung "Breaking News", die AUTOHAUS vorliegt, auch die VW Financial Services AG. So wolle die FS AG schon kurzfristig die Stundenverrechnungssätze in Richtung eines reinen Kostenersatzes neu verhandeln. Das lehnt der Partnerverband ab. Weddigen von Knapp forderte im Gegenteil eine Anpassung nach oben. Dass die FS AG den Portfolio-Bonus für vermittelte Geschäfte mittelfristig um ein Viertel kürzen will, sieht der Partnerverband als nachhaltige Gefährdung in der Wirtschaftlichkeit der Autohäuser: "Unter diesen Voraussetzungen ist das neue Geschäftsmodell nicht rentabel zu betreiben." Verträge Anfang September Es gibt also auch bei Volkswagen noch einige Punkte zu verhandeln. Bei Audi ist noch vieles offen. Der Entwurf des Volkswagen-Nutzfahrzeugvertrags sei gerade erst zugestellt worden und noch gar nicht bearbeitet, hieß es. Weddigen von Knapp geht aber davon aus, dass Anfang September die neuen Verträge an die Partner zugestellt werden. Am 13. September wird es dann wieder eine Informationsveranstaltung geben, bei der die Händler Fragen dazu stellen können. Bis 30. November sollen die Verträge dann unterschrieben beim Hersteller liegen und am 1. April 2020 in Kraft treten. "Treuebonus" heiß diskutiert Zu heißen Diskussionen auf der Veranstaltung in Hannover hat den Berichten von Teilnehmern zufolge das Angebot eines "Loyalitätsbonus" bei Volkswagen und eines "Treuebonus" bei Audi geführt. Er soll pauschal bezahlt werden, um die Händler in den aktuell schwierigen Zeiten zu unterstützen. Bewusst wurde nicht von "Dieselabfindungen" oder "Hilfen für Leasingrückläufer" gesprochen. Dennoch schwebte dieses Thema natürlich über den Zahlen. Angeboten werden offenbar 267 Euro für jeden verkauften Volkswagen Neuwagen in 2017 und 280 Euro für jeden verkauften Audi Neuwagen in 2017. Die jeweils für jeden Vertriebspartner ermittelte Summe soll kurzfristig ausgezahlt werden. Während Weddigen von Knapp diese Zahlung "als Ausdruck einer neuen Wertschätzung für uns als Vertriebspartner" empfand, bezeichneten Händler, mit denen AUTOHAUS sprach, dies als "Tropfen auf den heißen Stein". Der bei ihnen entstandene Schaden sei wesentlich größer. Die insgesamt rund 250 Millionen Euro, die dies den Hersteller koste, seien im Vergleich zu der Milliardenstrafe, die an das Land Niedersachsen gezahlt werde, viel zu wenig. Servicepartner sind von der Zahlung komplett ausgeschlossen. Insgesamt enttäuscht vom Hersteller In allen Kommentaren der von AUTO-HAUS befragten Händler war deutlich zu spüren, dass sie insgesamt enttäuscht sind von ihrem Hersteller. Die Marken sind beschädigt, das Vertrauen in die handelnden Personen in Wolfsburg und Ingolstadt erschüttert. Sorgen bereitet den Händlern auch die aktuelle Absatzsituation: Selbst wenn die Verkäufe bei Volkswagen derzeit noch positiv aussehen - per Ende Mai ein Plus von 8,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr -, seien diese durch hohe Zuschüsse erkauft. Das zeige letztendlich keine gute Zukunftsperspektive auf, hieß es. Bei Audi sind die Verkäufe nach Angaben der Partner sogar stark rückläufig: Per Ende Mai lag man dort laut KBA 4,4 Prozent hinter dem Vorjahr. Angesichts der mangelnden Auftragseingänge gehen die Händler davon aus, dass das Minus in diesem Jahr noch größer wird. Auch hier reagiert Audi ihrer Meinung nach nicht ausreichend: Die Eingangsstufe für den Performance Bonus sei zwar um fünf Prozent reduziert worden, die Händler erwarten aber ein deutlich höheres Minus. Gedrückte Stimmung Und noch ein weiteres Thema trägt bei Audi zur Verunsicherung bei: Auf der einen Seite berichtet der VAPV von positiven Gesprächen mit den Ingolstädtern. Auf der anderen Seite hat der Hersteller zuletzt unter massivem Druck versucht, das Paket "Digitales Autohaus/Digitaler Servicebetrieb" bei den Händlern zu positionieren. Die massive Preissteigerung auf 450 Euro pro Monat konnte der VAPV nach eigenen Angaben nicht verhindern. Die Vertragsunterlagen wurden dem Verband gar nicht erst übermittelt. Diese würden nun aber juristisch geprüft und der Verband riet dazu, die Vereinbarung nicht vor deren Abschluss zu unterschreiben, auch wenn der Hersteller darauf dränge und einen Teil des Servicebonus davon abhängig mache. Insgesamt empfanden die Partner die Stimmung in Hannover als "gedrückt". Besonders die kleineren Unternehmen und Familienbetriebe fürchten um ihre Existenz. Kurzfassung Bei Volkswagen Pkw gibt es noch einige offene Punkte im Vertrag, bei Audi noch mehr. Bei VW-Nutzfahrzeugen hat man noch gar nicht richtig angefangen zu verhandeln. Die Stimmung in der Organisation leidet aber auch unter anderen Vorkommnissen.

Werk in Grünheide: Tesla will 400 Stellen abbauen

Zielgruppenansprache: Erfolg über Diversifizierung

Recht auf Reparatur: ZDK begrüßt Entscheidung des EU-Parlaments

Opel Grandland: So kommt das neue Top-SUV

Procar Automobile: Überraschender Führungswechsel

Alle Schlagzeilen

Volkswagen- und Audi-Vertragsverhandlungen: Direktvertrieb verhindert Einigung

WEITERLESEN

NEWSLETTER