Ausgabe 13/2011: Einmal Guacamole, bitte

Einmal Guacamole, bitteAutofarben E Für jeden Typ Mensch gibt es die passende Lackfarbe: Modebewusste stehen auf Weiß oder Braun, Extrovertierte bevorzugen „Hot Magenta“, kühle Rechner setzen wegen des Werterhalts auf Schwarz oder Silber. von Ralf SchützeSie heißen „Guacamole“, „Eisberg“ oder „Sunflower“ – klangvolle Namen für ausdrucksstarke Autofarben. Jahr für Jahr kommen neue und verschwinden überholte Farbtrends. Doch es gibt auch wahre Klassiker wie das europaweit seit langem populäre Schwarz oder das in Deutschland tonangebende Silber. Spezialisten stoßen ständig auf neue Trends und entwickeln daraus Autofarben, etwa Astrid Göring, Farbdesignerin bei Opel. Dem letzten Schrei ist sie immer und überall auf der Spur: „Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt.“ Gezielt sucht sie Inspiration in Mode-Magazinen oder auf der Möbelmesse in Köln: „Wie dekorieren die Firmen ihre Stände, mit welchen Farben werden die Wände gestrichen?“ Hier könne man laut Göring gut ablesen, wie sich ein Farbton weiterentwickelt. Also etwa, ob sich Rot eher in Richtung Weinrot oder Orange bewegen wird. Opel: Himmel und AvocadoGörings Chef Peter Jaksch, Leiter des europäischen Farbdesigns von General Motors, ließ sich einmal vom Himmel über einem schottischen See inspirieren. Heraus kam „Ardenblau“, eine inzwischen sehr populäre, charakteristische Farbe für die sportlichen OPC-Modelle von Opel. Astrid Göring ist derzeit vor allem stolz auf ein Weiß mit leicht grünlichem Einschlag: „Guacamole“. Göring zur Entstehung: „Ich habe überlegt, wie sich der enorme Weißtrend weiterentwickeln wird. Weiß sieht man momentan überall, besonders auf Automessen. Ich bin dann letztendlich auf einen Klecks Grün gekommen, und was dabei herausgekommen ist, passt einfach gut zum Corsa: Witzig, retro und frisch.“ Auch für den Farblaien erkennbar: Guacamole erinnert an Pastelltöne der Fünfzigerjahre. Und dass der Ton witzig und frisch wirkt, zeigt nicht zuletzt die Verwendung für das Corsa-Sondermodell „Satellite“, für das die ebenso freche wie frische Sängerin Lena Meyer-Landrut wirbt.Jährlich bis zu 20 Farbtrends definiert Astrid Göring exakt und gibt sie an ihre Kollegen von der Technik weiter. Dort folgt zunächst Laborentwicklung, danach bis zu 24 Monate Verwitterungstests auf lackierten Blechplatten in der stechenden Sonne Floridas. Später prüft das Marketing Farbe und Namensgebung. Im Falle von Guacamole gab Göring ihrem Werk selbst den Namen. Am Ende vergehen drei Jahre von der ersten Eingebung bis zum serienreifen Autolack im neuen Farbton.Ford: Raffinierte RottöneRot hat in den letzten Jahren eine Aufholjagd Richtung Tabellenspitze der Farb-Charts gestartet. Ein Comeback im reinsten Wortsinne, denn: Der bunte Ton war ein Liebling der 80er Jahre und lag bis 1994 sogar an der Spitze, danach fiel er zurück hinter Blau, Grün, Silber, Schwarz und wurde schließlich sogar vom Emporkömmling Weiß verdrängt. Inzwischen ist Rot wieder in, aber seit seiner früheren Popularität hat sich einiges verändert. Deshalb sind heute nicht die eindimensionalen Schattierungen früherer Jahre gefragt, sondern raffinierte Varianten wie etwa „Hot Magenta“. Ursprünglich war der dunkle Beerenton vor allem als Launch-Farbe für den aktuellen Ford Fiesta gedacht, also um auf Messen oder in der Werbung die Aufmerksamkeit auf das neue Auto zu lenken. Ford hatte selbst nicht mit der bald einsetzenden großen Nachfrage unter Käufern gerechnet. Farbdesignerin Ruth Pauli von Ford freut sich bis heute über den unerwartet großen Zuspruch: „In Spitzenzeiten lag Hot Magenta europaweit bei 20 Prozent, in Deutschland immerhin bei acht Prozent – sehr viel für eine Farbe, der man im Voraus dauerhaft vielleicht ein Prozent zugetraut hat.“ Hot Magenta hatte seit 2005 eine Rolle gespielt, ehe es 2009 öffentlich Aufsehen erregte, die Inspiration kam auch hier aus Produktdesign und Mode. Ruth Pauli: „Unsere Kompetenz besteht darin, vier Jahre im Voraus zu sagen: Das sind Farben, die auch beim Auto eine Rolle spielen werden. Wir sind also der Zeit voraus. Wenn wir etwas erstmals zeigen, ist es allgemein noch gar nicht so sichtbar. Inzwischen lenkt Candy-Rot die Blicke auf den neuen Ford Focus.“ Ruth Pauli zum Hintergrund: „Rot ist im Moment ein wichtiges Farbthema und grundsätzlich ein Gravitationszentrum im gesamten Farbspektrum. Der Focus ist ein globales Projekt mit enormer weltweiter Bedeutung. Er hat somit für Ford eine vergleichbare Funktion. So überlegen wir uns für jedes Auto eine Launchfarbe, die strategisch sinnvoll ist.“ Von der Herkunft der Autofarben zur Auswahl im Showroom: Oft gibt die Farbe des Autos die Stimmung oder den Charakter des Fahrers wieder. Die momentane Popularität von Braun etwa hat nach Expertenmeinung mit steigendem Umweltbewusstsein zu tun: 105.000 braune Autos wurden 2010 neu zugelassen, der Anteil der Erdtöne hat sich somit innerhalb nur eines Jahres von 1,8 auf 3,6 Prozent verdoppelt. Der unangefochtene Modeton Weiß liegt inzwischen in Deutschland mit 11,5 Prozent hinter Spitzenreiter Silber (32,6) und Schwarz (30,4) auf Platz drei und hat zuletzt Blau (10,5 Prozent) überholt. Das offenbar stets populäre Schwarz steht laut einem Internetportal für Farbwirkung für sehr ehrgeizige und gleichzeitig eher unzufriedene Fahrer, ganz im Gegensatz zu Grün, Blau, Silber und wiederum: Weiß. Einen geradezu unappetitlichen Nachteil hat die Trendfarbe allerdings: Vögel fühlen sich von hellen Tönen angezogen, wenn sie im Flug lackstrapazierenden Ballast loswerden müssen. Die richtige Farbe ist Geld wertWer vor allem auf den Werterhalt seines Autos achtet, fährt am besten mit Schwarz oder Silber. Untersuchungen von Mobile.de haben ergeben, dass der richtige Farbton beim Autoverkauf bis zu 3.000 Euro Vorteil bringt. Doch Farben werden nicht nur nach solchen Vernunftgründen ausgewählt, wie Astrid Göring weiß: „Derzeit scheinen Nischenfarben trendig zu sein, schräge und polarisierende Farben, die im Gedächtnis bleiben – Farben, mit denen man kommunizieren und Persönlichkeit ausdrücken kann.“ Laut einer Umfrage von Autoscout24 unter 37.000 Männern und Frauen europaweit teilen sich Ehepaare unterschiedliche Entscheidungen beim Autokauf. Während die Männer meist die Auswahl des Antriebs und der Ausstattung bestimmen, haben die Frauen bei der Wahl der Farbe das Sagen. Vielleicht fällt deshalb die Wahl der Autofarbe künftig immer öfter nicht auf Schwarz, sondern: „Guacamole, bitte!“ z Lesen SIe hier...... wohin die Reise für die Farben Weiß und Schwarz geht, warum Rot im Kommen ist und wie Farbexperten ihre Kreationen entwickeln.Kurzfassung1. Farbspezialisten beschäftigen sich damit, wie sich Farbtöne weiterentwickeln.2. Von der ersten Idee bis zur Präsentation einer Farbe vergehen Jahre.3. Hat der Farbspezialist eine Farbe entwickelt, wird sie bis zu 24 Monate getestet – z. B. auf Sonneneinstrahlung und Verwitterung. Dann prüft das Marketing die Farbe und die Namensgebung.4. Weiß ist noch immer sehr en vogue und hat Blau von Platz 3 hinter Silber und Schwarz verdrängt. Brauntöne sind im Kommen.5. Wer sich Gedanken über den Wiederverkaufswert seines Fahrzeugs macht, sollte auf Silber oder Schwarz setzen.

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