Fisker: Großer Wettbewerb bei E-Autos zu erwarten

Das E-Auto-Angebot wird größer. Auch Fisker will nun mit einem bezahlbaren Crossover starten. Das Elektro-SUV soll als erstes einer Reihe neuer Modelle unter der Ägide von Henrik Fisker auf den Markt kommen und per Direktvertrieb verkauft werden. AH: Herr Fisker, Sie haben mit Ihrem E-Auto Karmer 2008 für Furore gesorgt, sind später Pleite gegangen und 2016 mit Fisker Inc. zurückgekommen. Was machen Sie heute anders? H. Fisker: Ich habe daraus gelernt, wie wichtig es ist, das Geschäftsmodell eines Autobauers zu überdenken und zu überlegen, wo es mit der Autoindustrie hingeht. So sind in den Jahren nach dem ersten Anlauf mit Fisker neue Mobilitätsformen wie autonomes Fahren aufgekommen und Unternehmen wie Uber oder Lyft haben den Markt erobert. Unser Ziel ist es nun, das weltweit nachhaltigste und "grünste" Auto zu bauen. Es geht aber auch darum, zu verstehen, wie die Autoindustrie in zehn Jahren aussehen wird. Wie man ein profitables Unternehmen kreiert, das langfristig in dieser sich radikal verändernden Welt überleben kann. AH: Welche Veränderungen sehen Sie in der Automobilwelt? H. Fisker: Es werden sich in Zukunft grundsätzlich zwei Kundengruppen herauskristallisieren. Es wird eine Gruppe von Menschen geben, die nach einfacher und günstiger Beförderung sucht. Und dann wird es eine - vielleicht schrumpfende - Zielgruppe geben, die eine Verbindung mit der Marke eingeht, die nach etwas Außergewöhnlichem sowie nach Lifestyle verlangt. Im Premiumsegment sehe ich einen gigantischen Wandel. Basierte dieser Markt bisher darauf, wie sich das Auto fährt, wie schnell es ist, wie viel ich damit transportieren kann, wird sich das drastisch ändern und auch viele traditionelle Premium-Marken betreffen. Es verändert sich dahingehend, was die Kunden erwarten und was sie dafür ausgeben wollen. Es wird einfach eine tiefgreifende Veränderung im Bewusstsein des Verbrauchers geben. Auch weil bei einem E-Auto weder der Motorensound noch die Gangschaltung eine große Rolle spielen werden. Auch werden die Menschen im Vergleich zu heute erst später in ihrem Leben Autos besitzen. Ich denke, dass viele junge Menschen, speziell in den 20ern, damit warten werden, sich ein Auto zu kaufen - bis sie in den 30ern sind. Umso mehr muss ein Autobauer darüber nachdenken, welche Art von Fahrzeug er anbietet und welche Altersgruppen die Modelle kaufen. AH: Welche Auswirkungen hat der Wandel in der Automobilwelt auf die Hersteller und den Handel? H. Fisker: Bisher war der Händler immer der Mittelsmann zwischen Hersteller und Kunde. In der neuen Welt wird das anders sein. Für die Autobauer wird es in Zukunft immer wichtiger werden, eine hohe Kundenzufriedenheit zu erreichen. Die Unternehmen müssen versuchen, eine direkte Verbindung mit dem Kunden einzugehen - bevor es ein anderer tut. Für Fisker Inc. ist das weniger ein Problem, weil wir keine Mittelsmänner, keine Händlergruppen haben. Doch die traditionellen Autohersteller pflegen langjährige Partnerschaften mit Händlern - das kann man nicht über Nacht ändern. Es ist in deren Fall sicher nicht einfach, dies zu überdenken und einen Weg zu finden. Erschwingliche E-Autos AH: Wie sehen die Pläne für Fisker Inc. aus? H. Fisker: Unser Fokus liegt darauf, eine Reihe von erschwinglichen Elektro-Autos anbieten zu können. In diesem Segment ist in den nächsten fünf bis sieben Jahren ein großer Wettbewerb zu erwarten. Geplant sind drei verschiedene Modelle. Ein SUV macht den Anfang. Wie Sie vielleicht wissen, ist dieser Markt der am schnellsten wachsende bei uns, wie wahrscheinlich überall in der Welt. In der Basisversion wird das Modell unter 40.000 Dollar kosten. Ende des Jahres werden wir einen Prototypen vorstellen. Der Marktstart des SUV könnte Ende 2021 erfolgen. Zum einen soll das SUV ein neues "Fun Feature" haben. Dieses soll für Spaß sorgen und das Fahrzeug erstrebenswerter machen. Zum anderen geht es um die Frage, welche neuen nützlichen Funktionen das Auto aufwerten könnten. Ich denke, dass diese Features für den Kunden wichtiger sein werden als beispielsweise die Motorleistung. AH: Was wird aus dem "EMotion", den Sie auf der CES 2018 in Las Vegas vorgestellt haben? H. Fisker: Der EMotion war quasi eine Hightech-Design-Übung. Ich hätte ihn gerne zur Serienreife entwickelt, aber unser Fokus liegt aktuell nicht auf diesem Modell. Der EMotion könnte mit der Einführung einer neuen Technologie, zum Beispiel im Bereich Batterien, auf den Markt kommen. AH: Auf welchen Absatzmärkten werden Sie aktiv sein? H. Fisker: Wir haben unser erstes Fahrzeug speziell für den US-Markt entworfen- wir wissen, wie der amerikanische Kunde solch ein Fahrzeug nutzt und was er erwartet. Nebenbei profitieren wir in den USA unter anderem von einer hohen Markenbekanntheit. Ich hoffe, dass das Fahrzeug auch in Europa oder China Gefallen findet, aber der Fokus liegt zunächst auf dem Heimatmarkt. Wobei ein Export nicht ausgeschlossen ist. Online-Vertrieb AH: Wie werden Vertriebssystem und Aftersales aussehen? H. Fisker: Wir werden die Fahrzeuge online verkaufen und ein paar "Experience Center" betreiben, wo Interessierte das Fahrzeug ansehen können. Wir verkaufen direkt an den Kunden und haben keine Händler wie bei Tesla. Wir werden ein Aftersales-Modell anbieten, bei dem der Kunde nie zum Service in die Werkstatt fahren muss - wir machen das für ihn. Geplant sind zudem unabhängige Service-Zentren und entsprechend viele Stützpunkte - viel mehr als bei unseren Mitbewerbern. AH: Welche Investoren und Partner stehen hinter Fisker Inc.? H. Fisker: Wir sind ein Privatunternehmen und haben mehrere Investoren wie beispielsweise den Baumaschinenhersteller Caterpillar. Wir sind derzeit mit weiteren potenziellen Partnern im Gespräch. So suchen wir auch nach Geschäftsmodellen, die die Einführung eines Modells erleichtern und beschleunigen können. Gerade gibt es viel Interesse an der Branche, da es womöglich der letzte Zeitpunkt sein könnte, an dem man in ein Elektro-Auto-Start-up investieren kann. AH: Start-ups aus China und den USA, aber auch traditionelle Autobauer drängen auf den E-Auto-Markt. Wie können Sie sich gegen die Mitbewerber behaupten? H. Fisker: Ich denke, dass meine Erfahrung mit Fisker mir einen gewissen Vorteil verschafft, speziell wenn es um Geschäftsmodelle geht. Wenn ich mir die Start-ups im E-Auto-Bereich ansehe, so begehen diese viele Fehler, die Tesla und Fisker in ihren Anfangstagen gemacht haben. Ich sehe dort keinen, der aktuell ein langfristiges, nachhaltiges Geschäftsmodell betreibt. Wir bei Fisker haben außerdem schon einmal ein Luxusauto entworfen. Wir müssen nicht mehr unter Beweis stellen, dass wir das können - was aktuell aber viele Start-ups tun. Aktuell sehe ich im Bereich der erschwinglichen E-Autos wenig Konkurrenz. Denn auch Elektro-Fahrzeuge von Mercedes und BMW sind ziemlich teuer. Und diese Unternehmen bauen diese Fahrzeuge vor allem deswegen, um einen Teil ihrer Kundschaft, die vom Verbrennungsmotor kommt, nicht zu verlieren. Der Ansatz ist entsprechend ein anderer. Unser Vorteil ist, dass wir ein komplett neues Fahrzeug entwerfen, das einen mit in die Zukunft nimmt. Hier geht es nicht nur um Elektro-Antrieb, sondern auch um das gesamte Gefühl, den Look, den Nachhaltigkeitsgedanken und wie man mit dem Fahrzeug interagiert. 80 bis 90 Prozent der E-Auto-Kunden der nächsten sieben Jahre werden Erstkäufer sein. In punkto Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit erwarten diese Kunden Authentizität vom Hersteller. Und das trifft nicht auf alle Autobauer zu, die gerade E-Fahrzeuge anbieten. Ein paar davon machen das Ganze für PR-Zwecke oder aus anderen Gründen. Und ich denke, der Kunde erkennt das. AH: Wie bewerten Sie die Chancen von VW und dessen Engagement im E-Auto-Bereich? H. Fisker: Aus meiner Sicht ist Volkswagen der erste traditionelle Autobauer weltweit, der sich der Elektrifizierung verpflichtet hat. Und die Verbraucher werden das honorieren. VW ist auch die erste Marke, die mit einem erschwinglichen, durchdachten Fahrzeug auf den Markt kommen wird. Das gibt Vertrauen. Ich denke auch, dass die Wolfsburger viele Kunden haben, die nicht wirklich bereit sind, zu einer neuen Marke zu wechseln - und genau diese erhalten jetzt die Möglichkeit, ihrer Marke treu zu bleiben. VW hat bisher auch noch nicht den Konkurrenzdruck durch andere. Grundsätzlich wird man traditionelle Autobauer sehen, die kleiner werden. Genauso werden Start-ups größer, weil sie es geschafft haben. Die gesamte Automobilindustrie steht vor einem gigantischen Wandel. Interview: Andreas Heise, Ralph M. Meunzel

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