Ausgabe 09/2010: Im Zweifel wird‘s teurer

Im Zweifel wird‘s teurerVignette E Automaut statt Kfz-Steuer? Das Pro und das Kontra.Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGNachdem sich der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA) zur Einführung einer umfassenden Pkw-Maut geäußert hat und nach „Experten“-Ansicht kein „Abkassiermodell“ in Sicht sei, ist es höchste Zeit, die Diskussion zu versachlichen. Es gilt, über den Tellerrand eines einzelnen „Steuerressorts“ hinauszublicken und somit die Gesamtbelastung der Steuerzahler im Auge zu behalten. Und zugleich neben den einzelnen Steuern insbesondere auch den mit den Steuern oder Vignetten anfallenden Verwaltungsaufwand zu beachten. Wir erinnern uns insbesondere, dass Politiker jedweder Couleur laufend von Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung sprechen, aber gerade die letzten Jahre gezeigt haben, dass in Deutschland trotz dieses Schwurs von Politikern eine ständige Ausuferung des Bürokratismus festzustellen ist: Laufende Verkomplizierungen des Einkommensteuerrechts, zigseitige BMF-Schreiben zur Einführung der reformierten Erbschaft- und Schenkungsteuer, Einführung einer immissionsabhängigen Kfz-Steuer – um nur einige Beispiele aus dem Steuerrecht zu erwähnen.BürokratieabbauWill man also den Bürokratiedschungel nicht noch weiter wuchern lassen, kann die Einführung jedweder Vignette oder einer kilometerabhängigen Straßenmaut für Pkw zwingend nur einhergehen mit der Abschaffung eines anderen Steuergesetzes – in diesem Fall der Abschaffung der Kfz-Steuer! Dann aber müsste auch die Lkw-Maut von einer reinen Autobahnmaut auf eine streckenbezogene Maut umgestellt werden; ansonsten würde man auch Lkw im reinen ortsnahen Lieferverkehr von jeglicher Steuer- oder Mautbelastung ausnehmen. Wenn man dann noch bedenkt, dass die Pkw-Maut als streckenbezogene Abgabe mit der dann notwendigen Datenerhebung und Datenspeicherung – nicht zuletzt zur Kontrolle des Pkw-Nutzers über die Höhe der von ihm zu entrichtenden Gebühr – einhergeht und dass dies wiederum mit immensem bürokratischen Aufwand zum Datenschutz, zur Datenkontrolle etc. verbunden sein wird, kann unter dem Gesichtspunkt des Verwaltungsaufwandes eine Pkw-Streckenmaut wohl kaum als Entbürokratisierung angesehen werden. Auch gäbe es wohl einen Aufschrei von denjenigen, die sich ein möglichst leichtes, kleines Fahrzeug anschaffen, die dann aber von einer gewichtsunabhängigen Straßenmaut über Gebühr beansprucht werden, da sie allein aufgrund ihres Fahrzeuggewichtes weniger zur Straßenabnutzung beitragen als entsprechende Straßenkreuzer höherer Gewichtsklasse. Wie soll dies also zu gerechten Belastungen führen?„Positive“ Gesamtbelastung?Hierunter würde man verstehen, dass der bisher Kraftfahrzeugsteuer zahlende Bürger keinesfalls zusätzlich belastet werden darf, sondern eher entlastet werden soll. Berücksichtigt man jedoch, dass nach dem derzeit geltenden Kraftfahrzeugsteuergesetz kleine, sparsame Fahrzeuge durchaus weniger als 100 Euro Kraftfahrtzeugsteuer pro Jahr bezahlen, dann zeigen bereits einfachste Rechenbeispiele, dass selbst bei 2 Cent Streckenmaut pro Kilometer und einer 20 km entfernten Arbeitsstätte bei 200 Arbeitstagen im Jahr weit mehr als 100 Euro Streckenmaut allein für diese Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bezahlt werden müssten. Derzeit wird aber von einer Streckenmaut nicht unter 3 Cent pro Kilometer, eher bis zu 7 Cent pro Kilometer diskutiert! Wie soll denn also eine Pkw-Streckenmaut eingeführt werden, ohne für Teile der Bevölkerung eine Mehrbelastung trotz Abschaffung einer Kfz-Steuer darzustellen?Pro Jahresvignette?Will man also keine Effektivbelastung für Bürger mit sparsamen und umweltfreundlichen Autos erreichen, kann doch allenfalls eine feste Jahresvignette eingeführt werden, die keinesfalls mehr als 100 Euro kosten dürfte. Gleichzeitig müsste die Kfz-Steuer ganz abgeschafft werden, um de facto eine merkbare Zusatzbelastung von Bürgern zu vermeiden. Ob dann aber die wegfallenden Kfz-Steuereinnahmen durch solch eine Vignette und das Heranziehen von Transitfahrten zur Vignette aufgefangen werden können, mag bezweifelt werden. Auch würde eine Vignette nur für Autobahnen zu dem oben bereits für den Lieferverkehr genannten Einwand der Nichtbelastung bestimmter Fahrten mit einer „Vignettensteuer“ führen, zum anderen wäre ein Ausweichen auch vieler Pkw-Fahrer auf Landstraßen zu befürchten, jedenfalls soweit sich solche Fahrten auf Strecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und in Naherholungsgebiete beschränken.Akzeptiert man also den Gedanken, dass wir bei der heutigen Staatsverschuldung nicht auf Einnahmen verzichten können, Bürokratiekosten und Bürokratieaufwand aber nicht ausufern sollen, so ist eine ernsthafte Alternative zur Kfz-Steuer zurzeit – leider – nicht ersichtlich. Allenfalls denkbar wäre die komplette Abschaffung der Kfz-Steuer mit der Einführung einer allgemeinen Straßenbenutzungsvignette, die dann aber auch noch zumindest nach Gewichtsklassen zu differenzieren wäre. Mit anderen Worten: Jedem, der von der Abschaffung der Kfz-Steuer mit Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr spricht, muss eigentlich unterstellt werden, dass er dem Staat zu zusätzlichen Einnahmen verhelfen möchte und somit die Bürger weiter belastet!Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung1. Um nicht ständig weitere Bürokratiekosten und -aufwendungen zu verursachen, wäre die Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr allenfalls gerechtfertigt, wenn die Kraftfahrzeugsteuer gänzlich abgeschafft wird.2. Eine belastungsneutrale Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr oder Vignette müsste dann aber nach Gewicht und/oder Hubraum gestaffelt werden.3. Eine aufkommensneutrale Ersetzung der Kraftfahrzeugsteuer durch ein anderes Abgaben-/Gebührensystem ist schlichtweg nicht in Sicht.Kommentar< Dem Präsidenten des UBA wurde bereits von vielen Seiten vorgeworfen, dass die Aussage, eine Pkw-Maut würde die Autofahrer und Steuerzahler unter dem Strich nicht zusätzlich belasten, so mit Sicherheit nicht haltbar ist. Es sollte daher jedem Politiker, der mit der „Automaut“ liebäugelt, vorgehalten werden, dass ausgerechnet die Fahrzeughalter sparsamer Fahrzeuge kaum ohne zusätzliche Belastung bleiben werden und deshalb selbst bei Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer die Einführung einer Automaut keine realistische Alternative sein darf. Auch wenn es noch so erstrebenswert ist, wenigstens den Pkw-Transitverkehr in Deutschland zu den entsprechenden Straßenkosten heranzuziehen, sind die derzeit diskutierten Lösungen unausgewogen und laufen auf eine Mehrbelastung von Bürgern hinaus! >Recht + Steuern

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Im Zweifel wird‘s teurer

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