Ausgabe 19/2012: Lastenshow

Lastenshow 64. Nutzfahrzeug-IAA – In Hannover drehte sich alles um Umwelttechnologien und individuelle Kundenlösungen. von Christian Frederik Merten Es war eine Messe der großen Trucks. Wer Neuheiten suchte, fand sie vor allem in Form von Volvo FH, DAF XF, Iveco Stralis oder Mercedes-Benz Antos. Sie prägten das Bild der 64. Internationalen Automobilausstellung für Nutzfahrzeuge im September. Neben optischen Retuschen ging es in diesem Segment aber ans Eingemachte: Die meisten Hersteller schwerer Lkw bieten ihre Modelle nun auch mit Euro-6-Antrieben an und rüsten ihre Fahrzeuge damit für strengere Abgasvorschriften. Bei den Transportern herrschte dagegen in der Regel eher Evolution denn Revolution. Die Hersteller setzten vielfach auf Umweltvarianten bestehender Modelle oder auf branchenindividuelle Um- und Ausbauten. Kompletterneuerung bei Ford Die berühmte Ausnahme der Regel verkörperten zweifelsohne die Ford-Neuheiten: Die Kölner erneuerten in Hannover nicht weniger als ihre komplette Modellpalette. Auf der IAA debütierte nicht nur die völlig neue Baureihe Custom, die potenzielle Kunden in ihren Varianten Transit und Tourneo auch mit dynamischem Design überzeugen soll. Einen Ausblick gab es darüber hinaus auf die neuen Transit und Tourneo Connect sowie den neuen „klassischen“ Transit. Auch wenn Connect und Transit in Europa erst ab Ende 2013 zu haben sind, wartete Ford dennoch mit dem wohl jüngsten Ausstellungsprogramm der Messe auf. Der Transit wird übrigens erstmals den Weg über den großen Teich finden und im Rahmen der One-Ford-Strategie in den Vereinigten Staaten den Transporter-Klassiker E-Serie ablösen. Neben Front- und Heckantrieb stehen dann auch Allradantrieb, vier Radstände sowie drei Dachhöhen zur Wahl. Wie Ford mit dem Custom startet auch Mercedes-Benz in ein für die Marke neues Segment. Der zusammen mit Partner Renault entwickelte Citan auf Kangoo-Basis soll im Revier der Stadtlieferwagen rund um Volkswagen Caddy, Citroen Berlingo oder Fiat Doblò wildern. Daneben betrieb aber auch Daimler vor allem evolutionäre Weiterentwicklung der bestehenden Modellpalette und präsentierte mit dem Fuso Canter Eco-Hybrid, dem Mercedes Vito E-Cell Kombi sowie der Studie Sprinter E-Cell speziell auf Umweltfreundlichkeit getrimmte Varianten existierender Modelle. Behutsame Weiterentwicklung Dem allgemeinen Trend zu Umweltvarianten und behutsamer Modellpflege folgten auch die anderen Transporteranbieter. So konzentrierten sich Citroen und Peugeot neben ihren neuen Elektrotransportern Berlingo Electrique und Partner Electric auf Branchenlösungen. Zwei Beispiele: Auf dem Citroen-Stand fand sich ein speziell für das Schornsteinfeger-Gewerbe ausgerüsteter Nemo, Konzernschwester Peugeot zeigte im Rahmen des Projekts Gründerinitiative spezielle Angebote für Firmengründer, zunächst ausgerichtet auf das Elektrogewerbe sowie die Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche. Bei Fiat ging es vor allem um den neuen Hochdachtransporter Doblò Cargo Maxi XL, der in die Lücke zwischen dem klassischen Doblò und Scudo drängt. Gleichzeitig rückten die Italiener ihre Erdgasantriebe ins Rampenlicht und brachten mit dem Pick-up Strada einen alten Bekannten nach Hannover, den sie nach kurzer Pause nun auch wieder in Deutschland anbieten. Iveco als Teil von Fiat Industrial konzentrierte sich auf seinen weiterentwickelten Schwerlaster Stralis, bei den Transportern setzten die Italiener auf eine Konzeptstudie, die auf CO2-Reduzierung durch Leichtbau setzt und verschiedene Antriebsarchitekturen zulässt. Bei Opel lag der Messeschwerpunkt ebenfalls auf individuellen Branchenlösungen. Und auch Segmentprimus Volkswagen bot vor allem Bewährtes: Neben dem höhergelegten Cross-Caddy präsentierten die Hannoveraner diverse Sondermodelle von Caddy, T5 und Amarok. Zusätzlich ist nun für jede Baureihe eine Spritsparvariante mit Blue-Motion-Technologie erhältlich. In die Tradition des legendären Postmobils Fridolin reihte sich die Elektrostudie „eT!“ ein, die für emissionsfreien innerstädtischen Zustellbetrieb sorgen soll. Das ist auch Sinn und Zweck des Nissan e-NV200, der rein elektrisch betrieben ab Ende nächsten Jahres erhältlich sein soll. Vorsichtiger Optimismus Trotz dunkler Wolken am ökonomischen Horizont zeigten sich die Vertriebsexperten der Hersteller auf der IAA übrigens noch vergleichsweise optimistisch. Einen signifikanten Einbruch des Transportergeschäfts erwarten sie in Deutschland zumindest kurzfristig nicht. 2012 möchten die meisten Hersteller auf Vorjahresniveau abschließen. Wie es 2013 weitergeht, vermag zwar niemand genau zu sagen. Der ein oder andere Gesprächspartner hielt einen leichten Rückgang des Transportermarktes zwar nicht für unwahrscheinlich. Aber grundsätzlich sind die Vertriebsverantwortlichen von Weltuntergangsstimmung weit entfernt. Einen Grund dafür nennt Kaare Neergaard, Brand Country Manager von Fiat Professional in Deutschland: „Wir denken, dass unsere Hauptzielgruppe der Kleingewerbetreibenden auch im kommenden Jahr auf Grund der guten Auftragslage großen Bedarf an Transportern hat.“ ■ Lesen SIe hier... ... mehr über die Neuheiten der 64. Nutzfahrzeug-IAA in Hannover und darüber, wie die Vertriebsexperten der Hersteller die weitere Marktentwicklung einschätzen. Kurzfassung 1. Die 64. Nutzfahrzeug-IAA in Hannover stand vor allem im Zeichen großer Trucks, neuer Umwelttechnologien und individueller Kundenlösungen in Form branchenspezifischer Aus- und Umbauten. 2. Im Transportersegment lautete das Motto bei den meisten Herstellern dieses Jahr: Evolution statt Revolution. Dabei hob sich Ford mit einer komplett neuen Modellpalette allerdings vom Wettbewerb ab. 3. Mit Blick auf das Gesamtjahr 2012 und das Jahr 2013 herrschte auf der IAA bei den meisten Herstellern noch vorsichtiger Optimismus: Einen abrupten Einbruch der Nutzfahrzeugverkäufe erwarteten sie in Deutschland kurzfristig nicht. Die vollständigen Interviews mit Dirk-Marco Adams, Thomas Luxenburger, Jürgen Keller, Bernhard Mattes und Bernhard Schmitz lesen Sie in einer der nächsten AUTOHAUS-Ausgaben. info AH: Ihre Einschätzung der Marktentwicklung? B. Mattes: 2011 war unser bislang bestes Jahr in Deutschland seit 1998 mit 28.000 verkauften Nutzfahrzeugen. Deutschland ist für uns nach wie vor ein enorm wichtiger Markt, aber auch ein stark umkämpfter. In den ersten sieben Monaten 2012 haben wir im Inland über 21.000 Nutzfahrzeuge abgesetzt und liegen damit auf Kurs. Inzwischen aber zeichnet sich eine gewisse Nachfrage-Schwäche ab. Dennoch sind wir, bezogen auf das Gesamtjahr 2012, verhalten optimistisch. AH: Wie entwickelt sich Ihre Gewerbecenter-Strategie, die Sie letztes Jahr angepasst haben? B. Mattes/B. Schmitz: Wir sind zwar noch nicht am Ziel, aber mit unserer neuen Strategie auf dem richtigen Weg. Wir glauben, dass auch unsere 200 Nutzfahrzeug-Kompetenzhändler sehr zufrieden sind. AH: Planen Sie unterhalb des Connect einen Courier-Nachfolger? B. Mattes: Es wird eine neue Courier-Baureihe geben, für die gewerbliche wie für die private Nutzung. Mehr wollen wir derzeit nicht sagen. AH: Herr Ferry, einige Worte zu Ihrem Messeschwerpunkt. O. Ferry: Nissan ist im Elektrosegment nach wie vor sehr aktiv. Der e-NV200 wird im Fiskaljahr 2013 in den Markt eingeführt, wir planen in Europa pro Jahr 20.000 und in Deutschland 2.000 Verkäufe. Wir wollen, dass der Elektroantrieb in der Stadt eine echte Alternative zum Diesel wird. AH: Wie schätzen Sie die Gesamtmarktentwicklung ein? Wie entwickelt sich Nissan in diesem Umfeld? O. Ferry: Mittlerweile spüren wir einen etwas schwächeren Markt. Aber das Potenzial ist da, die Auftragsbücher der Handwerker sind weiterhin voll. Für 2012 peilen wir einen Marktanteil von 2,4 Prozent an, 2016 sollen es drei Prozent sein. Auf dem Weg dahin sind wir derzeit voll im Plan. AH: Ihre Fleet-Kompetenzcenter spielen dabei eine tragende Rolle. Wie ist die Entwicklung hier? O. Ferry: Wir haben Vertrauen geschaffen. Die Händler sehen, dass die Erfüllung der Standards auch zu mehr Volumen führt. Wir haben 41 Fleet-Kompetenzcenter mit 72 Standorten, 80 Center sind geplant. Wir haben also noch etwas vor uns. Wir werden unsere Händler auch mit einem Sonderumbauten-Pool unterstützen, die sie ihren Kunden kurzfristig liefern können. Der Kunde erwartet Professionalität, und die wollen wir bieten. ... Olivier Ferry, Direktor LCV und Fleet Sales bei Nissan CenterEurope AH: Wie schätzen Sie die derzeitige Marktentwicklung im Transportergeschäft ein? J. Keller: Das erste Quartal 2012 war noch gut. Leider hat sich der Markt seit dem Sommer dieses Jahres deutlich abgekühlt. Auch Opel konnte sich nicht gegen diesen Trend stemmen. Wir folgen dem Markt, auch bei uns ist das Geschäft etwas ruhiger geworden. Für das Jahr 2013 hoffe ich, dass sich Deutschlands Wirtschaft weiter von den negativen Trends abkoppelt und ein stabiler Faktor in Europa bleibt. AH: Wie viele Nutzfahrzeug-Kompetenzcenter haben Sie derzeit? J. Keller: In Deutschland verkaufen 370 unserer Partner Nutzfahrzeuge. Das ist eine sehr gute Flächendeckung, auch im Vergleich mit anderen Vertriebsnetzen. Diese 370 Kompetenzcenter haben 600 Nutzfahrzeugverkäufer. AH: Wäre analog zum Ampera ein Elektrotransporter denkbar? J. Keller: Wir werden dann weitere Elektrofahrzeuglinien bringen, wenn es für den Kunden Sinn ergibt. Wenn das für Nutzfahrzeuge der Fall ist, werden wir das natürlich tun. ... Jürgen Keller, Direktor Verkauf & Marketing Opel Deutschland AH: Welche Konsequenzen hat die Neuorganisation von PSA in Deutschland für das Nutzfahrzeuggeschäft der Marken Peugeot und Citroen? D.-M. Adams/Th. Luxenburger: Wir haben weiterhin zwei unterschiedliche Strategien im Bereich Umbau und Nutzfahrzeugmarkt. Zudem haben wir neben drei Key-Account-Managern für PSA jeweils drei markenspezifische Key-Account-Manager für Peugeot und Citroen. AH: Wie läuft das Geschäft derzeit? D.-M. Adams/Th. Luxenburger: Pkw und Nutzfahrzeuge zusammengenommen liegen wir im Gewerbekundenmarkt Ende August 4,5 Prozent unter Vorjahr. In den nächsten Monaten stehen uns aber noch einige Auslieferungen an Großkunden bevor, die uns helfen werden, das Vorjahresniveau zu erreichen. AH: Was erwarten Sie vom Partner Electric? D.-M. Adams/Th. Luxenburger: 400 bis 500 Autos pro Jahr sind für uns ein realistisches Ziel.

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